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Stellungnahme des Paritätischen Gesamtverbandes zum Kommissionsvorschlag einer Reform der Dublin-Verordnung vom 04. Mai 2016 (COM(2016) 270 final), sog. Dublin-IV Verordnung

Fachinfo
Erstellt von Constanze Reichstein

Die Europäische Kommission hat Vorschläge für eine Reform der Dublin III Verordnung und fast alle anderen Bereiche des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) vorgelegt. Der Paritätische Gesamtverband ist in großer Sorge, dass die aktuellen Vorschläge der EU Kommission zu einer Neuregelung der Dublin III Verordnung massiv in die Rechte von Asylsuchenden eingreifen könnten.

    Die wesentlichen Kritikpunkte des Paritätischen Gesamtverbandes sind die Folgenden:
  • Obwohl ein allgemeiner Konsens über die strukturellen Defizite des Dubliner Systems besteht, bleibt der vorliegende Vorschlag im Wesentlichen der Logik der aktuelle Zuständigkeitsbestimmung verhaftet.
  • Die Kommission verkennt in ihrem Vorschlag einen weiteren wesentlichen Grund, der zum Nichtfunktionieren des Dublin-Systems führt: Die Nichtberücksichtigung der individuellen Umstände der Asylsuchenden. Statt auf die zwangsweise Umsetzung der Zuständigkeitsentscheidung sollte die EU auf Anreize und bessere Information der Asylsuchenden setzen. Zusammen mit einer tatsächlichen Anpassung der Aufnahme- und Verfahrensstandards in allen Mitgliedstaaten wird dies zu einer besseren Verteilung von Asylsuchenden führen als jedes System, welches allein auf Repression basiert und individuelle Interessen der Asylsuchenden ignoriert.
  • Der vorliegende Vorschlag der Kommission wird durch die Pflicht, vorrangig die Zuständigkeit eines so genannten sicheren Drittstaats bzw. ersten Asylstaats festzustellen, zu einer weiter voranschreitenden Auslagerung des Flüchtlingsschutzes außerhalb Europas nach dem Beispiel des EU-Türkei-Abkommens führen. Dabei bleibt vollkommen unberücksichtigt, dass bereits jetzt die Aufnahmestaaten in der Krisenregion den weitaus größten Anteil an Verantwortung für den Flüchtlingsschutz übernehmen. Darüber hinaus verstößt diese Regelung gegen das Recht auf Schutz der Familieneinheit, da bereits in der EU lebende Familienangehörige bei der Prüfung eines zuständigen Drittstaats nicht berücksichtigt werden.
  • Die massiven Einschränkungen beim Zugang zu sozialen Leistungen in unzuständigen Mitgliedstaaten verstoßen gegen das Recht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum im Sinne des deutschen Verfassungsrechts und den in Art. 1 der EU Grundrechtecharta verankerten Schutz der Menschenwürde.
  • Der Ausschluss vom Asylverfahren in unzuständigen Mitgliedstaaten und die Abschaffung des Zuständigkeitsübergangs auf andere Mitgliedstaaten, wie es bisher im Wege von Ermessensklauseln, des Selbsteintrittsrechts oder durch Fristablauf möglich war, werden dazu führen, dass es zahllose Flüchtlinge geben wird, die faktisch keinen Zugang zum Asylverfahren in der EU haben. Genau dieses Problem von Flüchtlingen, die in keinem Staat Zugang zu Schutz bekommen, sollte mit der Einführung des Dubliner Systems aber verhindert werden.


Die Stellungnahme im Einzelnen:

Stelln Dublin IV 09-2016.pdfStelln Dublin IV 09-2016.pdf