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Menschen mit sichtbarem Migrationshintergrund fühlen sich stärker diskriminiert als solche ohne phänotypische Differenz

Neue Daten und Fakten des aktuellen Integrationsbarometers des Sachverständigenrates deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR): 48% aller Betroffenen, deren Migrationshintergrund aufgrund ihres Erscheinungsbildes erkennbar ist, sprechen von Diskriminierungserfahrungen; der Wert steigt auf 59% bei denjenigen, die zusätzlich einen Akzent haben

Mithilfe einer umfangreichen Datenbasis, hier der SVR-Integrationsbarometer 2016, wurde nun festgestellt, dass Menschen, die offenbar einen Migrationshintergrund haben, stärker von Diskriminierung betroffen sind. In der vor kurzem veröffentlichten Studie gaben 48% der 5.396 befragten Personen mit und ohne einem sichtbaren Migrationshintergrund (in der Studie werden Indikatoren wie Hautfarbe, Gesichtszüge oder Kopftuch genannt) an, stark von Diskriminierung betroffen zu sein. Wird in der verbalen Kommunikation ein Akzent erkennbar, steigt der Anteil derer, die von Diskriminierungserfahrungen sprechen, auf 59% an. Einen erkennbaren Unterschied gibt es auch zwischen den Herkunftsgruppen: während 54% der Befragten mit Türkeibezug Diskriminierungserfahrungen machen, sind es unter den Spätaussiedler/-innen 34% bzw. 26% bei EU-Bürger/-innen.
Den größeren Effekt auf Diskriminierungserleben hat jedoch die Religionszugehörigkeit von Menschen mit Migrationshintergrund. Mit 55 Prozent fühlen sich Zugewanderte muslimischen Glaubens deutlich häufiger diskriminiert als Zugewanderte mit christlicher (29 %) oder ohne Glaubenszugehörigkeit(32 %). Ein Erklärungsmuster nach weitergehenden Analysen sind die durch etliche Untersuchungen belegenden abwertenden, weit verbreiteten Einstellungen gegenüber Muslim/-innen in der hiesigen Gesellschaft.

Die Studie zeigt auf, dass äußere Merkmale, die ethnische Gruppengrenzen markieren, Auslöser für Diskriminierungshandeln sein können. Aus den Ergebnissen des Barometers kann geschlossen werden: je sichtbarer Merkmale in Erscheinung treten, desto stärker ist die Wahrnehmung der subjektiven Diskriminierung. Dies ist ebenso der Fall, wenn multiple Merkmale wie z.B. Hautfarbe und sichtbare religiöse Symbole gleichzeitig auftreten.

Eine mögliche Verbindung zwischen Benachteiligung und phänotypischer Differenz wurde erstmals in dem SVR-Integrationsbarometer 2016 untersucht. Eine vertiefte, weiterführende Untersuchung sollte in Betracht gezogen werden.

Die Ergebnisse des Integrationsbarometers bestätigen andere aktuelle Studien zu Diskriminierung aufgrund der ethnischen/religiösen Zugehörigkeit mit Blick auf Arbeits-, Bildungs- und Wohnungsmarkt. Langfristig kann jede Art von Diskriminierung, einzeln betrachtet, zu einem individuellen Trauma oder aber zu struktureller Schlechterstellung ganzer Zuwanderer/-innengruppen führen und schlimmstenfalls den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährden.

Für das SVR-Integrationsbarometer 2016 wurden bundesweit 5.396 Personen befragt, davon 1.333 Personen ohne Migrationshintergrund, 999 Spät-/Aussiedlerinnen und Spät-/Aussiedler, 1.003 Menschen aus der Türkei, 1.037 Zugewanderte aus einem EU-Land und 1.024 Menschen mit einem Migrationshintergrund aus der „übrigen Welt“. Die Ergebnisse sind sowohl für Menschen mit und ohne Migrationshintergrund als auch für die einzelnen genannten Herkunftsgruppen repräsentativ. Die Herkunftsgruppen wurden durch Gewichtung den Verhältnissen in der Gesamtbevölkerung angepasst.
Die Befragung wurde zwischen März und August 2015 von der BIK Aschpurwis + Behrens GmbH über Mobilfunk und Festnetz durchgeführt.

SVR-FB_Diskriminierungserfahrungen-1.pdfSVR-FB_Diskriminierungserfahrungen-1.pdf