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Sozialschutz-Paket: Vorübergehender anrechnungsfreier Hinzuverdienst bei Kurzarbeit möglich

Im Rahmen des Sozialschutz-Paket hat der Gesetzgeber mit dem neu eingefügten § 421c SGB III einen Anreiz geschaffen, während des Bezugs von Kurzarbeitergeld eine zusätzliche Beschäftigung in systemrelevanten Bereichen anzunehmen. Diese Möglichkeit eines (anrechnungsfreien) Hinzuverdienstes für die Arbeitnehmer*innen ist jedoch von der rechtlichen Situation abzugrenzen, die besteht, wenn soziale Dienstleister in Erfüllung ihrer Pflichten nach § 1 SodEG ihre Arbeitskräfte im Wege der (erlaubsnisfreien) Arbeitnehmerüberlassung in systemrelevanten Bereichen zur Verfügung stellen.

1. Ausgangspunkt

Aufgrund Artikel 2 des Gesetzes für den erleichterten Zugang zu sozialer Sicherung und zum Einsatz und zur Absicherung sozialer Dienstleister aufgrund des Coronavirus SARS-CoV-2 (Sozialschutz-Paket) kam es durch Einfügung des § 421c zu einer Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch:

§ 421c - Vorübergehende Sonderregelungen im Zusammenhang mit Kurzarbeit

In der Zeit vom 1. April 2020 bis 31. Oktober 2020 wird, abweichend von § 106 Absatz 3, Entgelt aus einer anderen, während des Bezugs von Kurzarbeitergeld aufgenommenen Beschäftigung in systemrelevanten Branchen und Berufen dem Ist-Entgelt nicht hinzugerechnet, soweit das Entgelt aus der neu aufgenommenen Beschäftigung zusammen mit dem Kurzarbeitergeld und dem verbliebenen Ist-Entgelt aus der ursprünglichen Beschäftigung die Höhe des Soll-Entgelts aus der Beschäftigung, für die Kurzarbeitergeld gezahlt wird, nicht übersteigt. Die während des Bezugs von Kurzarbeitergeld aufgenommenen Beschäftigungen nach Satz 1 sind versicherungsfrei zur Arbeitsförderung.

Bestimmte Branchen und Berufe sind in der Krise für das öffentliche Leben, die Sicherheit und die Versorgung der Menschen unabdingbar. Hierzu gehören insbesondere das Gesundheitswesen mit Krankenhäusern und Apotheken aber auch die Landwirtschaft und die Versorgung der Menschen mit Lebensmitteln. Hier muss sichergestellt sein, dass ausreichend Arbeitskräfte zur Verfügung stehen (https://www.bmas.de/DE/Schwerpunkte/Informationen-Corona/sozialschutz-paket.html).

2. Anwendungsbereich des § 421c SGB III

Durch § 421c SGB III gibt es nun einen besonderen Anreiz, während des Bezugs von Kurzarbeitergeld eine zusätzliche Beschäftigung in einer systemrelevanten Branche oder einem systemrelevanten Beruf anzunehmen.

Im Zeitraum vom 1. April 2020 bis zum 31. Oktober 2020 wird das Entgelt aus der zusätzlichen Beschäftigung in systemrelevanten Branchen und/oder Berufen nicht dem verbleibenden Entgelt aus der bisherigen Beschäftigung hinzugerechnet. Die Voraussetzung für diese Nichthinzurechnung ist, dass das Entgelt aus der neuen Beschäftigung und die verbleibende Vergütung aus der ursprünglichen Beschäftigung zuzüglich des Kurzarbeitergeldes das sog. Soll-Entgelt aus der alten Beschäftigung (also das, was mal verdient worden ist) nicht übersteigt. Beschäftigte, die Kurzarbeitergeld erhalten, können damit ihr Einkommen durch die Aufnahme einer (vorübergehenden) Tätigkeit in systemrelevanten Branchen und Berufen deutlich aufbessern (BMAS, FAQ zu SodEG II. 2.).

3. Situation bei der Gestellung von Arbeitskräften nach § 1 SodEG

Davon zu unterscheiden ist jedoch die Situation, dass soziale Dienstleister in Erfüllung ihrer Pflichten nach § 1 SodEG ihre Arbeitskräfte in Bereichen zur Verfügung stellen, die für die Bewältigung von Auswirkungen der Coronavirus-Krise geeignet sind.

Dies ist in der Regel nur durch eine freiwillige, einzelvertragliche Vereinbarung zwischen dem sozialen Dienstleister und seinen Arbeitnehmer*innen rechtlich möglich. Insoweit wird jedoch keine zusätzliche Beschäftigung im Sinne von § 421c SGB III aufgenommen, sondern findet ein solche, nach § 1 Abs. 3 Nr. 2a AÜG erlaubnisfreie Arbeitnehmerüberlassung im Rahmen des schon bestehenden Arbeitsverhältnisses – ggf. auf der Grundlage ergänzender Regelungen - statt. Vertragsarbeitgeber bleibt aber weiterhin der soziale Dienstleister (Verleiher), der die (Leih-)Arbeitnehmer*innen einem anderen Träger (Entleiher) überlässt. Auch wenn die überlassenen Arbeitskräfte dann in einem fremden Betrieb arbeiten, sind sie nach wie vor im Rahmen ihres bestehenden Arbeitsverhältnisses tätig.

Soweit Arbeitnehmer*innen eines sozialen Dienstleisters Kurzarbeitergelt beziehen, z. B. nach angeordneter Kurzarbeit null, und an einen anderen Träger überlassen werden, liegen die Voraussetzungen für Kurzarbeit nicht mehr vor. Daher besteht auch kein Anspruch auf Kurzarbeitergeld mehr. Die überlassenen Arbeitskräfte haben dann aber wieder ihren regulären Vergütungsanspruch gegen ihren (Vertrags-)Arbeitgeber. Dieser wird sich im Rahmen der Verhandlungen mit dem Leistungsträger im Hinblick auf den Zuschuss nach § 1 SodEG um eine entsprechende (Re-)Finanzierung bemühen müssen, da er nun wieder mit Personalkosten belastet wird, soweit diese Kosten (einschließlich etwaiger Umsatzsteuer) nicht durch entgeltliche Personalüberlassung gedeckt werden können.

Fachinformation_Hinzuverdienst_Kurzarbeit_03_04_20.docxFachinformation_Hinzuverdienst_Kurzarbeit_03_04_20.docx