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Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts im Kabinett beschlossen

Der vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) vorgelegte Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts wurde am 23. September 2020 von der Bundesregierung im Kabinett beschlossen.

Wie wir bereits mit Fachinformation vom 01. Juli 2020 zum Referentenentwurf informiert haben, werden in diesem Gesetzesvorhaben nach Auffassung vieler beteiligter Akteure und Experten aus den in der BAGFW zusammengeschlossenen Verbänden und dem Kasseler Forum die wesentlichen zu reformierenden Themenbereiche aufgegriffen:

  • Modernisierung und Neustrukturierung des Vormundschafts- und Betreuungsrechts: Die Vorschriften des geltenden Vormundschaftsrechts zur Vermögenssorge, zu Aufsicht des Gerichts sowie zum Aufwendungsersatz und zur Vergütung werden ins Betreuungsrecht eingeordnet und – soweit erforderlich – an das Betreuungsrecht angepasst.
  • Stärkung von Selbstbestimmung und Autonomie betreuter Personen in Annäherung an die Vorgaben der UN-BRK: Der Erforderlichkeitsgrundsatz wird gestärkt und das Handeln der Betreuer*innen ist künftig an den Wünschen der betreuten Person zu orientieren. Eine Betreuung kann aber noch immer unter bestimmten Bedingungen auch gegen den natürlichen Willen einer Person bestellt werden. Die Regelungen zum Einwilligungsvorbehalt wurden nicht enger gefasst.
  • Im Vormundschaftsrecht soll der Mündel mit seinen Rechten als Subjekt im Zentrum stehen und die Personensorge gestärkt werden. Die Rechte der Pflegeeltern, bei denen die Mündel aufwachsen, sollen gestärkt werden. Die verschiedenen Vormundschaftstypen werden zu einem Gesamtsystem zusammengefügt, in dem die beruflichen Vormünder einschließlich des Jugendamts als Amtsvormund gleichrangig sind, nur ehrenamtliche Vormünder sind vorrangig zu bestellen.
  • Neues Betreuungsorganisationsgesetz, Aufgabenbeschreibung für die Vereine, Aufhebung Vergütungsverbot für Vereine und engere Anbindung der Ehrenamtlichen Betreuer an Vereine: Zur Verbesserung des Informations- und Kenntnisniveaus bei ehrenamtlichen Betreuern wird die Möglichkeit einer engen Anbindung an einen anerkannten Betreuungsverein im Wege einer Vereinbarung über eine Begleitung und Unterstützung neu eingeführt. Zur Sicherstellung einer einheitlichen Qualität der beruflichen Betreuung soll ein formales Registrierungsverfahren mit persönlichen und fachlichen Mindesteignungsvoraussetzungen für berufliche Betreuer eingeführt werden.
  • uvm.


Hinsichtlich der Betreuungsvereine lassen sich folgende Änderungen gegenüber dem Referentenentwurf aufzeigen: Die Verhinderungsbetreuung ist nur noch als Kann-Bestimmung enthalten und damit sind regionale Unterschiede weiterhin möglich. Die Interessenskollision in § 1816 BGB-E ist so formuliert, dass ggf. die damit einhergehenden Probleme abgeflacht werden. Es besteht grundsätzlich ein Risiko, dass Träger sich im regelmäßigen Konfliktfalle entscheiden, Betreuungsvereine zu schließen, um eine leistungserbringende Einrichtung weiter betreiben zu können. Die neue Formulierung ist besser für die Betreuungsvereine. Vereinsbestellung als Betreuer ist weiter möglich, aber nur als Verhinderungsbetreuer und wenn der Betreute durch eine oder mehrere natürliche Personen nicht hinreichend betreut werden kann. Die Möglichkeit „auf Wunsch des Betreuten“ wurde anscheinend gestrichen.

Im Bereich des Vormundschaftsrechts enthält der Regierungsentwurf nach Aussage des Bundesforums Vormundschaft und Pflegschaft nur wenige Änderungen zum Referentenentwurf. Insbesondere wurde jedoch zur Berücksichtigung des Verhältnisses zwischen Mündel und Eltern in Bezug auf die Amtsführung des Vormundes eine verbesserte Regelung getroffen. In § 1790 Abs. 2 BGB-E wurde als dritter Satz aufgenommen: „Der Vormund soll bei seiner Amtsführung im Interesse des Mündels zu dessen Wohl die Beziehung des Mündels zu seinen Eltern einbeziehen.“

Die weitere Planung des Gesetzgebungsverfahrens gestaltet sich voraussichtlich wie folgt:

  • Bundesrat 1. Durchgang 6.11.2020 (Stellungnahme Bundesrat, Gegenäußerung der Bundesregierung)
  • Bundestag 1. Lesung 26.11.2020
  • Anhörung Sachverständige im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages 16.12.2020
  • Bundestag 2./3. Lesung 25.2.2021
  • Bundesrat 2. Durchgang 13.3.2021


Mit einem Inkrafttreten ist vermutlich nicht vor dem Jahr 2022 zu rechnen.

Gesetzentwurf BR Drs.pdfGesetzentwurf BR Drs.pdf