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Kommentar zum Berufsbildungsbericht 2018 aus Sicht der Jugendsozialarbeit

Fachinfo
Erstellt von Almut Kirschbaum

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat den Berufsbildungsbericht 2018 vorlegt. Dieser wurde kürzlich vom Bundeskabinett verabschiedet. Die darin berichtete Entwicklung der beruflichen Ausbildung in Deutschland (Bezugsjahre 2017 bzw. 2016) wird aus Sicht der Jugendsozialarbeit kritisch kommentiert. Der Berufsbildungsbericht 2018 steht unter www.bmbf.de/de/berufsbildungsbericht-2740.html als Download zur Verfügung





Hürden auf dem Weg zum Ausbildungsabschluss abbauen!

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat dem Bundeskabinett den Berufsbildungsbericht 2018 vorgelegt und den Bericht verabschiedet. Darin wird deutlich: Für junge Menschen mit Benachteiligungen und Beeinträchtigungen sinken die Chancen auf eine Ausbildung weiter.

Alarmierender Anstieg Ungelernter


Trotz bester Wirtschaftslage und weiter wachsendem Fachkräftebedarf bleibt ein alarmierend hoher Anteil junger Menschen ohne Berufsabschluss. Dies gilt insbesondere für junge Menschen mit und ohne Hauptschulabschluss. Im Jahr 2016 galten 2,13 Mio. der 20- bis 34-Jährigen in Deutschland als Ungelernte; 180.000 mehr als 2015. Unter diesen 180.000 waren vor allem junge Menschen mit ausländischer Staatsbürgerschaft und Personen mit Migrationserfahrung.

... noch ein langer Weg zu einem inklusiven Ausbildungssystem


48.900 betriebliche Ausbildungsstellen blieben unbesetzt – so viele wie seit 1995 nicht mehr – gleichzeitig gab es rund 80.000 Bewerberinnen und Bewerber, die keinen Ausbildungsplatz finden konnten. Unverändert hoch ist die Zahl der rund 290.000 jungen Menschen, die in Maßnahmen des Übergangsbereichs einmünden. Unter den Jugendlichen mit und ohne Hauptschulabschluss wechseln sogar 51 Prozent zunächst in eine dieser zahlreichen Maßnahmen, in denen kein Berufsabschluss erworben werden kann.

2016 war die Ausbildungsanfängerquote junger Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft etwa halb so hoch wie die junger Menschen mit deutscher Staatsangehörigkeit. Ausländische Ausbildungsanfängerinnen und -anfänger waren im Durchschnitt knapp zwei Jahre älter (21,2 Jahre) als deutsche Anfängerinnen und Anfänger (19,3 Jahre); dies ist auf die längeren und schwierigeren Übergange von Jugendlichen mit Migrationshintergrund zurückzuführen.

Die Situation junger Geflüchteter zeigt den dringenden Handlungsbedarf noch deutlicher. Hier galten im Jahr 2017 26.428 Personen als ausbildungssuchend, mehr als doppelt so viele wie in 2016 (10.253). Nur 9.475 Geflüchtete konnten tatsächlich eine Berufsausbildung beginnen (35,9 Prozent) und 4284 Personen begannen zunächst eine Einstiegsqualifizierung im Betrieb. Ein besonderer Handlungsbedarf besteht in der kontinuierlichen Sprachförderung. Junge Geflüchtete äußern auch nach Einmünden in eine Ausbildung hier einen großen Unterstützungsbedarf, um diese erfolgreich abschließen zu können. Das deckt sich mit den Erfahrungen Paritätischer Träger, die diesem Unterstützungsbedarf derzeit mit kreativen (Einzelfall-)Lösungen begegnen.

Behinderung als Merkmal wird bei der statistischen Erhebung der neu abgeschlossenen dualen Ausbildungsverträge nicht erfasst. Über den Umfang der Ausbildung von jungen Menschen mit Behinderungen im dualen System sind im Berufsbildungsbericht daher kaum Aussagen möglich. Die Erfahrungen zeigen jedoch immer noch starr vorgezeichnete Wege und begrenzte Berufswahloptionen.

Im Jahr 2017 haben 507.411 junge Menschen mit und ohne Behinderung eine betriebliche und 16.000 junge Menschen eine außerbetriebliche Ausbildung begonnen; im selben Jahr waren 1.000 Eintritte in außerbetriebliche Berufsausbildungen zu verzeichnen, die als allgemeine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben für Menschen mit Behinderungen gefördert wurden. Die Zahl der auf Basis von Fachpraktiker-Regelungen (§ 66 BBiG/§ 42m HwO) neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge ist von 8.679 in 2016 auf 7.913 in 2017 zurückgegangen. Im Vergleich zur Vielzahl anerkannter Ausbildungsberufe stehen bei einer „Fachpraktikerausbildung“ nur wenige Berufe zur Wahl; so beginnen z.B. 37 Prozent der jungen Frauen mit einem Ausbildungsvertrag mit Fachpraktikerregelung eine Ausbildung in der Hauswirtschaft.

Die Zahl der Menschen mit Behinderungen, die im Jahresdurchschnitt an rehabilitationsspezifischen Maßnahmen mit dem Ziel eines Berufsschulabschlusses teilgenommen haben, ist 2017 im Vergleich zum Vorjahr um 1000 auf 37.000 Personen gesunken. Unverändert zum Vorjahr befanden sich zudem rund 13.000 junge Rehabilitand/-innen jahresdurchschnittlich in berufsvorbereitenden Maßnahmen. Die Zahl junger Menschen mit Behinderungen, die im Jahresdurchschnitt an den Maßnahmen Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen teilgenommen haben, ist im Vergleich zum Vorjahr um 1000 auf 24.000 Personen gestiegen.

Ein inklusives System der beruflichen Ausbildung sollte die Zugänge in Ausbildung im Regelsystem ebnen und allen Jugendlichen und jungen Erwachsenen flexible, individuelle Wege zum anerkannten Ausbildungsabschluss anbieten. Passgenaue und individuelle Unterstützungsangebote für den Weg in und durch die Ausbildung sollten daher dringend vor Ort ausgebaut werden.

Gesamte berufliche Ausbildung in den Blick nehmen und für Gleichwertigkeit sorgen!


Der Berufsbildungsbericht nimmt seit jeher nur die duale Ausbildung umfangreich in den Blick. Es ist an der Zeit die Entwicklung betrieblicher und vollzeitschulischer Ausbildung, nicht zuletzt unter geschlechtsspezifischen Gesichtspunkten, gemeinsam zu betrachten. Der Anteil junger Frauen an den neu abgeschlossenen dualen Ausbildungsverträgen beträgt nur noch 37,8 Prozent und hat damit weiter abgenommen. In den Erziehungs-, Gesundheits- und Sozialberufen ist die Zahl der Auszubildenden stark angestiegen; in diesen Ausbildungsberufen liegt der Frauenanteil bei 77 Prozent. Es gilt daher, auch die Angebote dualer Ausbildung für junge Frauen attraktiver und zugänglicher zu machen und die vollzeitschulische Berufsausbildung, in denen sich junge Frauen überproportional wiederfinden, auch tatsächlich aufzuwerten.