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Bundesverfassungsgericht erklärt Betreuungsgeld für verfassungswidrig

Fachinfo
Erstellt von Franziska Pabst

Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung (1 BvF 2/13) am 21. Juli 2015 einstimmig die Regelungen §§ 4a-4d BEEG über das Betreuungsgeld für verfassungswidrig und nichtig erklärt.

BVerfG Betreuungsgeld.pdfBVerfG Betreuungsgeld.pdfIn seiner Begründung stellte das Bundesverfassungsgericht fest, dass der Bund keine Gesetzgebungskompetenz gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. /, 72 Abs. 2 GG zur Einführung eines Betreuungsgeldgesetzes hatte.
Das Betreuungsgeld sei weder zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet noch zur Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit erforderlich gewesen.
Der Gerichtsvizepräsident Ferdinand Kirchof äußerte im Rahmen der Urteilsverkündung, nicht der Bund, sondern die Länder seien deshalb für ein Betreuungsgeld zuständig.
Der bloße politische Wille zur Anerkennung der Erziehungsleistung könne niemals ein Bundesgesetz rechtfertigen. Das Gleiche gelte für den Wunsch, die Wahlfreiheit bei der Kleinkindbetreuung zu verbessern.

Auch stellte das Bundesverfassungsgericht klar, dass das Betreuungsgeldgesetz nicht mit den Regelungen aus dem Kinderförderungsgesetz oder den Erwägungen, die zur Einführung des Elterngeldes geführt hätten, vergleichbar sei und diese folglich nicht übertragen werden könnten.Während bei den Erwägungen zu einem Kinderförderungsgesetz auf den Zusammenhang zwischen Kinderbetreuung und Beteiligung von Eltern am Arbeitsleben abgestellt und damit an die Bedeutung der Regelungen als Arbeitsmarkt- und Wirtschaftsfaktor angeknüpft worden sei, fördere das zu beurteilende Betreuungsgeld die Erwerbsbeteiligung von Eltern nicht. Insbesondere sei es weder dazu bestimmt noch sei es angesichts seiner Höhe dazu geeignet, eine private, nicht öffentlich geförderte Kinderbetreuung zu finanzieren

Auch könne sich die Gesetzgebungskompetenz auch nicht daraus ergeben, dass das Betreuungsgeld als Teil eines Gesamtkonzeptes mit dem Kinderförderungsgesetz zu verstehen gewesen sei.
Dazu hätte es einer objektiven Untrennbarkeit der beiden Regelungen bedurft, die vom Bundesverfassungsgericht jedoch nicht gesehen wurde.
Die Frage, ob das Betreuungsgeldgesetz mit den Grundrechten vereinbar ist, ließ das Bundesverfassungsgericht offen. Hierzu bedürfe es keiner Antwort, da die Bestimmungen aufgrund der fehlenden Gesetzgebungskompetenz bereits nichtig wären.

Eine Übergangsregelung hält das Bundesverfassungsgericht nicht für notwendig und verweist in seinem Urteil hinsichtlich Vertrauensschutzerfordernissen auf die § 79 Abs. 2 S. 1 BVerfGG in Verbindung mit § 45 Abs. 2 SGB X.
Demnach gelten die bereits ergangenen Bescheide für Eltern, denen bereits Betreuungsgeld gewährt wurde, weiter.

(Quellen: www.bundesverfassungsgericht.de; Reuters Deutschland (Thomson Reuters))

Das Urteil und die Pressemitteilung zur heutigen Entscheidung können unter folgenden Links abgerufen werden:

http://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2015/bvg15-057.html
Stellungnahme des PARITÄTISCHEN Gesamtverbandes.pdfStellungnahme des PARITÄTISCHEN Gesamtverbandes.pdf
http://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2015/07/fs20150721_1bvf000213.html

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts und die Stellungnahme des Paritätischen aus dem Jahr 2012 (anlässlich der Anhörung im Bundestag im September 2012) sind als Anlage beigefügt.

Der Paritätische hatte während des Gesetzgebungsverfahren im Jahr 2012 bereits Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzentwurfs zur Einführung eines Betreuungsgeldgesetzes geäußert und sich entsprechend positioniert.