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Einblicke in den Paritätischen Gesamtverband: Paritätische Arbeitgebertagung 2021

Viele kennen den Paritätischen Wohlfahrtsverband vor allem für seine Stellungnahmen, Appelle und Initiativen gegen Armut und das Hartz IV-System. Doch auch die Auseinandersetzung mit Tarifverträgen und der Rolle als Arbeitgeber gehört zu seinen Aufgaben. So geschehen bei der diesjährigen Paritätischen Arbeitgebertagung, an der auch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) und die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) teilnahmen. Ein Tagungsbericht von Dr. Ingo Vollgraf, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Referent für Arbeits- und Zivilrecht beim Paritätischen Gesamtverband.

Am 20. Januar fand die diesjährige Paritätische Arbeitgebertagung – wie so vieles in den vergangenen Monaten – coronakonform als Videokonferenz statt. In die digitalen Räume eingeladen hatte der Paritätische Gesamtverband in Kooperation mit dem Paritätischen Arbeitgeberverband PATT sowie der Paritätischen Tarifgemeinschaft PTG.

Zu Beginn der Veranstaltung eröffnete Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), den Teilnehmenden einen „Blick über den Tellerrand“ hinaus auf tarifliche Entwicklungen in der Gesamtwirtschaft. Herr Kampeter verwies auf die Erfolge der Sozialpartner in der Vergangenheit und betonte, dass sich Tarifverträge gerade auch in der derzeitigen Krise bewährt haben, weshalb es gilt, die Tarifbindung zu stärken. Die BDA sieht allerdings auch Gefahren für die Tarifautonomie, wenn eine bloße Tarifeinigung auf eine gesamte Branche erstreckt werden soll, wie dies aktuell vom BMAS für die Pflegebranche geplant ist. 

Einblicke in die Praxis der Paritätischen Einrichtungen

In der Folge kamen die Geschäftsleitungen dreier unterschiedlicher Paritätischer Einrichtungen (PARITÄISCHE Projekte gGmbH, BWS Spremberg GmbH und Peene Werkstätten GmbH) zu Wort, die anschaulich von ihren Erfahrungen mit (geplanten) Abschlüssen von Tarifverträgen sowie den Vorteilen und Bedenken im Hinblick auf eine Tarifbindung berichteten.

Insbesondere das „Know-how“ der Paritätischen Arbeitgeberverbände, das durch eine Mitgliedschaft erzeugte „Wir-Gefühl“ auf der Arbeitgeber*innenseite und der gewinnbringende Gestaltungsprozess bis hin zu einer Tarifeinigung fanden dabei besondere Erwähnung.

Diskussion mit Paritätischen Arbeitgeberverbänden: Für und wider Tarifbindung

In den anschließenden Gesprächen mit den Paritätischen Arbeitgeberverbänden PATT und PTG sowie dem Verband Paritätischer Arbeitgeber Hessen e.V. (VPA)  wurden für und wider von Tarifverträgen diskutiert. Einzelne sahen in Tarifbindungen den Verlust unternehmerischer Freiheit. Der überwiegende Teil der Tagungsteilnehmenden sah jedoch vor allem Vorteile:

  • Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit
  • erleichterte Refinanzierungsverhandlungen mit den Leistungsträgern
  • Steigerung der Attraktivität der Einrichtung gerade für Fachkräften

Werner Hesse, Geschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes erläuterte auf der Veranstaltung auch die Perspektive für die nächsten Jahre: In der Vergangenheit wurde ein Prozess angestoßen, die Tarifbindung zu stärken – dieser Weg soll auch in Zukunft weiterverfolgt werden.

Im Gespräch mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Austausch über Ansprüche auf mobiles Arbeiten und die Tarifeinigung in der Pflege

Für das BMAS nahm dessen Parlamentarische Staatssekretärin Anette Kramme an der Tagung teil. Sie berichtete über den Entwurf eines Mobile Arbeit Gesetz (MAG-E), der in Kürze durch das Kabinett beschlossen werden soll: Einen Anspruch auf mobile Arbeit soll es demnach, entgegen der ursprünglichen Planung des Ministeriums, nicht geben. Dafür sind jedoch verbesserte rechtliche Rahmenbedingungen geplant, die es Arbeitgeber*innen in Zukunft erleichtern soll, ihren Arbeitnehmer*innen Homeoffice zu gewähren. Noch am Vorabend hatten die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsident*innen der Länder auf Empfehlung des BMAS beschlossen, dass Arbeitgeber*innen ihren Beschäftigten Homeoffice für Bürotätigkeiten zu gewähren haben, wenn keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen.

Die oben erwähnte Tarifeinigung zwischen der Bundesvereinigung Arbeitgeber*innen in der Pflegebranche (BVAP) und der Gewerkschaft ver.di  in der Pflege begrüßte die Staatssekretärin des BMAS und bekundete noch einmal den Willen des Ministeriums, den eingeschlagenen Weg der Tariferstreckung nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG) weiter zu verfolgen. Die von Seiten der PTG geäußerte Kritik, dass damit andere, ebenfalls mit ver.di abgeschlossene Tarifverträge in ihrer „Architektur“ gestört werden, bedauerte Frau Kramme und bot einen weiteren Austausch zu dem Thema mit dem Ministerium an.
 

Autor:
Ingo Vollgraf

Dieser Beitrag erschien zuerst als Blogbeitrag auf der Website www.der-paritaetische.de