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Kritik an CETA: Paritätischer fordert von EU-Kommission Beteiligung nationaler Parlamente

Fachinfo
Erstellt von Gwendolyn Stilling

Presseerklärung vom 05.07.2016

Zur für den Nachmittag angekündigten Entscheidung der Europäischen Kommission zu CETA erklärt Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes:

„EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström will heute um 15 Uhr bekanntgeben, ob die Europäische Kommission das Europäisch-kanadische Handelsabkommen CETA als gemischtes Abkommen einstuft und damit den einzelnen Mitgliedstaaten ein Mitentscheidungsrecht einräumt, oder ob sie es ohne Rücksicht auf die Zustimmung der nationalen Parlamente durchsetzen will. Im Vorfeld hatte Kommissionspräsident Juncker bereits erklärt, dass er CETA nicht als gemischtes Abkommen betrachte, so dass die nationalen Parlamente keine Mitentscheidungsrechte haben würden. Diese Haltung ist offensichtlich falsch. In einer Expertenanhörung im Deutschen Bundestag hatten erst im Januar alle sechs eingeladenen Rechtswissenschaftler übereinstimmend festgestellt, dass eine Zustimmung der nationalen Parlamente notwendig sei.

Der Paritätische bekräftigt seine Kritik an CETA:

Mit den geplanten Investitionsschutzregelungen werden Sonderrechte für Unternehmen geschaffen, rechtsstaatliche Demokratien vor privaten Schiedsgerichten zu verklagen, wenn sie ihre Profitinteressen durch Gesetze beeinträchtigt sehen. Das gefährdet nicht nur die Demokratie, sondern hebelt auch die Kontrollmöglichkeiten nationaler Gerichte aus. Wir sprechen uns vehement gegen diese geplante Privatisierung des Rechtsschutzes durch private Schiedsgerichte, auch unter dem Etikett eines „Investitionsgerichtshofes“, aus.

Gemeinnützige Angebote, wie sie etwa Kindergärten, Pflegeeinrichtungen, Krankenhäuser, Bildungs- und Beratungsdienste der Wohlfahrtsverbände anbieten, sind bei CETA nicht ausreichend geschützt. Auch die vorliegende konsolidierte Fassung des Vertragstextes enthält keine grundsätzlichen Ausnahmeregelungen für Soziales, Gesundheit, Sport und Kultur. Es ist nicht auszuschließen, dass profitorientierte Unternehmen gegen die besondere Stellung gemeinwohlorientierter Dienste klagen, um eine weitere Kommerzialisierung und Ökonomisierung durchzusetzen. Das Handelsabkommen enthält keine Vorgaben für hohe soziale und ökologische Standards, es zielt auf die Beseitigung von Standards, die in der Sprache der Verhandler als „nichttarifäre Handelshemmnisse“ gelten. Sozial- und Gesundheitsdienste sind jedoch keine Ware, und sie dürfen auch nicht so behandelt werden. Eine grundsätzliche Ausnahme für gemeinnützige Dienstleistungen ist jedoch in CETA nicht vorgesehen.

Insbesondere auch in der aktuellen Lage können wir nur davor warnen, die Rechte von nationalen Parlamenten aushebeln zu wollen. Wir erwarten von der EU-Kommission, dass sie den Weg frei macht, die nationalen Parlamente zu beteiligen und wir erwarten vom Deutschen Bundestag, CETA in der vorliegenden Fassung nicht zuzustimmen.“