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Urteil zur Grundsicherung im Berufsbildungsbereich der Werkstatt

Das Sozialgericht Augsburg widerspricht der Auffassung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, dass die Feststellung der dauerhaften und vollen Erwerbsminderung erst nach dem Abschluss des Berufsbildungsbereichs in der Werkstatt für behinderte Menschen erfolgen kann.

Menschen, die mindestens 18 Jahre alt und im Eingangs- oder Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) beschäftigt sind, hatten bisher einen Anspruch auf Grundsicherung bei Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch. Mit Änderungen im SGB XII, die zum 1. Juli 2017 in Kraft getreten sind, hat sich die Situation jedoch verändert.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) vertritt die Auffassung, dass im Eingangs- und Berufsbildungsbereich über die dauerhafte und volle Erwerbsminderung noch nicht entschieden werden kann, weil Festlegungen zu den Möglichkeiten der Teilhabe am Arbeitsleben erst nach dem Berufsbildungsbereich getroffen werden können.  Das BMAS  plädiert dafür, den Personenkreis zu erweitern, in dem auf die Differenzierung zwischen dauerhaft und zeitlich befristet verzichtet wird. Dies kann jedoch laut BMAS nur durch eine "politische Verständigung mit der Folge einer Rechtsänderung erreicht werden". Im Koalitionsvertrag wurde hierzu ein Prüfauftrag aufgenommen: „Die unterschiedliche Gewährung existenzsichernder Leistungen bei Menschen mit befristeter und dauerhafter Erwerbsminderung werden wir prüfen.“ (S. 95, vierter Absatz)

Nun liegt ein erstes Urteil  im Sinne des Leistungsberechtigten vor. Das Sozialgericht Augsburg hat mit Urteil vom 16.02.2018  die Beklagte verpflichtet, die Grundsicherung bei Erwerbsminderung zu bewilligen, weil bei diesem Personenkreis eine volle Erwerbsminderung unterstellt werden kann (S 8 SO 143/17).

Damit widerspricht das Sozialgericht der Auffassung des BMAS, dass die Feststellung der dauerhaften und vollen Erwerbsminderung erst nach dem Berufsbildungsbereich erfolgen kann.

Das Urteil einschließlich der ausführlichen Begründung ist im Anhang beigefügt.

Y-300-Z-BECKRS-B-2018-N-001610.pdf