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Gasversorgung sozialer Dienstleister im Notfall

Viele Träger sozialer Einrichtungen und Dienste sorgen sich derzeit, ob sie weiterhin mit Gas und mit aus Gas erzeugter Wärme beliefert werden, wenn es zu einer weiteren Verknappung der Erdgasmengen in Deutschland kommt. Da die sozialen Dienstleister jedoch in der Regel den sog. „geschützten Kunden“ zuzuordnen sind, dürfte diese Sorge vorerst unbegründet sein.

Aufgrund der eingeschränkten Lieferung von russischem Erdgas hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) am 23. Juni 2022 die Alarmstufe und damit die 2. Eskalationsstufe des Notfallplans Gas für die Bundesrepublik Deutschland ausgerufen. Sollte sich die Lage weiter zuspitzen und die dritte und höchste Eskalationsstufe, die Notfallstufe, ausgerufen werden, wird Gas von der Bundesnetzagentur rationiert werden.

Die Gasversorgungsunternehmen haben jedoch auch im Krisenfall die sog. „geschützten Kunden“ mit Erdgas weiter zu versorgen, solange die Versorgung aus wirtschaftlichen Gründen zumutbar ist, vgl. § 53a EnWG. Grund ist, dass „diese Kunden besonders vulnerabel gegenüber den Folgen einer Versorgungseinschränkung reagieren und möglicherweise Schutz vor den negativen Auswirkungen einer Störung der Gasversorgung benötigen“, vgl. Punkt 6.1 des Notfallplans Gas. (Eine Aussage, zu welchen Preisen die Versorgung von geschützten Kunden weiter zu führen ist, ist hiermit nicht verbunden.)

Zu den „geschützten Kunden“ gehören u. a. Letztverbraucher im Erdgasverteilnetz, bei denen standardisierte Lastprofile Anwendung finden (SLP-Kunden) und die grundlegenden sozialen Dienste, vgl. Punkt 6.1 des Notfallplans Gas und § 53a EnWG. Hierzu zählen sowohl Haushaltskunden (Verbrauch max. 10.000 kWh) als auch kleine und mittlere Unternehmen.

Zu den geschützten Kunden gehören auch Fernwärmeanlagen, soweit sie Wärme an den jetzt erweiterten Kreis der SLP-Kunden und an grundlegende soziale Dienste liefern, zu dem Teil, der für die Wärmelieferung benötigt wird. Voraussetzung ist, dass sie an ein Erdgasverteil- oder ein Fernleitungsnetz angeschlossen sind und keinen Brennstoffwechsel vornehmen können.

Standardlastprofile für Gas entsprechen in der Regel Ausspeisemengen für Letztverbraucher bis zu einer maximalen Ausspeiseleistung von 500 Kilowattstunden pro Stunde und bis zu einer maximalen jährlichen Entnahme von 1,5 Millionen Kilowattstunden. Verteilnetzbetreiber können Lastprofile für Letztverbraucher aber auch mit höheren oder niedrigeren jährlichen Entnahmen festlegen. Höhere oder niedrigere Grenzwerte kann der Verteilnetzbetreiber auch lediglich für einzelne Gruppen von Letztverbrauchern festlegen. Innerhalb einer solchen Lastprofilgruppe sind die Grenzwerte jedoch einheitlich auf alle Letztverbraucher anzuwenden. Legt der Verteilnetzbetreiber höhere oder niedrigere Grenzwerte fest, hat er dies der Regulierungsbehörde (Bundesnetzagentur) unverzüglich anzuzeigen, vgl. insgesamt § 24 Abs. 1 und 2 GasNZV. (Vgl. im Einzelnen auch den BDEW/VKU/GEODE-Leitfaden, insbesondere Seite 13 und 14: https://www.vku.de/fileadmin/user_upload/Verbandsseite/Sparten/Energiewirtschaft/Gasthemen/nach_Leitfaden_SLP.pdf )

In der Regel werden soziale Dienstleister wahrscheinlich die maßgeblichen Entnahmemengen nicht überschreiten und schon von daher zu den "geschützten Kunden" gehören. Um dies sicher zu stellen, sollte die Information beim Verteilnetzbetreiber eingeholt werden, ob man Letztverbraucher im Erdgasverteilnetz ist, bei dem standardisierte Lastprofile Anwendung finden. Der zuständige Verteilnetzbetreiber sollte beim Energielieferanten erfragt werden können.

Sollten soziale Dienste die maßgebliche Entnahmemenge im Ausnahmefall überschreiten, gehören sie gleichwohl zum geschützten Kundenkreis, wenn sie die Anforderungen für einen grundlegenden sozialen Dienst erfüllen. Diese gehören ebenfalls zu den „geschützten Kunden“. „Grundlegende soziale Diensten“ sind Einrichtungen, in denen Menschen vorübergehend oder dauerhaft stationär behandelt werden oder leben und diese nicht ohne Weiteres verlassen können sowie Einrichtungen, die hoheitliche Aufgaben zur öffentlichen Sicherheit zu erfüllen haben. Hierzu zählen u. a.

  • Krankenhäuser und Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen gemäß § 107 SGB V,
  • stationäre Pflegeeinrichtungen gemäß § 71 Absatz 2 SGB XI,
  • stationäre Hospize gemäß § 39a Absatz 1 SGB V und
  • zur Pflege und Betreuung behinderter Menschen gemäß § 71 Absatz 4 SGB XI.

 

Weiterführende Links:

Notfallplan Gas für die Bundesrepublik Deutschland

https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Downloads/M-O/notfallplan-gas-bundesrepublik-deutschland.pdf?__blob=publicationFile&v=5

Zugrunde liegende Verordnung (EU) 2017/1938

https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32017R1938&from=DE

Hintergrundinformationen BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft:

https://www.bdew.de/energie/gasversorgung-auch-im-krisenfall/