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Coronavirus-Impfverordnung in Kraft getreten

Die Ständige Impfkommission am Robert-Koch-Institut hat am 18.12.20 ihre Empfehlung zur Covid-19-Impfung veröffentlicht. Die sich darauf stützende Verordnung zum Anspruch auf Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronavirus-Impfverordnung – CoronaImpfV) wurde am 21.12.20 im Bundesanzeiger veröffentlicht.

Durch die Anpassungen des § 20i Abs. 3 SGB V mit dem 3. Bevölkerungsschutz-Gesetz kann das Bundesgesundheitsministerium bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite per Rechtsverordnung bestimmen, dass sowohl Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung als auch Personen, die nicht in der GKV versichert sind, Anspruch auf bestimmte Schutzimpfungen, insbesondere gegen das Coronavirus SARS-CoV-2, haben.

Insbesondere in der ersten Zeit nach der Zulassung eines Impfstoffes wird dieser nicht flächendeckend allen impfbereiten Menschen zur Verfügung stehen. Diese anfängliche begrenzte Verfügbarkeit eines Impfstoffes gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 erfordert Auswahlentscheidungen darüber, wer zuerst geimpft werden soll.

Die Stellungnahme der Ständigen Impfkommission (STIKO) mit Empfehlungen zur Covid-19-Impfung und zur Priorisierung von Risikogruppen bei eingeschränkter Impfstoffverfügbarkeit wurde am 18.12.20 veröffentlicht (s.a.: https://www.der-paritaetische.de/fachinfo/stiko-empfehlung-zur-covid-19-impfung-veroeffentlicht/) . Die im Referentenentwurf zur Impfverordnung noch leeren Stellen sind nun ergänzt.

Der Paritätische hatte im Vorfeld zu dem Entwurf gemeinsam mit den Verbänden der Freien Wohlfahrtspflege Stellung genommen. Der Anspruch auf Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 für alle Menschen mit einem signifikant erhöhten Risiko für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf sowie jene, die solche Menschen behandeln, betreuen oder pflegen, wurde seitens der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege begrüßt. Die Verbände mahnten jedoch an, dass dabei jedoch unbedingt darauf zu achten ist, dass durch die Regelungen auf den Anspruch umfassend alle Risikopersonen geschützt sind, und zwar unabhängig von ihrer Lebens- und Wohnsituation. Die Verbände wiesen gleichermaßen auf den Mehraufwand, der Einrichtungen bei der Begleitung von mobilen Impfteams entstehen, hin und fordern eine bürokratie- und aufwandsarme Implementierung der Impfverordnung (https://www.der-paritaetische.de/fachinfo/der-paritaetische-nimmt-mit-den-verbaenden-der-freien-wohlfahrtspflege-stellung-zur-corona-impfverordn-1/).

Die Regelungen der Impfverordnung im Einzelnen:

§ 1 Anspruch

Im Rahmen der Verfügbarkeit der vorhandenen Impfstoffe haben folgende Personen Anspruch auf Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2

  • Personen, die in der BRD in der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung versichert sind,
  • Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort in der BRD haben,
  • Personen, die in der BRD in einer der in §§ 2 bis 4 genannten Einrichtungen tätig sind oder in einer dieser genannten Einrichtung behandelt, gepflegt oder betreut werden,
  • Personen, die im Auftrag einer in den §§ 2 bis 4 genannten Einrichtungen im Ausland tätig sind.


Der Anspruch umfasst außerdem die Ausstellung einer Impfdokumentation.

Der Impfstoff soll von Bund und Ländern so genutzt werden, dass folgende Reihenfolge der Anspruchsberechtigten berücksichtigt wird:

  1. Anspruchsberechtigte nach § 2
  2. Anspruchsberechtigte nach § 3
  3. Anspruchsberechtigte nach § 4 und
  4. Alle übrigen Anspruchsberechtigten nach Abs. 1


Innerhalb der genannten Gruppen von Anspruchsberechtigten ist es vor Ort möglich, eine konkretere, auf die epidemiologische Situation vor Ort abgestimmte Priorisierung von Personengruppen vorzunehmen.

Absatz 3 umfasst die Leistungen der Aufklärung und Impfberatung, die symptombezogene Untersuchung zum Ausschluss akuter Erkrankungen oder Allergien, die Verabreichung des Impfstoffes, die Beobachtung in der Nachsorgephase und die erforderliche med. Intervention im Falle des Auftretens von Impfreaktionen.

In den folgenden Paragraphen ist die Reihenfolge der Impfungen festgelegt. Diese Priorisierung wird aufgrund des zunächst nicht ausreichend vorhandenen Impfstoffes notwendig. Diese Reihenfolge wird auch bei den erforderlichen zweiten Impfungen beibehalten.

§ 2 Schutzimpfungen mit höchster Priorität

  • Über 80-Jährige,
  • Personen, die in stationären Einrichtungen für ältere oder pflegebedürftige Menschen behandelt, betreut oder gepflegt werden oder tätig sind,
  • Personen, die in ambulanten Pflegediensten ältere oder pflegebedürftige Menschen behandeln, betreuen oder pflegen,
  • Beschäftigte in medizinischen Einrichtungen mit einem sehr hohen Expositionsrisiko, wie Intensivstationen, Notaufnahmen, Rettungsdiensten, als Leistungserbringer der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung, in SARS-CoV-2-Impfzentren und in Bereichen mit infektionsrelevanten Tätigkeiten,
  • Beschäftigte in med. Einrichtungen, die Menschen mit einem hohen Risiko behandeln, betreuen oder pflegen (v.a. Onkologie, Transplantationsmedizin)


§ 3 Schutzimpfungen mit hoher Priorität

  • Über 70-Jährige,
  • Personen mit Trisomie 21, mit Demenz oder geistiger Behinderung, nach einer Organtransplantation,
  • Enge Kontaktpersonen von pflegebedürftigen über 70 und über 80-Jährigen oder von Personen mit Trisomie 21, einer Demenz oder geistigen Behinderung, die von dieser Person oder von ihrem gesetzlichen Vertreter bestimmt wird,
  • Enge Kontaktpersonen von schwangeren Personen, die von dieser Person oder von ihrem gesetzlichen Vertreter bestimmt wird,
  • Personen, die in stationären Einrichtungen für geistig behinderter Menschen tätig sind oder im Rahmen ambulanter Pflegedienste regelmäßig geistig behinderte Menschen behandeln, betreuen oder pflegen,
  • Personen, die in Bereichen medizinischer Einrichtungen mit einem hohen oder erhöhten Expositionsrisiko in Bezug auf das Coronavirus SARS-CoV-2 tätig sind, insbesondere Ärzte und sonstiges Personal mit regelmäßigem Patientenkontakt, Personal der Blut- und Plasmaspendedienste und in SARS-CoV-2-Testzentren,
  • Polizei- und Ordnungskräfte,
  • Personen im öffentlichen Gesundheitsdienst oder in besonders relevanter Position zur Aufrechterhaltung der Krankenhausinfrastruktur,
  • Personen, die in Einrichtungen nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 (Obdachlosenunterkünfte) oder 4 (Einrichtungen zur gemeinschaftlichen Unterbringung von Asylbewerbern, vollziehbar Ausreispflichtigen, Flüchtlingen, Spätaussiedlern) des Infektionsschutzgesetzes untergebracht oder tätig sind.


§ 4 Schutzimpfungen mit erhöhter Priorität

  • Über 60-Jährige,
  • Personen mit folgenden Krankheiten: Adipositas, chronische Nierenerkrankung, chron. Lebererkrankung, Immundefizienz oder HIV-Infektion, Diabetes mellitus, div. Herzerkrankungen, zerebrovaskuläre Erkrankungen, Schlaganfall, Krebs, COPD, Asthma, Autoimmunerkrankungen, Rheuma,
  • Personen in relevanter Position in Regierungen, Verwaltungen und den Verfassungsorganen, in Streitkräften, bei der Polizei, Zoll, Feuerwehr, Katastrophenschutz und THW, Justiz,
  • Personen in relevanter Position in Unternehmen der kritischen Infrastruktur, in Apotheken und Pharmawirtschaft, öffentliche Versorgung und Entsorgung, Ernährungswirtschaft, Transportwesen, Informationstechnik und Telekommunikation
  • Beschäftigte in medizinischen Einrichtungen mit niedrigem Expositionsrisiko (Labore) und ohne Betreuung von Patienten mit Verdacht auf Infektionskrankheiten,
  • Personen, die im Lebensmitteleinzelhandel tätig sind,
  • Erzieher*innen und Lehrer*innen,
  • Personen, mit prekären Arbeits- oder Lebensbedingungen


§ 5 Folge- und Auffrischimpfungen

Die Priorisierung in den §§ 2 bis 4 gelten entsprechend für Folge- und Auffrischimpfungen. Die Vervollständigung der Impfserie bei Personen, die bereits eine erste Schutzimpfung erhalten haben, hat Priorität vor dem Beginn der Schutzimpfung weiterer Personen, die noch keine Schutzimpfung erhalten haben.

§ 6 Leistungserbringer

Die Schutzimpfungen werden in Impfzentren und durch mobile Impfteams, die den Impfzentren angegliedert sind, erbracht. Aufbau und Betrieb dieser, auch die Organisation der Terminvergabe, liegt bei den Ländern. Die dort zuständigen Länder können hinsichtlich der Errichtung, Organisation und des Betriebs der Impfzentren und mobilen Impfteams mit den Kassenärztlichen Vereinigungen und anderen geeigneten Dritten (z.B. Krankenhäuser, Betriebsärzte) zusammenarbeiten und Vereinbarungen schließen.

Vor der Impfung haben die anspruchsberechtigten Personen gegenüber dem Impfzentrum oder dem mobilen Impfteam folgendes vorzulegen:

  • Personalausweis (gilt nicht für Personen, die in den §§ 2 bis 4 genannten Einrichtungen behandelt, betreut oder gepflegt werden),
  • Bescheinigung der Einrichtung bei Personen, die in den in den §§ 2 bis 4 genannten Einrichtungen behandelt, betreut oder gepflegt werden oder tätig sind,
  • Ärztliches Zeugnis bei Personen, die in § 3 Nr. 2 und § 4 Nr. 2 genannt sind, bei denen krankheitsbedingt ein sehr hohes, hohes oder erhöhtes Risiko für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf nach einer Infektion mit dem Coronavirus besteht.
  • Enge Kontaktpersonen (§ 3 Nr. 3) legen eine Bestätigung der in § 3 Nr. 3 Buchstabe a und b genannten Person oder ihres gesetzlichen Vertreters vor


Ärztliches Zeugnis

Die in § 3 Nr. 2 und § 4 Nr. 2 genannten Personen (Personen mit sehr hohem, hohem oder erhöhtes Risiko für einen schweren oder tödlichen Verlauf nach einer Coronavirus Infektion) haben Anspruch auf Ausstellung eines ärztlichen Zeugnisses. Dieser umfasst auch einen mit dem Zeugnis ggf. zu vergebenden Code für die Terminvergabe. Arztpraxen sind zur Ausstellung dieses Zeugnisses berechtigt. Das ärztliche Zeugnis kann auch telefonisch angefordert und postalisch versandt werden, wenn der Anspruchsberechtigte bei dem Arzt bereits persönlich bekannt ist.

§ 7 Impfsurveillance

§ 7 sieht eine Überwachung der Schutzimpfungen vor. Die Impfzentren haben dazu Angaben, wie bspw. ein Patienten-Pseudonym, Ort und Datum der Schutzimpfung sowie impfstoffspezifische Daten an das RKI zu übermitteln.

§ 8 Terminvergabe

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung entwickelt und betreibt ein standardisiertes Modul, welches den Ländern für die telefonische und digitale Terminvergabe in den Impfzentren zur Verfügung gestellt wird. Die Länder betreiben selbst oder in Kooperation mit den Kassenärztlichen Vereinigungen zum Zwecke der Terminvereinbarung Callcenter. Diese können auch durch eine Nutzung der bundesweit einheitlichen Rufnummer 116 117 über eine hierfür eingerichtete telefonische Weiche erreicht werden.

Die notwendigen Kosten für die Errichtung und den laufenden Betreib von Impfzentren einschließlich mobiler Impfteams werden in der entstandenen Höhe zu 46,5% aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds und zu 3,5 % von den privaten Krankenversicherungsunternehmen erstattet (§ 10 Teilfinanzierung der Kosten der Impfzentren).

Die Verordnung ist mit einer Evaluation versehen. Insbesondere soll diese auf Grundlage der jeweils vorliegenden infektiologischen Erkenntnisse, der jeweils aktuellen Empfehlung der STIKO beim RKI und der Versorgungslage mit Impfstoffen fortlaufend evaluiert werden (§ 13 Evaluation).

Die Verordnung tritt rückwirkend zum 15.12.20 in Kraft. Sie tritt mit der Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite durch den Dt. Bundestag außer Kraft, ansonsten spätestens mit Ablauf des 31.03.2021.

Weitere Informationen:

Fragen und Antworten des BMG zur Covid-19- Impfung: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/coronavirus/faq-covid-19-impfung.html

Informationen des RKI zu Covid-19 und Impfung: https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/COVID-Impfen/gesamt.html

Impfempfehlung der STIKO: https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Impfen/ImpfungenAZ/COVID-19/Impfempfehlung-Zusfassung.html

Anlage

Verordnung zum Anspruch auf Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronavirus-Impfverordnung - CoronaImpfV )

BAnz AT 21.12.2020 V3.pdfBAnz AT 21.12.2020 V3.pdf