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Fachkräfteeinwanderungsgesetz: Was wirklich drin steht

Erstellt von Harald Löhlein

Langsam wird es ernst: am 19. Dezember soll der Vorschlag für das Fachkräfteeinwanderungsgesetz im Kabinett verabschiedet werden. Nun kommt es, wie es kommen musste: die Bedenkenträger, denen der jetzt vorliegende Entwurf zu weit geht, melden sich lautstark zu Wort. Doch die Kritik geht an der Realität vorbei.

Angeblich ermöglicht der Entwurf im großen Stil die Einwanderung von unqualifizierten Personen, die Möglichkeiten zur Einreise für eine Ausbildung seien zu großzügig und vor allem seien die Regelungen, die die Erteilung einer "Beschäftigungsduldung" für diejenigen Geduldeten, die erwerbstätig sind, viel zu weitgehend.

Wer den Gesetzentwurf genau liest, wird schnell erkennen, dass diese Kritik völlig an den Realitäten vorbeigeht. Dies sei an den Regelungen, die für Geduldete vorgesehen sind, verdeutlicht: Gegenwärtig leben in Deutschland ca. 170.000 Geduldete, also Personen, denen lediglich die Aussetzung der Abschiebung bescheinigt wurde. Über 50.000 von ihnen leben schon länger als fünf Jahre mit diesem unsicheren Status. Ursprünglich gedacht war die Duldung für Personen, deren Abschiebung – etwa aus gesundheitlichen Gründen – nicht kurzfristig möglich ist. Nun ist es ein prekärer Status, in dem sich zehntausende über viele Jahre befinden. Einige von ihnen haben einen Arbeitsplatz gefunden. Für sie sieht der Gesetzentwurf vor, dass sie unter engen Voraussetzungen für zwei Jahre eine "Beschäftigungsduldung" erhalten sollen und evtl. nach zwei weiteren Jahren dann eine Aufenthaltserlaubnis. Um  die Beschäftigungsduldung zu bekommen, sind aber hohe Hürden zu überwinden: Es muss die Identität der Person geklärt sein, der Lebensunterhalt muss vollständig gesichert sein, die Person muss mindestens 35 Stunden sozialversicherungspflichtig arbeiten und beide Ehepartner müssen über gute Deutschkenntnisse (B1) verfügen. Sie müssen zudem vorher mindestens schon zwölf Monate geduldet sein und 18 Monate sozialversicherungspflichtig gearbeitet haben! Es ist leicht abzusehen, dass – sollte es bei diesen sehr restriktiven Erteilungsvoraussetzungen bleiben- nur sehr wenige eine  Beschäftigungsduldung bekommen werden. Wem das also zu weitgehend ist, der möchte, dass die Betroffenen  hier dauerhaft ohne die Möglichkeit der eigenen Lebensunterhaltssicherung leben – und damit notwendigerweise auf Sozialleistungen angewiesen sind. Dann wirft man ihnen vor, sie seien ja nur eingereist, um Sozialleistungen zu beziehen. So schließt sich der Kreis!

Kaum ein Arbeitgeber wird zukünftig Geduldete beschäftigen, bevor sie nicht eine Beschäftigungsduldung erhalten haben, denn er muss ja sonst ständig damit rechnen, dass die Betroffenen jederzeit abgeschoben werden. Es wird also schwer werden, die verlangte 18 monatige sozialversicherungspflichtige Vorbeschäftigung nachzuweisen.

Wer die "inländischen Potentiale heben" will, wie es ja auch so schön im Gesetzentwurf  heißt, der muss jetzt auch praktikable Lösungen anbieten, die den hier beschäftigten Geduldeten – und den Arbeitgebern – tatsächlich eine Perspektive bieten.  Im Interesse der Betroffenen wie auch der zahlreichen Unternehmen, die Geduldete beschäftigt haben oder beschäftigen wollen. Der vorliegende Gesetzentwurf löst diese Aufgabe nicht ein.