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Expertise: Arm, abgehängt, ausgegrenzt. Eine Untersuchung zu Mangellagen eines Lebens mit Hartz IV

Alle fünf Jahre ist der Gesetzgeber gefordert, das menschenwürdige Existenzminimum neu zu ermitteln. In dieser Expertise wird die Frage der Bedarfsdeckung in den Mittelpunkt gestellt: Reichen die Grundsicherungsleistungen für soziale und kulturelle Teilhabe?

Der Aufbau der Expertise ist wie folgt: Zunächst werden die Grundsicherungsleistungen in ihrer relativen Höhe analysiert. Gefragt wird: Reichen die durchschnittlichen Leistungen aus, um Einkommensarmut der Leistungsberechtigten zu verhindern? In einem weiteren Schritt wird der Abstand der Leistungen zur Armutsrisikoschwelle analysiert („Armutslücke”). Diese Analyse wird für verschiedene Haushaltszusammensetzungen durchgeführt, um zu ermitteln welche Haushalte ggf. nach diesem Indikator besonders problematische Lebenslagen haben. Um die zeitliche Entwicklung abzubilden, werden zwei Zeitpunkte – 2010 und 2018 als das Jahre der jüngsten EVS-Erhebung – betrachtet. Damit lässt sich die Frage beantworten, ob die Entwicklung der Grundsicherungsleistungen einen Beitrag zu einer sozialen Angleichung leisten oder nicht.

In einem zweiten Kapitel wird folgende Frage analysiert: Inwieweit ist mit Hartz IV eine angemessene Ernährung sichergestellt? Die Sicherstellung einer angemessenen Ernährung – die Vermeidung von Hunger und Unter- oder Fehlernährung – ist eine der vordringlichen Aufgaben der Grundsicherung, da sie die physische Existenz berührt. Zudem ist der Anteil für Ernährung und Getränke mit etwa einem Drittel der größte Einzelposten bei dem Regelbedarf. Die Prüfung der Bedarfsdeckung in diesem Bereich ist daher von herausragender Bedeutung. Hier werden zunächst Ergebnisse einer eigenen Auswertung der SOEP- Daten präsentiert, nämlich ob Hartz-IV-beziehende Haushalte sich alle zwei Tage eine warme Mahlzeit mit Fleisch, Fisch oder Geflügel leisten können. Zusätzlich werden die Ergebnisse einer Studie referiert, die die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung für eine gesunde Ernährung in einen Warenkorb übersetzt hat. Für die Bedarfsdeckung zentral ist: Kann dieser Warenkorb mit den Mitteln der Grundsicherung finanziert werden?

In einem dritten Kapitel werden Hartz IV beziehende Haushalte in Bezug auf verschiedene Aspekte der sog. materiellen Entbehrung untersucht und mit Haushalten oberhalb der Hartz-IV-Schwelle verglichen. Die Leitfrage lautet: Was fehlt bei Hartz-IV-Leistungsberechtigten? Bei welchen Aspekten des täglichen Lebens spüren Hartz-IV-Leistungsberechtigte besondere Defizite? Die Analyse der Ausstattung der Haushalte insgesamt gibt darüber hinaus einen Hinweis auf den „Entwicklungsstand eines Gemeinwesens”. Hier zeigt sich beispielsweise, dass der Besitz eines Autos unter den gegebenen Bedingungen von fehlenden Alternativen zur Mobilitätssicherung gesellschaftlicher Standard ist. Dieser Sachverhalt ist auch bei der Regelbedarfsermittlung zu berücksichtigen.