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Paritätisches Positionspapier "Mensch statt Markt"

Fachinfo
Erstellt von Joachim Rock

Der Verbandsrat des Paritätischen hat am 6. Dezember 2019 das dieser Fachinformation beigefügte Positionspapier "Mensch statt Markt" beschlossen.

Hintergrund der Initiative ist die weiter fortschreitende Ökonomisierung, Vermarktlichung und Verbetriebswirtschaftlichung der Sozialen Arbeit, insbesondere des Gesundheitswesens. In den besonders relevanten Bereichen der Daseinsvorsorge und Sozialen Arbeit geraten marktliche Steuerungslogiken jedoch an Grenzen, zudem führt eine renditeorientierte Sozialwirtschaft zu hohen soziale Kosten und Fehlsteuerungen. Dagegen spricht sich der Paritätische mit seinem Positionspapier aus. Der Mensch, nicht der Markt. muss im Mittelpunkt stehen.

Der Paritätische stellt dazu u.a. fest: "Die zunehmende Zahl an profitorientierten Anbietern von Gesundheits- und Pflegeleistungen ist Ausdruck von Fehlsteuerungen im Gesundheitssystem, die es zu korrigieren gilt. In allen gesellschaftlichen Bereichen, in denen die Bedeutung der Gemeinnützigkeit reduziert und profitorientierte Unternehmen und Investoren immer größere Anteile an der Versorgung übernommen haben, ist festzustellen, dass der dort erwirtschafteten Rendite soziale Kosten gegenüberstehen, die in die Kalkulationen dieser Unternehmen nicht eingehen: sie externalisieren durch ausgeschüttete und dem Sozialsystem dauerhaft entzogene Renditen, durch geringe Löhne, schlechte Arbeitsbedingungen und durch mangelnde Investitionen in Infrastruktur Kosten, die von den Betroffenen, von Beschäftigten und der Gesellschaft insgesamt getragen werden müssen. Ob im Bau- und Wohnungswesen, im Nah- und Fernverkehr, in der Wasser- und Energieversorgung oder im Gesundheits- und Pflegebereich hat sich gezeigt, dass gemeinnützige und genossenschaftliche Wirtschaftsformen den profitgetriebenen Unternehmen und Fonds bei der Erreichung gesundheitlicher und sozialer Ziele deutlich überlegen sind. (...) Bedarfsorientierung, Erreichbarkeit sowie Barrierefreiheit und Qualität müssen
Maßstab für das Angebot sein, nicht Renditeorientierung. Überproportionale Renditen sind im Gesundheitssystem regelmäßig nur zu Lasten der Patient*innen oder Beschäftigten zu erzielen. Erträge, die von gewerblichen Anbietern in Fonds und in Ausschüttungen an Investoren fließen, gehen der Allgemeinheit verloren. Die bedarfswirtschaftliche Ausrichtung gemeinnütziger Einrichtungen und Dienste, die etwaige Gewinne reinvestieren, ist deutlich stärker anzuerkennen und zu fördern. Wo Leistungen nach dem Bedarfsprinzip erbracht werden sollen, haben Renditeziele nichts zu suchen. Gesundheit und Pflege sind besonders schutzwürdige Bereiche. Die Rahmenbedingungen der Tätigkeit in diesen Bereichen müssen auf Stabilität und Nachhaltigkeit ausgerichtet sein. Wirtschaftliches Handeln in diesem Bereich muss deshalb unabhängig von der Rechtsform und der Ausrichtung der dort handelnden Akteuren verbindlichen und durchsetzbaren Gemeinwohlverpflichtungen unterworfen werden. Gewinnorientierte Unternehmen, die in diesem geschützten Bereichen tätig sein wollen, müssen sich auf die Einhaltung grundlegender Regeln verpflichten. (...) Ein Vorrang für Selbstorganisation und Gemeinnützigkeit in der Gesundheits- und
Pflegepolitik ist unerlässlich, wenn wir den sozial und ökonomisch nichtdiskriminierenden und barrierefreien Zugang der gesamten Bevölkerung zu einer vollständigen und hochwertigen Gesundheits- und Sozialversorgung sicherstellen wollen – als Fundament für einen neuen Zusammenhalt in einer Gesellschaft der Gleichen".


Paritaet_2019_Mensch_statt_Markt.pdf