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Stellungnahme des PARITÄTISCHEN zum Referentenentwurf Unterstützte Beschäftigung

Fachinfo
Erstellt von Claudia Zinke

Der PARITÄTISCHE Gesamtverband unterstützt die Zielrichtung des Referentenentwurfes, auch wenn das Gesetzesvorhaben hinter den Erwartungen der Verbände zurückbleibt.

Am 11.06.2008 fand die Erörterung zum Gesetzesentwurf Unterstützte Beschäftigung (UB) im Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) statt.

An dem Termin nahmen Vertreter/-innen von der Bundesagentur für Arbeit (BA), der Rentenversicherung, der BAG der überörtlichen Sozialhilfeträger und den Verbänden wie der BV für Körper- und Mehrfachbehinderte, die Bundesvereinigung Lebenshilfe, die BAG UB, die BAG WfbM, die BAG Gemeinsam lernen - gemeinsam leben, teil. Von der BAG der Integrationsämter hat kein Vertreter teilgenommen. Für den Paritätischen habe ich an der Anhörung teilgenommen.

Nach Informationen des BMAS fand ein Tag zuvor die Erörterung mit den Vertreter/-innen der Länder beim BMAS statt.

Ziel der Veranstaltung war es, nochmals die Intentionen des Gesetzgebers zu erläutern und die Stellungnahmen der Verbände zu besprechen. In der Veranstaltung wurden folgende Aspekte thematisiert:

Rechtsanspruch und Haushaltsmittel

Das BMAS geht von einem Rechtsanspruch aus und begründete diesen damit, dass die Maßnahme nicht scheitern darf, weil das Integrationsamt möglicherweise andere Schwerpunkte bezüglich der Förderung gesetzt hat bzw. Mittel ausgeschöpft sind. Es ist der Meinung, dass die Haushaltsmittel der Integrationsämter nicht nur aus Mitteln der Ausgleichsabgabe bestehen sollten. Die Finanzmittel der Integrationsämter könnten durch Haushaltsmittel der Länder aufgestockt werden. Das war bisher auch schon möglich. Nach Information des BMAS haben dies einige Länder (Rheinland-Pfalz und NRW) bereits getan. In der Diskussion wurden aufgrund des festgelegten Rechtsanspruches und den möglichen Leistungen der Länder von einigen Teilnehmer/-innen Bedenken hinsichtlich der Regierungsentscheidungsfähigkeit geäußert. Thematisiert wurde weiterhin, ob die Verteilung der Mittel der Ausgleichsabgabe aufgrund der Entwicklungen zwischen der BA und den Integrationsämtern nochmals neu überdacht werden sollte.

Vergaberecht/Ausschreibung

Das BMAS und auch die BA betonten, dass es sich bei der Maßnahme der UB um eine Arbeitsmarktdienstleistung handelt. Diese ist nach europäischem Recht auszuschreiben. Beide sind sich wohl einig, dass die Leistung als Rahmenvertrag auszuschreiben ist. Die BA erläuterte, dass die Leistung der Ausschreibung flexibel gestaltet werden kann. Für die geplante Ausschreibung wird über Kontingente und lange Laufzeit (z. B. zwei Jahre und 10/15 Personen) nachgedacht. Die BA betonte, dass Plätze die "eingekauft" werden, auch von der BA bezahlt werden. Es gibt schon jetzt Verträge, bei denen nach einer verabredeten Laufzeit über eine Aufstockung oder Absenkung der Anzahl der Plätze verhandelt werden kann. Das Vergaberecht bietet nach Auffassung der BA Chancen für neue Ideen und Wettbewerb.

Die Verbände lehnten die Ausschreibung ab. Für den Paritätischen habe ich nochmals angeregt, das Ausschreibungsvorhaben mit Blick auf die Beteiligung der Integrationsämter und möglicherweise weiterer Fördermittel der Länder neu zu überdenken. Ferner betonten die Verbände, dass die Mitarbeiter/-innen für die UB zu qualifizieren und diese Voraussetzungen bei den Ausschreibungen zu berücksichtigen sind.

Nach Informationen des Paritätischen haben wohl auch die Länder die Ausschreibung abgelehnt.

Persönliches Budget

Es wurde darauf hingewiesen, dass Vergaberecht und das Persönliche Budget nicht vereinbar sind. Darauf wurde in der Sitzung nicht weiter eingegangen. Nach Kenntnis des Paritätischen vertritt die BA in der AG der BAR zum Persönlichen Budget die Auffassung, dass ihre Leistungen im Wesentlichen budgetfähig sind, Insofern könnte aus dieser Aussage geschlossen werden, dass die BA ihren jetzigen Leistungskatalog nach der Gesetzgebung erweitert und auch die UB als budgetfähig erklärt. Schon jetzt werden nach Kenntnis des Paritätischen ausschreibungspflichtige Leistungen der BA als Persönliches Budget gewährt.

Vorrang der beruflichen Ausbildung

Das BMAS betonte, dass die UB die Ausbildung nicht ersetzen soll. Die UB ist gegenüber der Ausbildung nachrangig. Kommen die Beteiligten während der UB zur Erkenntnis, dass eine Ausbildung möglich wird, so kann von der UB in eine Ausbildung gewechselt werden. Eine Anrechnung der Zeiten der UB auf die Ausbildungszeit ist im Gesetzentwurf nicht vorgesehen.

Abgrenzung der Maßnahme UB von den bisherigen Maßnahmen der IFD´s

Das BMAS informierte dazu, dass die UB aus zwei wesentlichen Teilen besteht:

  • der erste Teil ist im Wesentlichen eine Reha-Maßnahme für behinderte Menschen (vergleichbar mit Teil I des SGB IX) ,
  • der zweite Teil der Maßnahme fällt unter Teilhabe am Arbeitsleben (Teil II SGB IX).


Somit ist die Gesamtmaßnahme nach Auffassung des BMAS nicht identisch mit den bisherigen Maßnahmen der IFD´s. In der Diskussion wurde auch die Unterscheidung der Zielgruppen - schwerbehinderte und behinderte Menschen (im Sinne des § 2 Abs. 1 und 2) - thematisiert.

Wechsel innerhalb der bestehenden Maßnahmen (Durchlässigkeit)

Es besteht nach Aussagen des BMAS die Möglichkeit von der Maßnahme der UB in die Maßnahmen des BBB der WfbM und den Arbeitsbereich zu wechseln, wenn die Zugangsvoraussetzungen erfüllt werden. Es besteht auch die Möglichkeit vom BBB der WfbM in die UB zu wechseln. Und es besteht ebenso die Möglichkeit von der UB in die Berufsausbildung zu gehen.

Die Unterstützungsleistungen beim Übergang aus dem Arbeitsbereich der WfbM auf den allgemeinen Arbeitsmarkt sind im SGB IX bereits geregelt . Deshalb ist dieser Wechsel nicht im Rahmen des Entwurfs UB vorgesehen.

Anrechnung bereits erfolgter Maßnahmen

Der Gesetzentwurf sieht eine volle Anrechnung der bereits geleisteten Hilfen in der UB vor, wenn eine Wechsel in den Berufsbildungsbereich (BBB) der Werkstatt erfolgt. Im Umkehrschluss wurden keine Regelungen im Gesetzentwurf vorgenommen. In der Diskussion wurde jedoch deutlich, dass die BA die Auffassung vertritt, dass eine Anrechnung der Zeiten bei einem Wechsel der Maßnahmen erfolgen soll, unabhängig davon in welche Richtung der Wechsel erfolgt.

Begründet wurde die Auffassung der BA damit, dass sonst die Gefahr besteht, dass erst nach zwei Jahren überprüft wird, ob ein Wechsel sinnvoll ist. Weiterhin werden im BBB der Werkstatt bereits Schlüsselqualifikationen für die Persönlichkeitsentwicklung vermittelt. Insofern müsse "man nicht von vorn beginnen".

Die Verbände betonten, dass eine klare Formulierung im Gesetzestext notwendig ist, die eine Kürzung beim Wechsel vom BBB der WfbM in die UB verhindert. Behinderte Menschen, die den Schritt aus dem BBB in die UB schaffen, wurden zuvor als "zu schwach" für die UB eingeschätzt. Der Unterstützungsbedarf gegenüber den behinderten Menschen, die von Anfang an in der UB sind, wird voraussichtlich höher sein. Die Anrechnung der Zeiten könne möglicherweise ein Scheitern der Maßnahme zur Folgen haben.

Leider haben sich die Befürchtungen des Paritätischen hinsichtlich der Kürzungsbestrebungen mit den Ausführungen der BA bestätigt. Die BA betonte an dieser Stelle, dass Sie nicht nur "fiskalisch" denke und wies den Vorwurf der Verbände möglicherweise restriktiv zu handeln, zurück.

Die Länder haben nach Informationen des BMAS eine Teilanrechnung der Maßnahmezeiten gefordert. Diese Forderung und die Frage danach, wie ein behinderter Mensch in den Arbeitsbereich der WfbM eingearbeitet werden soll, wenn erst nach zwei Jahren festgestellt wird, dass die UB doch nicht geeignet ist, waren u. a. Anlass dafür, dass das BMAS über die Anrechnung der Zeiten nochmals nachdenken wird.

DIA-AM und UB

Die Vertreterin der BA erläuterte, dass von einem Bedarf von 10 % für die Maßnahme DIA-AM auszugehen ist. Wenn in der Schule bereits festgestellt wird, dass die Maßnahme der UB sinnvoll ist, dann wird nach Aussagen der BA-Vertreterin DIA-AM nicht durchgeführt. Die Bestrebungen der BA gehen dahin, das Clearingverfahren bereits in den Schulen durchzuführen. Dies stimmt nach Informationen des BMAS auch mit den Vorstellungen der Länder überein, die ein allgemeines Clearingverfahren gefordert haben. Bei einem solchen Konzept wäre jedoch das Kultusministerium zu beteiligen.

Wunsch- und Wahlrecht

Nach Auffassung des BMAS erfüllt die Unterstützte Beschäftigung das Wunsch- und Wahlrecht, weil diese Maßnahme ohne den Willen des Menschen mit Behinderung nicht umsetzbar ist. Ein Wunsch- und Wahlrecht für Maßnahmen, bei denen Menschen mit Behinderungen die Zugangsvoraussetzungen nicht erfüllen, ist nicht gegeben. Die BA vertrat die Auffassung, dass die Wünsche der behinderten Menschen in gemeinsamen Gesprächen erarbeitet werden und somit Berücksichtigung finden.

Qualitätsstandards

Die BA spricht sich in ihrer Stellungnahme gegen eine Beteiligung der Verbände bei der Erarbeitung von Rahmenempfehlungen zu Qualitätsstandards aus. Die Länder haben sich nach Informationen des BMAS für eine Verankerung der Qualitätsstandards im Gesetz ausgesprochen. Die Länder haben weiterhin die Wirkung der Rahmenempfehlungen der BAR und die Beteiligung der Verbände in diesem Verfahren infrage gestellt.

In der Sitzung konnte wahrgenommen werden, dass bereits von Seiten der BA überlegt wird, wie mit der Formulierung von Qualitätsstandards umzugehen ist. Die BA wird hinsichtlich der Qualitätsstandards wahrscheinlich sehr schnell Fakten schaffen. Der Vorschlag des Paritätischen, Übergangslösungen zu verabreden, wurde lediglich zu Kenntnis genommen.

Zeitplan

Der Gesetzentwurf soll am 27.07.2008 im Bundeskabinett beschlossen werden und anschließend auf den parlamentarischen (Bundestag und Bundesrat) Weg gebracht werden. Bis zum Ende dieses Jahres soll das Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen sein.

Anlagen

Mozet0206.PDFStellungn0206_08.PDFAnlage.PDF