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Öffentliche Anhörung zum Mietrechtsanpassungsgesetz im Ausschuss des Bundestages für Recht und Verbraucherschutz

Anlässlich der Anhörung zum Mietrechtsanpassungsgesetz im Ausschuss des Bundestages für Recht und Verbraucherschutz fordert der Paritätische in einem Brief an die Mitglieder des Ausschusses der CDU/CSU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke und FDP weitergehende Nachbesserung im Gesetz.

Es ist eine der zentralen Fragen unserer Zeit, allen Menschen bezahlbaren und passenden Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Insbesondere in den Ballungsgebieten ist es Menschen in besonderen Lebenslagen und zunehmend auch Menschen mittlerer Einkommen nahezu unmöglich, bezahlbaren Wohnraum anzumieten. Dieser Mangel an bezahlbarem Wohnraum führt zu einer zunehmenden Verdrängung von Menschen unterer und mittlerer Einkommensgruppen an Stadtränder und wenig attraktive Stadtbezirke sowie zu einer sozialen Segregation in den Städten. Vielerorts ist Wohnen zum Armutsrisiko geworden. Die Wohnkostenbelastung in Großstädten liegt für 40 Prozent der Haushalte bei mehr als 30 Prozent ihres Haushaltseinkommens. Gerade einkommensarme Menschen haben eine wesentlich höhere Mietkostenbelastung (39,7 Prozent) zu tragen als Menschen höherer Einkommen.

Aus diesem Anlass muss die geplante Gesetzesänderung im Mietrecht Mietpreissteigerungen effektiv eindämmen. Und vor diesem Hintergrund bedürfen folgende mietrechtliche Maßnahmen der Umsetzung:

-\tDie Mietpreisbremse muss geschärft werden. Für eine wirksame Mietpreisbegrenzung sind alle Ausnahmetatbestände, die ein Überschreiten der Höchstgrenze von der ortsüblichen Vergleichsmiete plus 10 Prozent als zulässig erklären, abzuschaffen. Insbesondere der Bestandsschutz der Vormiete verwehrt einkommensschwächeren Haushalten gleichberechtigte Zugangschancen zum Wohnungsmarkt. Die fehlende Berücksichtigung von (umfassend) modernisierten Wohnungen führt für die betroffenen Mieterhaushalte zu einer erheblichen Mietpreissteigerung und begünstigt auf diese Weise die Verdrängung von Haushalten mit mittleren und niedrigen Einkommen aus ihren angestammten Mietwohnungen. Insbesondere für Menschen in besonderen Lebenslagen, die oftmals ein nur geringes Einkommen aufweisen, birgt die fehlende Berücksichtigung von modernisierten Wohnungen bei der Begrenzung der Mietsteigerungen auf 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete eine zusätzliche Gefahr der Kündigung. Die Modernisierungen und die damit einhergehende Aufwertung des Wohnraumes werden in der ortsüblichen Vergleichsmiete bereits ausreichend berücksichtigt. Um einen umfassenden Schutz vor Prozessen der sozialen Entmischung der Städte zu gewährleisten, müssen Neubauten und Wohnungen, die nach dem 1. Oktober 2014 erstmals gemietet wurden, unter die Begrenzung der Miethöhe auf 10 Prozent über dem ortsüblichen Mietenniveau fallen. Um die Limitierung des Mietpreises in allen Gebieten zur Geltung zu bringen, in denen eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit bezahlbarem Wohnraum gegenwärtig oder künftig gefährdet ist, muss der Mietpreisbremse eine bundesweit flächendeckende Geltung zukommen. Die gegenwärtige Befristung der Mietpreisbremse auf eine Gültigkeit von fünf Jahren bis maximal 2020 ist zu reformieren. Dazu müssen die gesetzlichen Voraussetzungen für eine zeitliche Entfristung der Mietpreisbremse geschaffen werden.

    -\tUm den Mieter auch infolge einer einfachen Rüge vor möglichen negativen Konsequenzen für das subjektive Mietverhältnis zu schützen und um Ansprüche aus unzulässigen Mietüberschreitungen wirksam geltend zu machen, müssen kollektive Mieterrechte (Verbandsklage) geschaffen werden.

      -\tBei der Verabschiedung des Mietrechtsanpassungsgesetzes muss dafür Sorge getragen werden, dass bei Überschreitungen der zulässigen Höchstmiete der Vermieter zur Rückzahlung der unzulässigen Mehrbelastung bereits ab Beginn des Mietverhältnisses verpflichtet wird und nicht erst ab dem Zeitpunkt der Rüge.

        -\tUm die Beachtung der Mietpreisbegrenzung sicherzustellen und eine Verletzung dieser wirkungsvoller zu ahnden, ist der § 5 des Wirtschaftsstrafgesetzes (WiStrG) zu reformieren. Dazu ist die Überschreitung der ortsüblichen Vergleichsmiete um mehr als 10 Prozent als Ordnungswidrigkeit zu deklarieren und mit einem Bußgeld zu verhängen.

        -\tDie Modernisierungsumlage stellt eine einseitige finanzielle Belastung der Mieter/-innen dar. Der Gesetzentwurf, welcher die Begrenzung der Modernisierungsumlage von 11 auf 8 Prozent in Gebieten mit abgesenkter Kappungsgrenze für fünf Jahre vorsieht, ist nicht ausreichend, um Haushalte mit niedrigen und mittleren Einkommen vor Verdrängung zu schützen. Mieter/-innen dürfen nicht in die Situation geraten, dass sie aufgrund zu stark gestiegener Mieten durch Sanierungsmaßnahmen übermäßig belastet werden bzw. sogar ihre Wohnung aufgeben müssen. Dazu gehört, dass energetische Modernisierungen den Mietenden warmmietenneutral zukommen.

        -\tUm Steigerungsraten von Mietspiegeln insbesondere in Großstädten einzudämmen und um die Mietspiegel auf eine breitere Basis zu stellen, muss der Referenzrahmen zur Feststellung der ortsüblichen Vergleichsmiete von bisher vier auf zehn Jahre erweitert werden. Anstatt der Neuverträge und Mieterhöhungen der letzten vier Jahre müssen die der letzten zehn Jahre und damit auch ältere Neuvertragsmieten einfließen, die oftmals niedrigere Mietniveaus aufweisen. Zur rechtssicheren Feststellung der ortsüblichen Vergleichsmiete bedarf es zudem verbindlicher und einheitlicher Vorgaben.

        - \tUm bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, ist darüber hinaus notwendig, einen nicht-profitorientierten gemeinnützigen Wohnungssektors eizuführen. Zudem müssen die Anstrengungen im sozialen Wohnungsbau verstärkt werden. Es müssen zusätzliche öffentliche Investitionen getätigt werden, um den Schwund an Sozialmietwohnungen zu stoppen. Zur nachhaltigen Sicherung von Sozialwohnungen müssen die Belegungsbindungen zudem dauerhaft bestehen.

        - \tEine weitere Forderung des Paritätischen richtet sich an die Verbesserung der mietrechtlichen Situation von sozialen Trägern. Träger des betreuten Wohnens, Frauenhäuser, Jugendclubs, Nachbarschaftstreffs schließen Gewerbemietverträge ab, in deren Rahmen Kündigungen und Mieterhöhungen leichter durchsetzbar sind. Damit soziale Träger ihrer originären Arbeit nachgehen können und nicht verdrängt werden, muss die mietrechtliche Situation von sozialen Trägern gestärkt werden und lebenswerte Nachbarschaften dadurch erhalten bleiben.

        Der Beitrag ist auch in unserem Wohnblog zu finden.


        Brief_BT-Ausschuss_MietAnpG.pdfBrief_BT-Ausschuss_MietAnpG.pdf