Zum Hauptinhalt springen

Geschlechtliche Selbstbestimmung ist ein Menschenrecht

Erstellt von Greta Schabram

Geschlechtliche Identität ist von fundamentaler Bedeutung für alle Menschen. Sie ist eine höchstpersönliche Angelegenheit und steht deshalb unter dem Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.

Das Recht, in dem selbst als richtig empfundenen Geschlecht zu leben, ist in Deutschland nur unzureichend umgesetzt. Bislang ist eine positive, identitätsstiftende Geschlechtsangabe neben den binären Einträgen männlich und weiblich nicht vorgesehen. Um endlich das gleiche Recht auf ein Leben im richtigen Geschlecht zu verwirklichen, brauchen trans- und intergeschlechtliche Menschen

1.    die Registrierung und Anerkennung weiterer Geschlechter – eine „wirkliche“ dritte Option,
2.    ein Verfahren zur Änderung des Geschlechtseintrags, das auf die Stimme der einzig zum eigenen Geschlecht aussagefähigen Person hört: die Person selbst.

Für intergeschlechtliche Menschen ist der Gesetzgeber durch das Bundesverfassungsgericht aufgefordert, aktiv zu werden. Im Oktober 2017 wurde einer Klage der intergeschlechtlichen Person „Vanja“ auf einen identitätsstiftenden, dritten Geschlechtseintrag stattgegeben. Bis Ende 2018 muss die Bundesregierung eine verfassungsgemäße Neuregelung schaffen, die auch die geschlechtliche Identität jener Personen schützt, die weder männlich noch weiblich zuzuordnen sind. Das Urteil hebt zudem die Bedeutung der geschlechtlichen Selbstbestimmung hervor, da andernfalls die selbstbestimmte Entwicklung und Wahrung der Persönlichkeit dieser Person spezifisch gefährdet sei.

Für transgeschlechtliche Menschen gilt das 1980 eingeführte sogenannte „Transsexuellengesetz“ (TSG), das sowohl die Veränderung des Vornamens als auch des Geschlechtseintrags regelt. Als Voraussetzung bedarf es nicht nur eines gerichtlichen Verfahrens, nach dem am Ende per Gericht über den Geschlechtseintrag und Vornamen der Person entschieden wird.  Die betreffenden Personen müssen zudem Gutachten von zwei Sachverständigen einholen und sich damit in eine psychologische Begutachtung begeben. Studien bestätigen, dass die Verfahren in vielen Fällen nicht nur zeitaufwändig und teuer sind, sondern auch entwürdigend und diskriminierend sein können. Wissenschaftliche Gutachten weisen darauf hin, dass allein aus menschenrechtlicher Perspektive großer Handlungsbedarf hinsichtlich geschlechtlicher Selbstbestimmung besteht.

Deshalb fordern wir die Einführung eines weiteren Geschlechtseintrags:

  • Ein Nicht-binärer Geschlechtseintrag muss für alle Menschen möglich sein, insbesondere für trans- und intergeschlechtliche Menschen.
  • Ein Nicht-binärer Geschlechtseintrag darf nicht unter der Voraussetzung stigmatisierender medizinischer oder psychiatrischer Begutachtungen stehen.
  • Ein Nicht-binärer Geschlechtseintrag muss allein über das Verfahren der Selbsterklärung der Person zu erreichen sein.
  • Ein Nicht-binärer Geschlechtseintrag soll eine durch die Betroffenen selbstgewählte Benennung finden.

Zudem fordern wir:

  • den Schutz der körperlichen Unversehrtheit und geschlechtlichen Selbstbestimmung von intergeschlechtlichen Kindern durch ein Verbot medizinisch nicht zwingend notwendiger geschlechtszuweisender oder -anpassender Eingriffe – am besten in Form einer Europäischen Lösung und
  • eine Ausweitung von Beratungsanspruch und Beratungsangeboten zu geschlechtlicher Vielfalt.


Was sind Intergeschlechtlichkeit und Transgeschlechtlichkeit?

Der Begriff Intergeschlechtlichkeit meint Menschen, deren körperlich-biologisches Geschlecht nicht in die medizinische und gesellschaftliche Norm weiblicher und männlicher Körper passt. Dies kann in der Ausprägung der Chromosomen, der Keimdrüsen oder der anatomischen Entwicklung von primären oder sekundären Geschlechtsmerkmalen begründet sein.
Der Begriff Transgeschlechtlichkeit meint Menschen, die sich nicht (nur) mit dem ihnen bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht identifizieren. Der Begriff bezieht sich damit auf die Vielzahl der Geschlechtsidentitäten.
In beiden Personengruppen befinden sich sowohl Menschen, die sich mit einem binären Geschlecht (männlich oder weiblich) identifizieren als auch solche, die das nicht tun.

 

"Geschlechtliche Selbstbestimmung ist ein Menschenrecht" als Flugblatt der Kampagne "Mensch, du hast Recht!"

"Geschlechtliche Selbstbestimmung ist ein Menschenrecht" als Plakat