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Stellungnahme zum Referentenentwurf des Ausländerbeschäftigungsförderungsgesetzes

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat einen Referentenentwurf für das sogenannte „Ausländerbeschäftigungsförderungsgesetz“ vorgelegt. Darin enthalten sind wesentliche Verbesserungen beim Zugang zur Ausbildungsförderung und zum Zugang zur berufsbezogenen Deutschsprachförderung, weshalb der Paritätische den Entwurf grundsätzlich positiv bewertet. Darüber hinaus aber auch Änderungsvorschläge unterbreitet hat.

Der Referentenentwurf zum Gesetz zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung von Ausländerinnen und Ausländern enthält insbesondere für Unionsbürger*innen und z. B. Personen mit § 17 oder § 38a AufenthG, aber auch für Menschen mit Duldung und zum Teil mit Gestattung wesentliche Verbesserungen beim Zugang zur Ausbildungsförderung und zum Zugang zur berufsbezogenen Deutschsprachförderung.

 

Die wichtigsten Inhalte:

· weitgehende Entkoppelung der Leistungen der Ausbildungsförderung im SGB III (insbesondere abH und ASA, aber
überwiegend auch BAB und BvB) von ausländerrechtlichen Zusatzvoraussetzungen wie Aufenthaltsstatus oder

Voraufenthaltszeiten

· Öffnung der berufsbezogenen Deutschsprachförderung für einen größeren Personenkreis mit Aufenthaltsgestattung und
Duldung

· Anspruch auf Arbeitslosengeld I auch während der Teilnahme an einem Integrationskurs.

· Entfristung der Öffnung bestimmter Leistungen der aktiven Arbeitsförderung für Personen mit Aufenthaltsgestattung und „guter
Bleibeperspektive“ bereits während der ersten Monate des Aufenthalts

 

Die meisten Vorschläge sind überwiegend als überraschend positiv zu bewerten, allerdings gibt es auch Nachbesserungsbedarf:

 

· Der Entwurf sieht vor, dass Personen mit Aufenthaltsgestattung von Berufsausbildungsbeihilfe(BAB)-Förderung ausgeschlossen bleiben sollen - künftig sogar diejenigen aus den TOP-5-Staaten, wenn sie nach 1. Januar 2020 die Ausbildung beginnen. Stattdessen ist geplant, über eine parallele Änderung von § 2 AsylbLG den Lebensunterhalt für sie während der Ausbildung über das AsylbLG sicher zu stellen. Das hält der Paritätische für falsch. Warum Gestattete kategorisch von BAB-Leistungen ausgeschlossen und auf das Sondersystem des AsylbLG verwiesen werden sollen, erschließt sich systematisch und logisch nicht. Zudem würde die im Referentenentwurf angedachte Regelung nur bei tatsächlich gleichzeitig umgesetzter Änderung des AsylbLG funktionieren. Besser wäre daher eine Eingliederung auch dieser Personengruppe in die Regelförderung der BAB.

· Die Förderung einer außerbetrieblichen Berufsausbildung (BaE) soll nach dem Gesetzentwurf weiterhin vielen ausländischen Staatsangehörigen verschlossen bleiben.
Der Zugang zu BaE soll nach den vorliegenden Plänen von einer Vielzahl (neuer) ausländerrechtlicher Sonder- und Zusatzvoraussetzungen abhängig sein. Dies würde für einige Gruppen (z. B. Personen mit Aufenthaltsgestattung und Duldung) sogar eine Verschlechterung gegenüber der bisherigen Rechtslage bedeuten. Das ist weder sinnvoll noch nachvollziehbar. Darüber hinaus ist die geplante Norm zur BaE derart unübersichtlich und komplex, dass sie in der Praxis kaum handhabbar sein dürfte. Nach Überzeugung des Paritätischen ist die geplante Regelung außerdem für bestimmte Gruppen von Unionsbürger*innen europarechtlich nicht zulässig.

· Die Berufsbezogene Deutschsprachförderung soll zwar für viele Menschen mit Duldung und Gestattung geöffnet werden, die Integrationskurse aber nicht.
Die Öffnung der Angebote zur berufsbezogenen Deutschsprachförderung für weitere Gruppen von Personen mit Aufenthaltsgestattung und Duldung ist sinnvoll und überfällig. Notwendig ist jedoch, dass eine entsprechende Öffnung auch hinsichtlich der Integrationskurse (für die nicht das BMAS zuständig ist, sondern das BMI) umgesetzt wird, da der Integrationskurs in der Regel Voraussetzung für die berufsbezogene Deutschsprachförderung ist.

· Auch die Förderung einer schulischen Ausbildung oder eines Studiums durch BAföG muss von ausländerrechtlichen Zusatzvoraussetzungen ausgenommen werden
Die weitgehende Streichung von ausländerrechtlichen Sondervoraussetzungen in der Ausbildungsförderung des SGB III während betrieblicher Berufsausbildungen ist notwendig und sinnvoll. Ein vergleichbarer Handlungsbedarf besteht für die Ausbildungsförderung nach BAföG während schulischer Berufsausbildungen oder während Studium. Dies fehlt im Gesetzentwurf.

· Die frühzeitige Arbeitsförderung sollte für alle Personen mit Aufenthaltsgestattung eröffnet werden
Die Einschränkung auf Menschen mit zu erwartender „guter Bleibeperspektive“ sollte gestrichen werden. Dieses Kriterium – zumal gesetzlich nicht konkretisiert – hat sich in der Praxis als ungeeignet erwiesen und entspricht keiner realitätsgerechten Prognose. Die Bleibeperspektive kann im Vorfeld kaum prognostiziert werden (erst Recht nicht allein aufgrund einer statistischen Anerkennungswahrscheinlichkeit durch das BAMF) und sollte daher gestrichen werden. Andernfalls droht eine Arbeitsmarktintegration vieler Menschen verhindert zu werden, obwohl sie langfristig in Deutschland leben werden.

 

Da derzeit eine ganze Reihe von Gesetzesentwürfen vorliegen, ist zu berücksichtigen, dass es weiterer Änderungen bedarf, damit die angestrebten Verbesserungen nicht aufgrund anderer Regelungen oder Gesetzesvorhaben ins Leere laufen.

So muss zum einen die Vorrangprüfung im Blick behalten werden, denn diese droht für Personen mit Aufenthaltsgestattung und Duldung wieder eingeführt zu werden. Wenn nicht bis August 2019 eine Änderung von § 32 BeschV beschlossen werden sollte, wird automatisch wieder die Vorrangprüfung für alle Personen mit Duldung und Gestattung greifen – und zwar bundesweit flächendeckend. Und das nicht nur in den ersten 15 Monaten, sondern sogar in den ersten vier Jahren des Aufenthalts. Fast alle Erleichterungen beim Arbeitsmarktzugang der letzten Jahre wären damit automatisch wieder abgeschafft. Dann wäre auch eine Beschäftigung in Leiharbeitsverträgen nicht mehr möglich. Hier muss dringend eine Regelung gefunden werden, die die Vorrangprüfung dauerhaft abschafft. Leider ist im vorliegenden Gesetzentwurf (und auch sämtlichen anderen Vorhaben der Bundesregierung) dazu nichts enthalten.

 

Zum anderen werden sämtliche Verbesserungen durch die Verschärfungen im sog. „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“ und in der verlängerten Unterbringung bis zu zwei Jahre bedroht. Denn dann besteht für viele Gruppen überhaupt kein Arbeitsmarktzugang mehr und die besten Förderinstrumente bleiben unwirksam, weil sie kaum eine*r mehr in Anspruch nehmen kann.

Hier ist der Referentenentwurf zur Ausländerbeschäftigungsförderungsgesetz und die ausführliche Stellungnahme des Paritätischen erhalten Sie anbei.

Stellungnahme Ref.entwurf Ausbildung_Beschaeftigung von Auslaendern.pdf