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Freizeit- und Glücksspielverhalten Jugendlicher und junger Erwachsener

Fachinfo
Erstellt von Joachim Hagelskamp

Die Risiken des Glücksspiels um Geld, insbesondere auch für Jugendliche sind geraume Zeit Gegenstand der politischen und gesellschaftlichen Diskussion. Im Rahmen einer breit anlegten Onlinebefragung von fast 7.000 Jugendlichen wurden über das Spielverhalten von Lotto, Sportwetten, Internetglücksspiel bis hin zum Automatenglücksspiel eine Vielzahl von Daten zum Freizeitverhalten und zur Lebenswelt von Jugendlichen nun erfasst. Dabei zeigt sich u. a. dasss Glücksspielen an sich noch kein Heinweis auf eine Problemlage darstellt, sondern das bei problematischen Spielern das missbräuchliche Glücksspiel ein Symptom vielfältiger dahinterliegender Problem ist.

Risiken durch Glücksspielen um Geld, insbesondere auch für Jugendliche, sind schon seit einigen Jahren Gegenstand der politischen und gesellschaftlichen Diskussion. Repräsentativstudien liefern Daten zu Spieleranteilen der unterschiedlichen Glücksspielformen und zur Verbreitung von problematischem und pathologischem Spielverhalten in der Bevölkerung. Hingegen ist die Datenbasis im Hinblick auf andere Fragestellungen wie z. B. nach der Rolle kognitiver Verzerrungen, dem Einfluss des Spielverhaltens im familiären Umfeld oder nach Zugangswegen zu Glücksspielen durch Minderjährige deutlich schlechter.

Die vorliegende Studie "Freizeit- und Glücksspielverhalten Jugendlicher und junger Erwachsener" von Prof. Dr. Heino Stöver, Prof. Dr. Oliver Kaul und Roger Kauffmann leistet einen wichtigen Beitrag, um Wissenslücken auf dem Gebiet der Glücksspielforschung zu schließen und wirksame Präventionsansätze empirisch zu fundieren.

Um Aufschluss über die verschiedenen Aspekte des Freizeit- und Glücksspielverhaltens Jugendlicher und junger Erwachsener zu erhalten, untersuchte die Studie Fragestellungen bezüglich der Einordnung von Glücksspielen in den Freizeitkontext, der Glücksspielproblematik sowie verschiedener Glücksspielformen im Vergleich, insbesondere der Geldgewinnspielgeräte. Hierzu wurden die Ergebnisse einer 2013 durchgeführten Online-Befragung mit insgesamt 6.784 Jugendlichen und jungen Erwachsenen in der Altersgruppe 14-30 Jahre ausgewertet.

Ergebnisse

Die Ergebnisse der Studie zeigen: Die meisten Jugendlichen und jungen Erwachsenen spielen entweder gar nicht (41,3 %) oder sind eher unproblematische (Gelegenheits-) Spieler (56,4 %). Der Anteil der problematischen bzw. pathologischen Spieler beläuft sich auf 2,3 %. Dieser Wert unterscheidet sich kaum von anderen wissenschaftlichen Studien auf diesem Gebiet. Bezogen auf die Verbreitung unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen und die in diesem Zusammenhang erlebten Problematiken erweisen sich andere Freizeitaktivitäten wie z. B. Internetnutzung (ohne Spielen) als relevanter und problematischer.

Der Vergleich von Nicht-Spielern, unproblematischen Spielern und mindestens problematischen Spielern macht deutlich, dass es sich bei "Problemspielern" um eine kleine Gruppe handelt, deren Leben, Erleben und soziales Umfeld sich von Personen ohne Spielproblematik klar unterscheidet. Mindestens problematische Spieler sind charakterisiert durch massive kognitive Fehlleistungen (z. B. in Bezug auf die Gewinnwahrscheinlichkeit) und weisen einen signifikant höheren Anteil an Familienangehörigen und Freunden auf, die selbst Glücksspiele spielen. Problematisches bzw. pathologisches Spielen geht häufig einher mit einer geringeren Lebenszufriedenheit, einer höheren Anfälligkeit für Befindlichkeitsbeeinträchtigungen und einer erhöhten Affinität zum Konsum von Alkohol und Zigaretten.

Werden die verschiedenen Glücksspielformen einzeln betrachtet, zeigen sich Unterschiede hinsichtlich der Attraktivität, der Bindungswirkung, der Frequenz sowie der Spieleranteile und der Motivation für das Spielen. So werden Lose und Lotto von den Befragten am attraktivsten bewertet (Lose bewerten 22 % der Befragten als attraktiv, Lotto 18 %) - wobei alle Glücksspiele im Vergleich zu anderen Freizeitaktivitäten (z. B. Internetnutzung, Ausgehen und Shoppen) generell jeweils nur für eine Minderheit attraktiv sind. Über diese beiden Spielformen erfolgt zugleich auch am häufigsten der Einstieg in das Glücksspielen: 31 % der befragten Jugendlichen und jungen Erwachsenen geben Lose als allererstes gespieltes Glücksspiel an, weitere 18 % Lotto. Sportwetten im Internet oder in Wettbüros und Lotto haben unter den Glücksspielformen die größte Bindungswirkung, d.h. sie werden häufiger nach dem ersten Ausprobieren dauerhaft gespielt. Geldgewinnspielgeräte befinden sich hinsichtlich der Bindungswirkung im Mittelfeld und stellen selten den Einstieg in das Glücksspielen dar (für 5 % das allererste gespielte Glücksspiel). Besonders frequentes Spielen findet sich bei Sportwetten in Wettbüros und Glücksspielen im Internet. Die höchsten Anteile von problematischen oder pathologischen Spielern finden sich unter den Teilnehmern an Automatenspielen im Internet, an Sportwetten (in Wettbüros und staatliche Angebote) und beim Großen wie Kleinen Spiel in der Spielbank.

Hinsichtlich der Zugangsmöglichkeiten zu Glücksspielen zeigt sich, dass eingeschränkte bzw. mangelnde Alterskontrollen für die minderjährigen Befragten eine Hauptursache darstellen, warum Glücksspiele im Internet bzw. an Geldgewinnspielgeräten im Gastronomiebereich (insbesondere in Speisegaststätten/Bistros und Pizza-/Dönerbuden) gespielt werden. Der Zugang zu Geldgewinnspielgeräten in gewerblichen Spielhallen wird von den minderjährigen Befragten als schwieriger erachtet.

Die Ergebnisse der Studie bestätigen und konkretisieren Resultate aus anderen Untersuchungen und liefern neue empirische Befunde für die Neuausrichtung und Konzeption umfassender Präventionsmaßnahmen, die sich zielgerichtet an ganz bestimmte Personengruppen wenden müssen, die aufgrund ihrer Persönlichkeitsstruktur und Lebenssituation besonders gefährdet sind, ein problematisches Spielverhalten zu entwickeln.

Die Studie Freizeit- und Glücksspielverhalten Jugendlicher und junger Erwachsener" ist erschienen im Lambertus Verlag, Freiburg im Breisgau, 2014 isbn 978-3-7841-2686-9

Kontaktdaten der Autoren:

Prof. Dr. Heino Stöver

Frankfurt University of Applied Sciences

Institut für Suchtforschung

Nibelungenplatz 1, 60318 Frankfurt am Main

Tel.: 069 1533 2823

E-Mail: hstoever(at)tb4.fh-frankfurt.de

Prof. Dr. Oliver Kaul

Hochschule Mainz

Lucy-Hillebrand-Straße 2, 55128 Mainz

Tel.: 06131628-3228

E-Mail: oliver.kaul(at)fh-mainz.de

Roger Kauffmann

smartcon GmbH

Hauptstraße 17-19 Altes Panzerwerk, Geb. 6343, 55120 Mainz

Tel.: 06131945190

E-Mail: roger.kauffmann(at)smartcon.de