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Konjunkturmaßnahmen in der Coronakrise: ökologisch, sozial, gerecht!

Fridays For Future, ver.di und der Paritätische haben heute gemeinsame Forderungen und Erwartungen an die Konjunkturmaßnahmen in der Coronakrise vorgestellt. Auf der gemeinsamen Pressekonferenz der drei Organisationen sprach auch Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen. Sein Statement zu den geplanten Konjunkturprogrammen der Bundesregierung:

Beginnend mit der heutigen Sitzung des Koalitionsausschusses werden nun in allerkürzester Zeit Konjunkturprogramme geschnürt werden und geschnürt werden müssen. Sie werden schnellstmöglich unsere mit der Coronakrise eingebrochene Konjunktur ankurbeln müssen. Das ist das eine. Es werden jedoch mit diesen Konjunkturprogrammen auch sehr grundlegende Weichen gestellt für die nächsten Jahrzehnte. Es geht um wichtige Weichenstellungen zur Klimapolitik, zur Sozialpolitik, zur Verkehrspolitik, zur Wohnungspolitik, zur sozialen Infrastruktur und auch zur gesundheitlichen Versorgung. Es geht um die Frage, auf welchen Sektoren die Konjunkturprogramme ansetzen wollen. Es geht aber noch entscheidender um die Frage, wie die Mittel auf diesen Sektoren verausgabt werden sollen, welche klima-, sozial- oder verkehrspolitischen Ziele damit verfolgt werden sollen, welche Auflagen gegebenenfalls an die Verausgabung von Mitteln geknüpft werden sollen.

Das ist der Grund, warum wir – Fridays For Future, ver.di und der Paritätische – heute gemeinsam unsere Forderungen und Erwartungen an die Konjunkturprogramme der Öffentlichkeit vorstellen.

Es wird nicht selten der Versuch unternommen, Klimapolitik gegen Sozialpolitik, die Klimabewegung gegen die soziale Bewegung auszuspielen. Diesen durchsichtigen Versuchen wollen wir uns entschieden entgegenstellen. Uns eint die Einsicht, dass sich die notwendige Klimawende nur als sozial-ökologische Wende verwirklichen lässt. Mehr noch: Die klimapolitischen Herausforderungen und die Herausforderungen dieser Coronakrise eröffnen die Chance, Dinge wirklich neu zu denken und durch das konsequente politische Handeln, zu dem uns die aktuelle Situation im Grunde zwingt, mehr Lebensqualität für alle zu schaffen.

Einfach nur die Konjunktur anzukurbeln und es zu versäumen, dabei auch die Art und Weise unseres Wirtschaftens selbst nachhaltig ökologisch und sozial zu verändern, hieße praktisch, einfach nur den CO2-Ausstoß anzukurbeln, und hieße, die tiefen sozialen Spaltungen, die heute schon unsere Gesellschaft kennzeichnen, sich einfach weiter zuspitzen zu lassen.

Die Konjunkturprogramme brauchen daher ökologische und soziale Leitvorstellungen von der Wohnungs- bis zur Verkehrspolitik, von der Bildungs- bis zur Sozial- und Gesundheitspolitik. Im Zentrum müssen dabei wieder der Mensch und seine Umwelt- und Lebensbedingungen stehen, keine Profit- und keine Aktionärsinteressen.

Für das Soziale heißt das: Die Programme dürfen niemanden zurücklassen, sondern müssen diese Gesellschaft sozial zusammenführen. Kurzfristig müssen die Verlängerung und die Verbesserung der Kurzarbeiterregelungen daher ebenso auf der Tagesordnung stehen, wie die des Elterngeldes. Völlig unakzeptabel ist es, dass sich die Bundesregierung bisher trotz heftigen Drängens von allen Seiten jeglicher Hilfen für die Ärmsten, für die Millionen in Hartz IV und Altersgrundsicherung, verschließt. Dies obwohl Tafeln geschlossen haben, Schulspeisungen ausfallen und Lebensmittelpreise sprunghaft ansteigen. Die sofortige Erhöhung der Regelsätze um 100 Euro ist zwingend notwendig.

In der Coronakrise ist endlich allen klar geworden: Pflege, Erziehung, soziale Dienste, sind kein add-on zur Profitwirtschaft, die man sich so leistet, Wohlfahrt ist systemrelevant. Daraus müssen nun endlich auch die Konsequenzen gezogen werden. Für die nächsten zwei Jahrzehnte braucht es ehrgeizige Investitionspläne für die Bereiche Pflege, Bildung und die sozialen Dienste. Es geht um bauliche Investitionen ebenso wie um digitale Infrastruktur. Auch der Personalstand in diesen Bereichen ist deutlich und endlich bedarfsangemessen auszubauen. Schließlich muss – auch was soziale Dienstleistungen anbelangt – alles dafür getan werden, dass die Kommunen ihre finanzielle Handlungsfähigkeit behalten. Die Pläne von Finanzminister Scholz zur Stützung der Kommunalfinanzen sind nur zu unterstützen.

Die Details und Größenordnungen unserer Vorstellungen haben wir in einem gestern gemeinsam mit dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland – BUND veröffentlichten Investitionsplan beschrieben.

Autor:
Ulrich Schneider

Dieser Beitrag erschien zuerst als Blogbeitrag auf der Website www.der-paritaetische.de