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Umgang mit coronabedingten Mietschulden

Unser Vorstand hat in der vergangenen Woche eine Position zum Umgang mit corona-bedingten Mietschulden verabschiedet.

Die Corona-Krise hat weitreichende soziale und wirtschaftliche Auswirkungen. Betroffen ist auch die Mietzahlungsfähigkeit der Mieterinnen und Mieter. Vielerorts können sie infolge von Kurzarbeit oder dem vollständigen Verlust ihrer Erwerbstätigkeit ihre Miete nur schwer oder gar nicht mehr zahlen. Es drohen die Anhäufung bzw. Verschiebung von Mietschulden oder schlimmstenfalls der Verlust der Wohnung.

Betroffen sind auch gemeinnützige soziale Einrichtungen, die nicht oder nicht vollständig von den gegenwärtigen Corona-Schutzmaßnahmen abgedeckt sind und dennoch fixe Kosten wie die Miete begleichen müssen.


Die bisherige getroffene Maßnahme zum erweiterten Kündigungsschutz ist zu begrüßen, reicht jedoch bei weitem nicht aus. Deshalb tritt der Paritätische für Folgendes ein:

Ausweitung des Kündigungsschutzes

a) Mit dem Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid 19-Pandemie Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht wurde u.a. das Recht des Vermieters zur Kündigung von Mietverhältnissen über Wohn- und Gewerbeflächen befristet eingeschränkt. Demnach dürfen Vermieter wegen Mietschulden aus dem Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 das Mietverhältnis nicht kündigen, sofern die Mietschulden auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruhen. Ausgeschlossen sind sowohl die außerordentliche fristlose als auch die ordentliche Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses. Die Verpflichtung der Mieter zur Zahlung der Miete bleibt im Gegenzug im Grundsatz bestehen. Gleiches gilt für Gewerberäume. Die coronabedingten Mietschulden müssen bis zum 30.06.2022 zurückgezahlt sein, da die Kündigungsbeschränkung mit Ablauf dieses Datums endet. Können Mieter die coronabedingten Einnahmeausfälle bis dahin nicht kompensieren und zurückzahlen, droht ihnen schlimmenstenfalls die Kündigung. Die Bundesregierung kann per Rechtsverordnung und ohne Zustimmung des Bundesrates die Kündigungsbeschränkung auf Zahlungsrückstände ausweiten, die im Zeitraum vom 1. Juli 2020 bis 30. September 2020 entstehen.

Forderung: Es ist nicht abzusehen, wie lange die Corona-Pandemie und die damit verbundenen wirtschaftlichen Folgen noch andauern werden. Aufgrund von Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit werden die Mieter auch nach Juni 2020 vielerorts in finanziellen Schwierigkeiten sein und ihre Miete teilweise oder vollständig nicht zahlen können. Deshalb ist der Zeitraum, in welchem coronabedingte Mietschulden entstehen können und das Kündigungsrecht des Vermieters eingeschränkt ist, mindestens bis zum September 2020 auszudehnen. Je nach Lage der Pandemie und anhaltenden wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Mieter und Gewerbemieter*innen, ist dieser Zeitraum weiter auszudehnen. Verzugszinsen sind abzulehnen.

b) Nach dem Wortlaut des Gesetzeskann jedoch gekündigt werden, wenn sich der Mieter bereits vor dem 1.4.2020 in Zahlungsverzug befand, die Höhe dieses Zahlungsverzugs jedoch noch keine Kündigung rechtfertigte. Wird dieser - die Kündigung auslösende - Mietrückstand nun durch nach dem 1.4. coronabedingte (Teil-)Verzügeerreicht, ist eine Kündigung möglich. Gleiches gilt für die Fälle, in denen Mieter nach dem 30.06.2020 zusätzliche Mietrückstände anhäufen und sich dadurch Rückstände summieren, die eine Kündigung insgesamt rechtfertigen.

Forderung: Der Schutz vor Kündigungen wegen pandemiebedingter Mietzahlungsschwierigkeiten im Zeitraum von April bis Juni 2020 muss auch auf solche Mieter bzw. Rückstände ausgedehnt werden, die bereits vor dem 1.4. bestanden bzw. nach dem 30.6. entstehen. Es kann nicht sein, dass durch die Corona-Krise bedingte Mietrückstände mit anderen (Teil-)Rückständen summiert werden und dem Mieter infolge der Krise letztlich doch gekündigt werden kann.

c) Darüber hinaus ist die derzeitige Rechtslage zum Kündigungsschutz grundsätzlich nicht ausreichend. Dies gilt zwar unabhängig von der Corona-Krise, wird jetzt aber umso deutlicher. Spricht der Vermieter wegen Zahlungsverzugs eine ordentliche und außerordentliche Kündigung aus, heilt eine Zahlung der Mietschulden innerhalb der Schonfrist (§ 569 III Nr. 2 S. 1 BGB) nur die außerordentliche Kündigung. Die ausgesprochene ordentliche Kündigung bleibt dennoch bestehen.

Forderung: Dauerhaft muss es möglich sein, dass bei bestehenden Zahlungsrückständen die Heilungsmöglichkeiten der außerordentlichen Kündigung auch für die ordentliche Kündigung gelten.


Schaffung eines Wohnen-Hilfsprogramms

Um Mieter angesichts krisenbedingter Zahlungsschwierigkeiten zielgerichtet zu entlasten, Vermieter im Rahmen ihrer Möglichkeiten mit heranzuziehen und zugleich sicherzustellen, dass sozial verantwortlich agierende Vermieter vor wirtschaftlichen Nöten bewahrt werden, wird folgende Kombination aus Mietsenkung und Fonds für bestimmte Vermieter vorgeschlagen:

Eine bundesweite Mietsenkung um bis zu 30 % oder 40 % erfolgt für solche Mieter, die aufgrund der Corona-Pandemie - bspw. durch Kurzarbeit oder Erwerbslosigkeit - Einnahmeverluste verzeichnen und in Mietzahlungsschwierigkeiten geraten. Dies gilt auch für gemeinnützige soziale Träger und Einrichtungen, wenn diese Räumlichkeiten (gewerbemietrechtlich) anmieten, um sie an Menschen mit Wohnbedarf weiterzuvermieten oder um Beratungs- und Teilhabebedarf sicherzustellen.

Vermietern, die wegen pandemiebedingter geminderter oder wegfallender Mieteinnahmen in eine wirtschaftliche Not geraten, soll finanzielle Unterstützung zukommen. Diese ist an ein gutes und sozial verträgliches Wirtschaften des Empfängers zu knüpfen. Die Unterstützung wird nicht geleistet, wenn Vermieter Dividenden ausschütten und dabei bspw. auf die Rückzahlung gestundeter Mietzahlungen bestehen. Die Unterstützung wird ebenfalls nicht geleistet, wenn die Vermieter über eigene hohe finanzielle Rücklagen verfügen, mit Wohnraum spekulieren oder horrende Mietpreise bzw. -preissteigerungen durchsetzen.
Anspruchsberechtigt sollen dagegen ausdrücklich auch gemeinnützige soziale Einrichtungen sein, soweit sie als Vermieter auftreten und in eine entsprechende Notlage geraten.