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Projekt zur Digitalen Kommunikation

#GleichImNetz

Smartphone auf einem einem Tisch: Auf dem Bildschirm steht groß "Hello"
Tyler Lastovich/Unsplash
Wie können wir sozialen Organisationen zu mehr Internetpräsenz verhelfen? Wie können wir den Menschen, für die wir uns als freie Wohlfahrtspflege täglich einsetzen, auch online Gehör verschaffen? Wie können wir soziale Werte in Online-Debatten am geschicktesten platzieren? Wie können wir uns untereinander – fachlich, organisatorisch, privat – mit Hilfe digitaler Kommunikationsmittel noch besser vernetzen und ortsungebunden zusammenarbeiten? An diesen Fragen setzt das Projekt #GleichImNetz des Paritätischen Gesamtverbands an.
Fünf Handys werden von Personen, die im Kreis stehen, ins Bild gehalten. Vor diesem Hintergrund schweben Symbolbilder für Anzahl Likes, Anzahl Faces, Anzahl Kommentare etc. verschiedener Social-Media-Plattformen
zur Verfügung gestellt von Canva
Symbolbild Social Media-Strategie

Social Media-Strategie ausarbeiten - Teil 1: Vorgehen und Marktüberblick

Mit “einfach mal machen!” starten viele Organisationen in die Öffentlichkeitsarbeit per Social Media - und das ist keine schlechte Herangehensweise. Doch spätestens, wenn die Aufwand-Nutzen-Frage aufkommt, ist es sinnvoll, einen Schritt zurückzutreten und das eigene Social Media-Engagement strategisch anzupassen. Wir erläutern anhand einer möglichen Vorgehensweise, was dabei zu beachten ist.

Es gibt zahlreiche methodische Vorgehensweisen, eine Social Media-Strategie für die eigene Organisation auszuarbeiten. Inhaltlich ähneln sich deren Fragestellungen aber sehr. Diesem Beitrag legen wir das Vorgehen des Paritätischen Landesverbands Bayern zugrunde, der sich eingehend Zeit genommen und externe Unterstützung hinzugezogen hatte, um seinen Social Media-Einstieg professionell zu planen. Beim Digi-Dienstag im Juni 2022 wurde uns der Prozess ausführlich vorgestellt. Seine Einzelschritte orientierten sich an dem Beratungsinstrument AKEU, einem Prozesskreislauf aus Analyse, Konzeption, operativer Umsetzung und Evaluation.

Hier und da haben wir uns erlaubt, die einzelnen Schritte aus unserer #GleichImNetz-Beratungserfahrung inhaltlich zu ergänzen. Dazu gehört, dass wir viele Organisationen kennengelernt haben, die ihre Social-Media-Aktivitäten ohne ausführliche Planung begannen und damit gut gefahren sind. Sollte sich bereits eine Social-Media-affine, motivierte und experimentierfreudige Person in Ihren Reihen befinden, ist es für den Anfang oft schon ausreichend, diese mit Vertrauen und den nötigen Handlungsfreiheiten zu unterstützen. Früher oder später tauchen auch bei diesem Modell grundlegende Fragen zur weiteren Ausgestaltung und Professionalisierung auf, die in den vorliegenden drei Webzeugkoffer-Beiträgen im Rahmen des Phasenmodells behandelt werden.

 

Analyse-Phase

In dieser Phase geht es darum, einen Marktüberblick zu erhalten:

  • Welche Social-Media-Kanäle gibt es und welche Merkmale, Stärken und Schwächen haben sie jeweils? Von welchen Bevölkerungsgruppen werden sie hauptsächlich genutzt?
  • Welche aktuellen Trends finden sich derzeit in der Social-Media-Welt? Etwa bezüglich neuer Plattformen, interessanter Content-Formate, beliebter Themen u.ä.
  • Wo gibt es vielversprechende Überschneidungen zu den Zielen, Zielgruppen, Werten, aber auch bereits vorhandenem Engagement aus der eigenen Organisation?
  • Außerdem interessant: Wie arbeiten vergleichbare Organisationen mit den verschiedenen Kanälen?

Gerade für Unerfahrene lohnt es sich sehr, an dieser Stelle externe Beratung hinzuzuziehen. Das können eine Agentur sein oder auch erfahrene Kolleg*innen von befreundeten Organisationen - der zuständige Landesverband hat sicherlich Vorschläge und Kontakte parat. Weiterhin lohnt sich der Besuch spezieller Social-Media-Veranstaltungen, etwa von Ihrem Landesverband oder vom Projekt #GleichImNetz - hier z.B. die Social Media-Sprechstunde beim Digi-Dienstag. Auf dem Markt finden sich viele passende Handbücher und Broschüren, etwa die kostenlose Broschüre “Digital Netzwerken: Zum Aufbau einer Social Media-Strategie”. Und schließlich eignen sich einschlägige Blogs und Newsletter wie etwa https://allfacebook.de oder https://socialmediawatchblog.de/ zur Vertiefung.

Allen Social-Media-Kanälen ist gemeinsam, dass es sich um interaktive Kommunikations-Plattformen handelt, deren Möglichkeiten erheblich über konventionelles Senden und Streuen von Informationen hinausgehen. Gute Social-Media-Arbeit zeichnet sich dadurch aus, mit den anderen User*innen - und vor allem den eigenen Follower*innen - in Kontakt zu bleiben. Jedes Social-Media-Netzwerk prägt seine eigenen Formate, Kommunikationskulturen und bevorzugten Inhalte. 

Für die weiteren strategischen Überlegungen ist ein grober Überblick sehr nützlich. Im Rahmen unserer #GleichImNetz-Beratung greifen wir gerne auf folgende pointiert umrissene Kanal-Charakterisierungen zurück. Freilich lässt sich im Einzelnen noch sehr viel mehr zu den jeweiligen Diensten sagen. Die Links verweisen auf jeweils vertiefende Beiträge in unserem Webzeugkoffer.

  • Facebook: Die Kneipe. Dort trifft sich praktisch jede*r, aber bevorzugt gesetzteren Alters (>35). Es dient der Freizeitbeschäftigung, d.h. es kommen praktisch alle Themen vor, man verabredet sich, zeigt Urlaubsfotos, bildet Interessengruppen, spielt etc. Anspruchsvollere inhaltliche Debatten sind eher selten anzutreffen.
    Facebook sortiert Inhalte sehr stark nach Beziehungsgrad und Resonanz und monetarisiert die Informationsverbreitung: Wer neue Kreise ansprechen will, muss früher oder später dafür zahlen.
    Facebook eignet sich gut für allgemeine Öffentlichkeitsarbeit unter potentiellen Klient*innen und Mitarbeiter*innen, noch besser für die Pflege einer (regionalen?) Austauschgruppe mit präziser Themenstellung.
  • Twitter: Das Megafon. Die User*innenschar von Twitter ist vergleichsweise überschaubar, aber konzentriert: Hier finden sich viele Menschen, die politisch oder journalistisch arbeiten (oder aus anderen Gründen ein starkes Sendungsbewusstsein haben). Die Längenbeschränkung für Nachrichten forciert einen pointierten, mitunter auch polemischen Schreibstil.
    Twitter eignet sich gut für Lobbyarbeit, für Direktkontakte zu Politik und Medien und für eigene politische Stellungnahmen.
  • Instagram: Die Galerie. Bilder - und Videos - zählen hier erheblich mehr als die Worte. Das Netzwerk wurde ursprünglich vor allem zur Augenweide und Zerstreuung genutzt, seit einiger Zeit ist ein Trend auch zu informativen Inhalten erkennbar. Dank der Konkurrenz durch TikTok belohnt Instagram Nutzer*innen, die sein Videoformat “Reel” (hochformatige Kurzvideos) verwenden. Das Miteinander gilt als freundlicher als bei den anderen Netzwerken. Dafür ist es aber auch schwieriger, hier gewichtigere Inhalte unterzubringen. Die Nutzer*innenstruktur von Instagram gilt als jünger und weiblicher als bei den zuvor beschriebenen Netzwerken.
    Instagram setzt voraus, regelmäßiges und ansprechendes Bild- (Fotos, Grafiken) und Videomaterial parat zu haben. Dann eignet es sich allerdings sehr gut, ein positives Image der eigenen Organisation zu verbreiten.
  • YouTube: Der Fernseher. YouTube lässt sich nicht eindeutig einordnen, seine Bedeutung als Suchmaschine und Videospeicher ist zu groß. Viele Menschen nutzen YouTube als TV-Ersatz, weil sich dort praktisch alles an Unterhaltung, Lernvideos oder Special-Interest-Inhalten finden lässt.
    Wer die eigene Videoproduktion auf Basis von YouTube ausbauen möchte, sollte einigermaßen professionalisiert sein: Die Nutzer*innen sind inzwischen sehr anspruchsvoll geworden.
  • LinkedIn/ Xing: Die Karriereschmieden. Hier trifft sich, wer aktiv am beruflichen Profil und der eigenen Bekanntheit arbeiten möchte. Inhalte dürfen lang sein und wer etwas Wertvolles beizutragen hat, kann auch unabhängig von der Aktualität viel Resonanz erhalten. Umgekehrt eignet sich das Netzwerk weniger für Stimmungsposts und Alltagsthemen.
    Wer auf der Suche nach neuen Mitarbeiter*innen ist, sollte Xing oder LinkedIn in Erwägung ziehen. Aber Vorsicht, auch hier ist der Arbeitsaufwand nicht zu unterschätzen.
  • TikTok: Die Talentshow. Das Publikum ist jung und es tanzt, posed oder singt in kurzen Videos und auf Basis einer riesigen Bibliothek an Musik- und Soundschnipseln. Unterhaltung und Kreativität stehen hier klar an erster Stelle, dennoch finden sich auch Kanäle zu ernsten und politischen Themen mit durchaus bemerkenswertem Verbreitungsgrad.
    TikTok dient (derzeit, 2022) vor allem Jugendlichen als bevorzugte Informationsquelle. Es erfordert viel Freude am Experimentieren und ein gutes Gespür für die richtige Balance aus Trendhopping und Authentisch-bleiben. Dafür dürfen die Videos erkennbar handgemacht bleiben - die Ideen sind es, die zählen.

Diese Liste kann beliebig ergänzt werden, etwa um BeReal oder Campfire, um nicht-kommerzielle Alternativen (das sogenannte Fediverse) wie Mastodon, Friendica oder Peertube, oder um Messenger-Gruppen auf Telegram, Discord oder Signal.
Übrigens: Im Digi-Dienstag-Archiv finden sich beim Erklär-Format “Tools&Technik” Präsentationen, Protokolle und tw. Videomitschnitte zu einigen dieser Social-Media-Kanäle, etwa zu Instagram, TikTok, Xing und Telegram.
 

Der Paritätische Landesverband Bayern entschied sich nach seiner Analyse, Social-Media-Präsenzen auf Facebook, Twitter und Instagram aufzubauen.