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Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Verwirklichung von Schutz, Förderung und Teilhabe geflüchteter Kinder, Jugendlicher und ihrer Familien erschienen

Die Empfehlungen des Deutschen Vereins greifen viele Forderungen des Paritätischen Gesamtverbandes auf und richten sich nicht nur an politische Entscheidungsträger, sondern auch an Akteure, die mit der Unterbringung geflüchteter Minderjähriger und ihrer Familien in Aufnahmeeinrichtungen befasst sind. Explizit werden die zuständigen Aufsichtsbehörden auf Landes- und kommunaler Ebene, die örtlichen und überörtlichen Träger der Jugendhilfe sowie die Gesundheitsbehörden aufgefordert, ihrer Verantwortung für die Sicherstellung des Wohls der betroffenen Kinder und ihrer Familien nachzukommen.

Anders als für Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe existieren für Aufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünfte bislang keine konkreten bundesgesetzlichen Regelungen, die (Mindest-)Anforderungen festlegen. Wir bitten vor diesem Hintergrund alle Gliederungen und Mitgliedsorganisationen des Paritätischen, die Empfehlungen vor Ort bekannt zu machen und ihre Umsetzung konkret einzufordern.

Es obliegt den zuständigen Akteuren, dass Regelungen zur Unterbringung geflüchteter Minderjähriger und ihrer Familien in Aufnahmeeinrichtungen im Lichte der völker- und europarechtlichen Vorgaben sowie des Grundgesetzes als grundsätzliche Pflicht verstanden werden, Schutzstandards und insbesondere Kinderrechte wirksam und flächendeckend umgesetzt werden. Dies schließt die Gewährleistung des Gesundheitsschutzes, den Zugang zu Bildung, Betreuung und Erziehung sowie den Zugang zu den Leistungen und Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe mit ein.

Besonders begrüßenswert sind die folgenden Empfehlungen/Feststellungen:

    • Die Praxis, Familien mit unsicherer Bleibeperspektive viele Monate oder gar bis zu einer möglichen Rückführung in Aufnahmeeinrichtungen der Länder unterzubringen, muss umgehend beendet werden
    • Von der Möglichkeit, den Aufenthalt in der Aufnahmeeinrichtung gemäß § 49 Abs. 2 AsylG schon vor Ablauf von sechs Monaten „zur Gewährleistung der Unterbringung und Verteilung, oder aus anderen zwingenden Gründen“ zu beenden, sollten die Länder insbesondere bei Familien mit minderjährigen Kindern sowie bei allen schutzbedürftigen Personen möglichst weitgehend Gebrauch machen
    • Bei der Gewährleistung des Rechts auf Gesundheit müssen die UN-Konventionen berücksichtigt und Leistungen der Gesundheitsversorgung geflüchteten Kindern grundsätzlich in gleicher Weise gewährt werden wie gesetzlich versicherten Kindern
    • Weiterführende spezialisierte Unterstützungsangebote wie psychosoziale Zentren für geflüchtete Menschen haben sich bundesweit bewährt und sollten ausgebaut werden, um eine bessere Erreichbarkeit und eine Verkürzung der Wartezeiten für einen Therapieplatz zu gewährleisten. Bund und Länder sollten hierfür Mittel bereitstellen
    • Teilhabeleistungen für geflüchtete Kinder und Jugendliche mit Behinderungen müssen nach dem AsylbLG grundsätzlich in gleicher Weise gewährt werden wie nach dem SGB IX. Für geflüchtete Menschen mit Behinderungen sind spezifische Beratungs- und Unterstützungsangebote und ihre Aufklärung hierüber notwendig
    • Eine frühzeitige Förderung geflüchteter Kinder durch Kindertagesstätten und Kindertagespflegestellen sind unabdingbar
    • Spätestens nach einer Aufenthaltsdauer von drei Monaten muss entweder Zugang zur Regelschule gewährt oder ein verpflichtendes Lernangebot in der Unterkunft vorgehalten werden, das in Bezug auf Lernausstattung, zeitlichen Umfang und fachliche Qualität der Regelbeschulung entspricht und auf diese realistisch vorbereitet. Sofern dies im Rahmen der Erstaufnahme nicht gewährleistet werden kann, sollten Familien in der Regel nach spätestens drei Monaten aus der Aufnahmeeinrichtung entlassen werden, um diskriminierungsfrei Zugang zum Regelschulsystem zu gewähren.

Die letztgenannte Forderung entspricht den Empfehlungen des Paritätischen Gesamtverbandes, welche durch das bei Prof. Dr. M. Wrase erstellte Gutachten “Das Recht auf Bildung und Zugang zur Regelschule für geflüchtete Kinder und Jugendliche in Aufnahmeeinrichtungen der Bundesländer“ bestätigt werden.

DV-21-19-Empfehlung Kinder und Jugendliche in Flüchtlingsunterkünften_3.pdfDV-21-19-Empfehlung Kinder und Jugendliche in Flüchtlingsunterkünften_3.pdf