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BTHG, Leistungsberechtigter Personenkreis, § 99 SGB IX

Das BMAS hat am 26.11.2018 zum dritten Fachgespräch zur Untersuchung der rechtlichen Wirkungen im Fall der Umsetzung von Artikel 25a § 99 des Bundesteilhabegesetzes (BTHG ab 2023) auf den leistungsberechtigten Personenkreis der Eingliederungshilfe (Artikel 25 Abs. 5 BTHG) eingeladen.

An dem Termin haben Vertreter/-innen der Länder, der örtlichen und überörtlichen Träger der Eingliederungshilfe, der Interessenverbände von Menschen mit Behinderung, der Fach- und Wohlfahrtsverbände sowie Vertreter/-innen des BMAS, der Arbeitsgemeinschaft der Untersuchung (ISG, Universität Kassel, Dr. Schmidt-Ohlemann) und des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) teilgenommen. Zur Vorbereitung des Termins haben die Teilnehmenden den Abschlussbericht der wissenschaftlichen Untersuchung und Vorabinformationen zum geplanten partizipativen Beteiligungsprozess zur Entwicklung der künftigen Zugangskriterien in der Eingliederungshilfe (Anlage) erhalten.

Das Fachgespräch konzentrierte sich auf zwei Themen:
1) Die Präsentation und Besprechung der Ergebnisse des Abschlussberichtes der wissenschaftlichen Untersuchung und
2) die Abstimmung zum weiteren Vorgehen im Rahmen des partizipativen Prozesses.

zu 1) Die Forschungsergebnisse wurden von Herrn Engels (ISG) an Hand von Folien dargestellt. Dabei ging er u. a. auf folgende Aspekte ein:

den Auftrag der Studie,

die Zeitschiene und das methodische Vorgehen,

die Aktenanalysen, Interviews und den Einsatz von Fachkräften und

die Einbeziehung der Lebensbereiche der ICF.

Insbesondere erläuterte er die sechs wesentlichen Forschungsfragen sowie die Ergebnisse der Studie:
1.        Wie lassen sich die in Artikel 25a § 99 Abs. 1 Satz 2 BTHG enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffe konkretisieren?
2.        In welchem Verhältnis steht die Anzahl der Lebensbereiche mit Unterstützungsbedarf zu dem Ausmaß der jeweiligen Einschränkungen?
3.        Welche Kriterien sind im Rahmen einer typisierenden Betrachtung der Unterstützungserfordernisse als spezifisch für die jeweiligen Formen der Beeinträchtigung anzusehen?
4.        Welche Auswirkungen hat die Erweiterung der Definition um „Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren“ auf den leistungsberechtigten Personenkreis?
5.        Welchen Stellenwert hat die ICF-Komponente „Körperfunktionen und -strukturen“ für die Definition?
6.        Werden die zu Leistungen der Teilhabe am Arbeitsleben berechtigten Personen durch die Neudefinition erfasst?

Als Ergebnis der Studie wird u.a. festgehalten, dass sich der leistungsberechtigte Personenkreis durch das neue Verfahren verändert. Damit wird das Kriterium, dass der leistungsberechtigte Personenkreis konstant bleibt, nicht erfüllt. Von den Veränderungen sind laut Bericht einige Personengruppen überdurchschnittlich häufig betroffen (u.a. Menschen mit seelischer Behinderung oder Suchterkrankung, Menschen mit einem Grad der Behinderung unter 50, Empfänger von Hochschulhilfen sowie Beschäftigte auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt). Das ursprüngliche Anliegen des BMAS, eine griffige Definition zu erhalten, bei der der Personenkreis gleich bleibt, ist damit nicht erfüllbar.

In der sich anschließenden Diskussion wurden u.a. folgende Aspekte aufgegriffen:

- Die Rechtssystematik, die Vorgehensweise und die Beteiligung beim Rechtsexperten-WS, die von einigen Teilnehmenden hinterfragt wurden.

- Das Gutachten, welches mit seinen Ergebnissen zu akzeptieren sei.

- Die Rechtsstreitigkeiten in der Vergangenheit, die sich nicht auf Begrifflichkeiten wie "erheblich/wesentlich", sondern auf die Höhe und den Umfang der Leistungen bezogen.

- Die Datenqualität der Studie sowie die Qualität der eingesehen Akten.

- Der inklusiven Sozialraum, der nach Auffassung des BMAS Auswirkungen auf den Unterstützungsbedarf habe (je besser der inklusive Sozialraum, desto weniger Unterstützungsbedarf).

- Die Problematik der Erfassung der Kontextfaktoren, die laut Herrn Schmitt-Ohlemann in einer kleinen AG bei der BAR bearbeitet werden soll.

- Der § 99 SGB IX, der laut BMAS in seinem Grundgerüst - jedoch ohne quantifizierendes Zuordnungsverfahren - erhalten bleiben soll.  

- Die zur Vorbereitung der Beratung übermittelten drei Optionen (Anlage), aber auch die Frage, ob überhaupt eine weitere Konkretisierung der Leistungsberechtigung über § 2 SGB IX hinaus notwendig sei.

- Die Möglichkeit der untergesetzlichen Regelungen und die Orientierungshilfe der BAGüS zum Behinderungsbegriff.

- Die Ergebnisse des Gutachtens als Option 4 aufzunehmen, was jedoch nicht von allen geteilt wurde.

zu 2) Weiteres Vorgehen

Bis zum nächsten Sommer (2019) soll sich die AG Leistungsberechtigter Personenkreis auf die Grundzüge eines Modells verständigen, wie der leistungsberechtigte Personenkreis in der Eingliederungshilfe künftig ausgestaltet werden soll. Der Vorschlag des BMAS zur Besetzung der AG leistungsberechtigter Personenkreis und zur Zeitschiene wurde von den Beteiligten angenommen, wobei die Leistungserbringer Praxisvertreter/-innen benennen können, aber nicht müssen.
Alle Beteiligten sind aufgefordert, Ideen für weitere Optionen bis Ende Dezember einzubringen. Das BMAS wird die Vorschläge und Hinweise zusammenführen und den Teilnehmenden 14 Tage vor der nächsten Beratung zur Verfügung stellen, so dass diese eine Abstimmung innerhalb ihrer Organisationen vornehmen können.

Weitere Beratungstermine sollen im Februar, April und Mai 2019 stattfinden.

Der Abschlussbericht kann unter folgendem Link eingesehen werden.

https://www.der-paritaetische.de/schwerpunkte/bundesteilhabegesetz/modellprojekte/

Vorabinformation zum partizipativen Beteiligungsprozess.pdf