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Zu Hause ist es doch am schönsten? Homeoffice zwischen Notnagel und Zukunftsmodell

Im Zuge der Coronakrise hat der Paritätische Gesamtverband innerhalb einer Woche seine komplette Geschäftsstelle auf Homeoffice und ausschließlich digitale Kommunikation umgestellt. Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider zieht in seinem Blogbeitrag eine erste Bilanz: Die erzwungene Heimarbeit zeigt, was digital alles möglich ist, aber sorgt auch für Ernüchterung. Ein Laptop mit VPN-Zugang alleine bedeutet noch keine Work-Life-Balance.

Galt Homeoffice noch vor einigen Wochen vor allem als hip und unbedingt mitarbeiterfreundlich, sorgt die Corona-Krise mit dem erzwungenen Arbeiten im heimischen Arbeitszimmer – wenn man Glück hat – oder auch am Küchentisch – wenn man Pech hat – umgeben von Bücherregalen, die sich auch als Videokonferenzhintergrund außerordentlich gut machen, oder aber von den Kindern, die Hilfe bei den Hausarbeiten brauchen, für große Ernüchterung. Heimarbeit ist derzeit für die meisten, die ich spreche, alles andere als Idylle. Festgenagelt am Schreibtisch, ganz ohne natürliche Pausen durch Wegezeiten oder den Plausch mit den Kolleg*innen, genervt von instabilen Video- oder Telefonverbindungen, wird für viele das Heimmanagement zum Kommunikationsstress pur. Keine Spur von Work-Life-Balance.

Und dies dürfte noch die privilegierte Situation umreißen. Wer sich zugleich von Kindern und Haushalt in Anspruch genommen sieht, wer sich den begehrten Internetzugang über PC oder Tablet mit Ehepartner*innen oder Kinder teilen muss, die sich ebenfalls im Homeoffice oder Homeschooling befinden, auf den oder die kommen Managementherausforderungen noch ganz anderer Art zu. Mails zu nachtschlafender Zeit, früher verpönt und ausschließlich rettungslosen Workaholics zugeschrieben, tauchen plötzlich wieder auf, weil sich tagsüber einfach keine Gelegenheit fand.

Im Learning by Doing konnten wir in den letzten Wochen erfahren, wie voraussetzungsvoll Heimarbeit ist, wenn sie im großen Stil stattfinden soll und nicht nur in Einzelfällen. Schließlich macht es einen Unterschied, ob Regelarbeit im Team zu erledigen ist oder es nur darum geht, sich für einen Nachmittag mit ein paar Akten zurückzuziehen. Innerhalb nur einer Woche musste auch unsere Hauptgeschäftsstelle technisch zu 100 Prozent auf mobiles, volldigitales Arbeiten umgerüstet werden, da wir uns entschlossen, alle Büros vorübergehend zu schließen und stattdessen voll auf Homeoffice zu setzen. Das gelang überraschend gut. Wir haben aus dem Stand neue toolbasierte Kommunikationsabläufe eingezogen und damit Präsenzkommunikation völlig durch digitale ersetzt.

Zu Pass kam uns dabei, dass wir ohnehin ein groß angelegtes innerverbandliches Digitalisierungsprojekt mit dem Schwerpunkt Collaboration und Kommunikation laufen hatten. Wir haben in den vergangenen Wochen darüber hinaus viel über die Bedingungen gelernt, die stimmen müssen – die Arbeits- aber auch die Lebensbedingungen. In Bezug auf den zukünftigen Umgang mit dem Thema Homeoffice, gilt es sauber zu analysieren, was unter welchen Voraussetzungen funktioniert und was nicht. Wir werden uns vor dem völlig neuem Erfahrungshintergrund auch fragen, was wir wollen und was uns gut tut – und was nicht.

Der Beitrag ist eine überarbeitete Fassung eines Textes von Ulrich Schneider, welcher zuerst im Fachmagazin Wohlfahrt Intern erschien.

Autor:
Ulrich Schneider

Dieser Beitrag erschien zuerst als Blogbeitrag auf der Website www.der-paritaetische.de