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Finanzierung von Krebsberatungsstellen: Wie neue Fördermittel die Lage verschlimmbessern

Krebsberatungsstellen sind eine wichtige Anlaufstelle für Krebspatient*innen und deren Angehörige. Warum ausgerechnet eine neue Finanzierung die Existenz der Beratungsstellen bedroht, erklärt Verena Holtz.

Krebsberatungsstellen sind eine wichtige Anlaufstelle für Krebspatient*innen und deren Angehörige. Dort erhalten sie psychoonkologische Beratung und Hilfe mit Blick auf soziale Fragestellungen. So wichtig die Leistungen auch sind, die in den Beratungsstellen erbracht werden, bislang war ihre Finanzierung stets unsicher und und bestand aus einem Kampf um Spenden und Fördermittel. Eine verpflichtende Förderung durch Krankenkassen sollte endlich für mehr Sicherheit sorgen. Die Förderrichtlinien hierfür liegen nun vor. Für die Mehrheit der Einrichtungen sind die Mittel unerreichbar. Gleichzeitig sind vielerorts in 2020 andere wichtige Geldgeber, wie Länder oder Kommunen, bereits abgesprungen. Viele Einrichtungen bangen dieser Tage mehr denn je um ihre Existenz. Wie ist es dazu gekommen?

Im Rahmen der Beratungen rund um den Nationalen Krebsplan entstand endlich der politische Wille die Finanzierung der Krebsberatungsstellen auf sicherere Füße zu stellen. Mit dem Psychotherapeutenausbildungsreformgesetz verpflichtete der Gesetzgeber die Gesetzliche und die Private Krankenversicherung, Krebsberatungsstellen mit 21 Millionen pro Jahr zu fördern. Der GKV Spitzenverband ist nun seiner gesetzlichen Pflicht nachgekommen, die Förderrichtlinien hierzu zu veröffentlichen. Für die Mehrheit der Einrichtungen sind diese ein Schlag ins Gesicht, denn sie gehen mit Blick auf eine Förderung für die erste Jahreshälfte 2020 in jedem Fall leer aus. Obwohl der Gesetzgeber dem Spitzenverband den Auftrag gab, Übergangsregelungen vorzusehen, die bestehenden Einrichtungen die Möglichkeit geben sich auf neue Anforderungen einzustellen, gibt es an einem Punkt ganz klar keine Übergangsfrist. Das betrifft die Größe der Einrichtungen mit Blick auf ihre Beschäftigten.

Die Mehrheit der Beratungsstellen wird durch maximal eine Vollzeitkraft betrieben. Um eine Förderung erhalten zu können, müssen Einrichtungen von Anfang an knapp zwei Vollzeitbeschäftigte (1,9 VBE) vorweisen Noch paradoxer wird es mit Blick auf die rückwirkende Förderung. Der GKV Spitzenverband soll auch rückwirkend für die Zeit ab dem 1.1.2020 Fördermittel verteilen. Die Einrichtungen können nun aber nicht mehr ändern, wenn sie in der ersten Jahreshälfte nur einen Beschäftigten hatten. Eine Brücke wurde den Einrichtungen zwar gebaut. Auch Anträge durch Verbünde sind möglich. Hierfür müssten unterschiedliche Beratungsstellen, die aktuell komplett unabhängig voneinander arbeiten, mit Blick auf die Förderung gemeinsam wirtschaften. Leider ist dies eine sehr theoretische und wenig praxistaugliche Brücke.

Gleichzeitig kämpfen die Einrichtungen in diesem Jahr bereits damit, dass vielerorts wichtige Geldgeber abgesprungen sind, mit dem Verweis darauf, dass die Beratungsstellen mit Geldern von der Bundesebene rechnen könnten. Diese werden aber nun die Mehrheit der Beratungsstellen nicht erreichen. Es ist zu befürchten, dass dies dazu führen wird, dass einerseits die vom Gesetzgeber vorgesehenen jährlichen Fördermittel von 21 Millionen nicht abgerufen werden, während eine Vielzahl von Einrichtungen aus finanziellen Gründen ihre Arbeit nicht wird fortsetzen können. Dabei war es ein explizites Ziel des Gesetzgebers die bestehenden Beratungsstrukturen zu erhalten. In einer vom BMG in Auftrag gegebenen Studie zur psychoonkologischen Versorgung in Deutschland hieß es:
"Eine bereits etablierte Säule, nämlich die Angebote der Krebsberatungsstellen, ist im Bestand aktuell nicht gesichert und auch nicht durch Leistungskomponenten anderer Einrichtungen zu kompensieren. Deshalb sollte die Finanzierung in diesem Bereich sichergestellt werden und Konzepte zum schrittweisen Ausbau dieses Angebotstyps entwickelt werden."

Der Paritätische Gesamtverband spricht sich dafür aus, dass die Förderrichtlinien dahingehend angepasst werden, dass auch kleinen Beratungsstellen der Zugang zu einer (rückwirkenden) Förderung ermöglicht wird. Es gilt ihnen durch realistische Übergangsregelungen die Möglichkeit zu geben weiter arbeiten und wachsen zu können. Gleichzeitig liegt nun der Ball wieder im Feld von Ländern und Kommunen um sicher zustellen, dass die bestehenden Einrichtungen nicht verloren gehen und weiterhin Krebspatient*innen und deren Angehörige unterstützen können.

Autorin:
Verena Holtz ist Gesundheitsreferentin beim Paritätischen Gesamtverband

Dieser Beitrag erschien zuerst als Blogbeitrag auf der Website www.der-paritaetische.de