Zum Hauptinhalt springen

Stellungnahme zum Gesetzesentwurf zur aktuellen Anpassung des Freizügigkeitsgesetzes/EU

Stellungnahme
Erstellt von Natalia Bugaj-Wolfram

Hintergrund der Novellierung ist ein Vertragsverletzungsverfahren der Europäischen Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland, bezogen auf die Umsetzung des Unionsrechts. Nach erneuter Aufforderung der Europäischen Kommission und erneuter Prüfung kommt die Bundesregierung zu der Auffassung, dass die Umsetzung der Richtlinienbestimmung der EU-Richtlinie 2004/38/EG für Familienangehörige der Seitenlinien in deutsches Recht nicht ausreichend ist. Nach Einschätzung des Paritätischen werden die unionsrechtlichen Vorgaben mit dem vorliegenden Referentenentwurf nur teilweise erfüllt. Darüber hinaus stellt sich die konkrete Ausgestaltung als derart restriktiv dar, dass der Neuregelung ihre praktische Wirksamkeit größtenteils genommen wird.

Der Gesetzentwurf betrifft die Regelung des Zugangs anderer Verwandter als enger Familienangehöriger von Unionsbürgern, die selber keine Unionsbürger sind. Die Regelung umfasst die Verwandten der Seitenlinien , wie z.B. Onkel, Tante, Neffe, Nichte.

Hintergrund der Novellierung ist ein Vertragsverletzungsverfahren der Europäischen Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland, das die Freizügigkeitsrichtlinie betrifft. Nach erneuter Aufforderung der Europäischen Kommission und erneuter Prüfung im Lichte der zwischenzeitlich ergangenen Rechtsprechung kommt die Bundesregierung zu der Auffassung, dass die Umsetzung der Richtlinienbestimmung des Artikels 3 Abs. 2 Buchstabe a der EU-Richtlinie 2004/38/EG für Familienangehörige der Seitenlinien in deutsches Recht nicht ausreichend ist.

Der vorgelegte Referentenentwurf korrigiert die bestehenden Defizite nach Einschätzung des Paritätischen Gesamtverbandes unzureichend, da die Voraussetzungen für den Nachzug der Familienangehörigen der Seitenlinien sehr restriktiv sind. Eine Erleichterung der Freizügigkeit für „andere Verwandte“ bleibt weitestgehend aus, die gedachte Personengruppe der Nutznießer der Regelung ist sehr gering. Zudem wird eine weitere Gruppe, für die nach Vorgaben der EU-Richtlinie ebenso der Nachzug geregelt werden sollte, im Referentenentwurf nicht berücksichtigt: Lebenspartner, mit dem der Unionsbürger eine "ordnungsgemäß bescheinigte dauerhafte Beziehung eingegangen ist“. Laut Systematik der Richtlinie handelt es sich hier nicht, wie nach Auffassung im Gesetzesentwurf, um eingetragene Lebenspartner, sondern um Partnerschaften ohne rechtliche Verbindlichkeit.

Der Paritätische kritisiert vor allem folgende Aspekte des Referentenentwurfs und regt eine Überarbeitung bzw. Ergänzung an:

    ·\tDie Erleichterung von Einreise und Aufenthalt für Lebenspartner*innen, mit denen der*die Unionsbürger*in eine „ordnungsgemäß bescheinigte dauerhafte Beziehung eingegangen ist“, bei der es sich aber nicht um eine urkundlich „eingetragene Partnerschaft“ handelt, ist im neuen § 3a FreizügG nicht vorgesehen. Damit setzt der Gesetzentwurf die unionsrechtliche Verpflichtung aus Art. 3 Abs. 2 Buchstabe b) UnionsRL weiterhin nicht in nationales Recht um.

    ·\tDie Voraussetzungen und die konkrete Ausgestaltung der Einreise- und Aufenthaltsmöglichkeiten anderer Verwandter gem. § 3a FreizügG stellen sich als derart restriktiv dar, dass auch aus Sicht der Bundesregierung nur sehr wenige Betroffene diese erfüllen werden. Damit wird die Regelung den unionsrechtlichen Vorgaben aus Art. 3 Abs. 2 Buchstabe a) UnionsRL, die Einreise und den Aufenthalt dieser Personen tatsächlich zu „erleichtern“, nicht gerecht. Die konkrete Ausgestaltung nimmt ihr vielmehr weitgehend ihre praktische Wirksamkeit. Insbesondere sollte eine praktisch erfüllbare Möglichkeit der Aufenthaltsverfestigung gesetzlich vorgesehen werden.

    ·\tDie Verpflichtung aus Art. 12 Abs. 1 und 13 Abs. 1 UnionsRL, nach der für Familienangehörige, die selbst unionsangehörig sind, bei Scheidung, Tod oder Wegzug des Stammberechtigten ein eigenständiges Freizügigkeitsrecht als Familienangehöriger erhalten bleibt, wird auch nach der vorgeschlagenen Änderung des Freizügigkeitsgesetzes nicht umgesetzt.

    Stelln_Ref.entwurf_Anpassung_FreizuegG_04_2020.pdfStelln_Ref.entwurf_Anpassung_FreizuegG_04_2020.pdf