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Stellungnahme des Paritätischen Gesamtverbands zum Gemeinsamen Europäischen Asylsystem

Zur heutigen öffentlichen Anhörung des Innenausschusses des Deutschen Bundestages zum Gemeinsamen Europäischen Asylsystem finden Sie beigefügt die Stellungnahme des Paritätischen Gesamtverbandes.

Aus Sicht des Paritätischen Gesamtverbands sind insbesondere die folgenden Aspekte zu berücksichtigen:

Grundsätzlich gilt, dass primäre Verantwortung eines jeden Vertragsstaates der Genfer Flüchtlingskonvention und somit aller EU-Mitgliedsstaaten ist, Asylanträge, die bei einem Vertragsstaat gestellt werden, zu prüfen.

Die Europäische Union darf sich weder durch die Ausweitung der Konzepte sicherer Dritt-Staaten sowie erster Asyl-Staaten noch anderweitig der Verantwortung für den Flüchtlingsschutz entziehen, in dem sie die Zuständigkeit für Asylverfahren und Flüchtlingsaufnahme primär auf die Staaten des globalen Südens abwälzt.

Das bedeutet insbesondere:

  • Es darf keine verpflichtende Vorabprüfung von sicheren Dritt -Staaten oder ersten Asyl-Staaten vor dem Dublin-Verfahren in Ersteinreise-Staaten eingeführt werden.
  • Die Ratifizierung und wirksame Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention samt des Zusatzprotokolls von 1967 muss Voraussetzung für die Anerkennung eines Dritt-Staats als sicher oder die Bestimmung eines ersten Asyl-Staats sein.
  • Eine sinnvolle Verbindung zwischen der/dem Asylsuchenden und dem Drittstaat ist zwingende Voraussetzung für die Anwendung des sicheren Dritt-Staatenkonzepts. Eine solche kann z.B. durch Familienangehörige, ein unterstützendes Netzwerk oder langjährige Voraufenthalte begründet werden, nicht aber durch den reinen Transit durch einen Dritt-Staat.
  • Ein Staat, der nur in Teilgebieten oder nur für bestimmte Personengruppen das Refoulement-Verbot achten und Schutz bieten kann, darf nicht als „sicherer Dritt-Staat“ im Sinne der Asylverfahrensverordnung definiert werden.
  • Das Recht auf Familie, der Zugang zu Arbeit und Bildung, ausreichende Existenzsicherung und der besondere Schutz von (unbegleiteten) minderjährigen Flüchtlingen und sonstigen besonders schutzbedürftigen Personen, dürfen durch die aktuellen Reformvorschläge nicht abgeschwächt werden.
  • Statt die Verantwortung aus der EU auszulagern, muss die Europäische Union alles daran setzen, eine solidarische Verantwortungsteilung für die Aufnahme von Flüchtlingen innerhalb der EU zu erreichen. Dabei müssen die Bedürfnisse der Schutzsuchenden zwingend Berücksichtigung finden.
  • Das Selbsteintrittsrecht, humanitäre Klauseln und Überstellungsfristen müssen im Dublin Verfahren erhalten bleiben, um die Situation von „Refugees in Orbit“ sowie das Abdrängen zahlreicher Menschen in die Illegalität zu verhindern und den Staaten notwendige humanitäre Handlungsspielräume zu erhalten.
  • Stell_Anhörung GEAS_4_2018.pdfStell_Anhörung GEAS_4_2018.pdf