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Gesetzentwurf zur Reform der Krankenversicherungsbeiträge bei Betriebsrenten vorgelegt

Fachinfo
Erstellt von Joachim Rock

Mit der Einigung der Koalitionsparteien auf einem Kompromiss zur Einführung einer Grundrente wurden weitere Einigungen erzielt. Dazu zählt auch die Übereinkunft, Betriebsrentner*innen bei der Zahlung von Krankenversicherungsbeiträgen zu entlasten. Das Bundesgesundheitsministerium hat dazu bereits einen Tag nach der Einigung einen Gesetzentwurf vorgelegt, der als Anhang dokumentiert ist.

Hintergrund der geplanten Neuregelung: Bislang waren die Beziehenden der genannten Leistungen vollständig zur Gesetzlichen Krankenversicherung beitragspflichtig, was zu erheblichen Protesten bei den Betroffenen geführt hat. Während der Versicherungsbeitrag bei gesetzlichen Renten jeweils zur Hälfte von der Rentenversicherung und den Versicherten getragen, während die Beiträge auf Betriebsrenten und Kapitalauszahlungen vollständig von den Berechtigten gezahlt werden mussten, soweit die Ansprüche die Freigrenze von 155,75 Euro überstiegen. Nur wer darunter liegt, ist derzeit beitragsfrei gestellt. Wer knapp darüber liegt, muss den gesamten Krankenversicherungsbeitrag zahlen. Eine "Doppelverbeitragung", wie häufig behauptet, ist das in der Regel nicht, denn ein großer Teil der Ansprüche ist etwa im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge in Form der Entgeltumwandlung (mit monatlich bis zu 268 Euro beitragsfreiem und 536 Euro steuerfreiem Einkommen) erworben worden und wurde deshalb gar nicht erst verbeitragt. Die durch die Entgeltumwandlung entstehenden Mindereinnahmen in der Gesetzlichen Krankenversicherung betragen etwa 1,3 Milliarden Euro jährlich. Wenig beachtet wird auch, dass auch auf gesetzliche Renten der volle Beitragssatz entfällt, ohne dass dies in Frage gestellt wird. Er wird jeweils zur Hälfte von Rentenversicherung und Versicherten getragen. Eine Reduzierung der Beitragspflicht auf Betriebsrenten ist deshalb in der Regel eine beitragsrechtliche Privilegierung dieser Vorsorgeform gegenüber der gesetzlichen Rentenversicherung. Dies ist politisch gewollt, um private Vorsorge gegenüber der gesetzlichen Rentenversicherung zu stärken.

Bundesgesundheitsminister Spahn hatte bereits im Januar 2019 einen Gesetzentwurf vorgesehen, der vorsah, dass Betriebsrentner künftig nur noch den hälftigen Beitragssatz auf ihre Betriebsrente zahlen sollten. Betroffen gewesen wären davon bis zu 6 Millionen Betriebsrentner, die Mindereinnahmen bei den Krankenversicherungen hätten sich auf etwa drei Milliarden Euro summiert.

Bislang haben 2,5 Millionen Betriebsrentner*innen keine Beiträge gezahlt, weil ihre Betriebsrente unterhalb der Freigrenze lag. Diese Grenze wird nun in einen dynamischen Freibetrag umgewandelt, d.h. alle Beziehenden profitieren künftig, indem 155,75 Euro für alle anrechnungsfrei bleiben. Oberhalb dieser Grenze bleibt es bei der vollständigen Beitragspflicht. Die maximale Entlastung der Neuregelung würde damit etwa 300 Euro im Jahr betragen. Die Kosten von 1,2 Milliarden Euro sollen vorwiegend aus der Liquiditätsreserve der Krankenversicherung entnommen werden: die Gemeinschaft der Beitragszahlenden trägt damit die Kosten der Entlastung der häufig einkommensstarken Beziehenden zusätzlicher Einkommen, die zusätzlich durch die Freistellung bei der Entgeltumwandlung profitiert haben, während Geringverdienende, die sich diese Vorsorge nicht leisten können, die Einnahmeausfälle durch ihre Krankenversicherungsbeiträge finanzieren.

Der Paritätische spricht sich dafür aus, auf Leistungen der betrieblichen Altersvorsorge bzw. auf Kapitalabfindungen grundsätzlich in den Fällen keine Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge zu erheben, wenn sie aus Beiträgen auf Einnahmen resultieren, die tatsächlich bereits verbeitragt worden waren. Der Paritätische unterstützt die zusätzliche Einführung von Freibeträgen, wie in diesem Fall, dann, wenn diese in gleichem Maße auch für die Leistungen der Gesetzlichen Rentenversicherung Anwendung finden und daraus resultierende Mindereinnahmen der Gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung aus Steuermitteln ausgeglichen werden. Eine einseitige Privilegierung einer Vorsorgeform, von der gerade Geringverdienende nur unterdurchschnittlich profitieren, lehnt der Paritätische dagegen ab.

19-11-11 GKV-BetriebsrentenG_Kabinettentwurf.pdf