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Teilhabe ist ein Menschenrecht

Menschen mit Behinderung haben einen Anspruch auf gleichberechtigte Teilhabe in allen Bereichen der Gesellschaft. Oft hapert es jedoch an der Umsetzung. Auch deswegen ist im Rahmen des "Europäischen Protesttags zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung" am 5. Mai bundesweit lautstarker Protest angesagt. Das diesjährige Motto lautet: "Inklusion von Anfang an".

Das Bundesteilhabegesetz (BTHG) bringt für Menschen mit Behinderung Verbesserungen, dennoch verfestigt es Einschränkungen der Rechte von Menschen mit Behinderung und erfüllt damit die Anforderungen der UN-Behindertenrechtskonvention nur unzureichend.

So entlastet das BTHG Menschen mit Behinderungen zwar finanziell bei der Anrechnung von Vermögen auf Leistungen der Eingliederungshilfe. Aber im gleichen Zug werden jene benachteiligt, die keine Möglichkeiten haben, ein eigenes Einkommen zu erwirtschaften. Auch wird die gemeinschaftliche Inanspruchnahme von Unterstützungsleistungen (das sog. „Poolen“ von Leistungen) beim Wohnen, in der Freizeit oder beim Schulbesuch gegen den Wunsch des Leistungsberechtigten möglich. Ebenfalls ambivalent sind die Maßnahmen zur Verbesserung der Teilhabe im Arbeitsleben zu bewerten: Diese greifen fast ausschließlich für Menschen, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt integriert werden oder ein Mindestmaß an verwertbarer Arbeit erreichen können. Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf hingegen werden vom Recht auf eine für sie erreichbare Teilhabe an Arbeitsleben und Beschäftigung ausgeschlossen.

Das Problem bei der Schnittstelle Eingliederungshilfe und Pflege bleibt hinsichtlich der Abgrenzung zum neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff bestehen. Die Abgeltung der Pflegeleistungen mittels begrenzter geringer Pauschalen wurde durch das BTHG weder abgeschafft noch erhöht. Im Gegenteil: Die begrenzten Pauschalen werden mit dem neuen Gesetz sogar auf Wohngemeinschaften mit umfassendem Versorgungsbedarf ausgeweitet. Ebenso bleibt es bei der Sonderregelung der möglichen Unterbringung in Pflegeheimen. Damit wird das Recht von Menschen mit Behinderungen auf selbstbestimmtes Wohnen und auf Habilitation bzw. Rehabilitation in Frage gestellt.

Neben den im Landesrecht verankerten Frühförderstellen sollen auch andere Einrichtungen zugelassen werden, die möglicherweise kostengünstiger, aber qualitativ nicht ausreichend sind. Dementgegen sind Kinder mit Behinderung und deren Familien auf Leistungssicherheit in der interdisziplinären Früherkennung und –förderung angewiesen.

Kinder und Jugendliche mit Behinderung wollen lernen wie Kinder und Jugendliche ohne Behinderung. Die aktuelle, föderale Ausgestaltung der schulischen Bildungssysteme, in denen inklusive Bildung keine Selbstverständlichkeit ist, verhindert aber, dass für sie ein gleichberechtigter, diskriminierungsfreier Zugang zu einem hochwertigen, inklusiven Bildungssystem besteht. Separierende Bildungsformen, zeitlich beschränkte Förderangebote oder Missachtung des Wunsch- und Wahlrechts sind leider immer noch an der Tagesordnung.

Vom allgemeinen Wahlrecht bleiben Menschen mit Behinderung ausgeschlossen, für die eine rechtliche Betreuung für die Besorgung aller ihrer Angelegenheiten bestellt wurde. Menschen, die in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgrund von Schuldunfähigkeit bei einer Straftat untergebracht sind, dürfen ebenfalls nicht wählen. Derzeit können deshalb 85.000 Menschen das Wahlrecht nicht wahrnehmen.

Wir fordern:

  • eine einkommens- und vermögensunabhängige Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung
  • das Wunsch- und Wahlrecht für Menschen mit Behinderung ohne Einschränkungen umzusetzen,
  • allen Menschen mit Behinderung die Teilhabe am Arbeitsleben zu ermöglichen,
  • die Sonderregelung im BTHG, mit der eine Verlegung junger Menschen mit Behinderung in Pflegeheime möglich wird, im SGB IX zu streichen,
  • das Menschenrecht auf inklusive Bildung anzuerkennen und umzusetzen,
  • die Abschaffung der Wahlrechtsausschlüsse für alle Menschen mit Behinderung.

Der Paritätische ruft mit zum Protesttag der Menschen mit Behinderungen am 5. Mai in Berlin auf. Mehr Informationen: www.protesttag-behinderte.de