Webzeugkoffer: Welcher Videokonferenzanbieter passt zu uns?
Menge, Vorteile und Kehrseiten der gängigen Videokonferenzdienste verwirren leicht. Anhand praxisnaher Fragen ermöglicht unsere Entscheidungshilfe, sich Stück für Stück den passenden Anbieter rauszusuchen.
Die folgenden Fragen sollen bei der informierten Entscheidung für ein bestimmtes Verfahren bzw. Videoanbieter helfen. Dieser Beitrag versteht sich als Ergänzung zu den Webzeugkoffer-Beiträgen „Wie organisiere ich eine Videokonferenz“, „Wir müssen unsere Beratung nun online anbieten – Tipps und Hinweise“ sowie „Arbeitshilfe: Virtuelle Treffen in Selbsthilfegruppen“. Links und Erläuterungen zu den genannten Diensten finden sich größtenteils in unserem Videokonferenz-Beitrag.
Ist die Videokonferenz das nötige Medium zum gewünschten Zweck?
Videokonferenzen ermöglichen u.a. besseres Gruppengefühl; Telefonkonferenzen laufen aber oft konzentrierter ab, eignen sich gut für Sachthemen und haben vergleichsweise geringe technische Voraussetzungen.
Welche technischen Gegebenheiten kann ich bei den Teilnehmenden voraussetzen?
Haben alle neue Rechner und Software? -> Das spricht für browserbasierte Videokonferenzen (Clickdoc, Jitsi, Zoom, Webex). Oder gibt es sehr unterschiedliche Hardware-Voraussetzungen? -> Dann müssten Anbieter mit kompatibler Client-Software und/oder Telefoneinwahl eingeplant werden (Blizz, Alfaview, Zoom, Webex).
Ist die Gruppe geschlossen oder können/sollen sich auch nicht zuvor bekannte Teilnehmende zuschalten können?
Im letzten Fall sollte von einer diversen technischen Ausstattung ausgegangen werden (siehe Frage zuvor). Ggf. müssten außerdem zusätzliche Maßnahmen bzgl. Sicherheit und Privatsphäre getroffen werden (s.u.).
Um wie viele Teilnehmende geht es?
Bei nur einem oder zwei Teilnehmenden bietet sich Clickdoc an; ggf. auch der Videoanruf über den Messenger Wire. Bei kleinen Gruppen sind Jitsi oder Blizz (letzterer: bis zu fünf) problem- und kostenlos nutzbar. Bei größeren Gruppen gerät Jitsi leider oft an seine Grenzen – mit allen anderen Anbietern ist es eine Frage der gewünschten Leistungsmerkmale und Kosten.
Welche Anforderungen bestehen bzgl. Datenschutz und Schutz der Privatsphären?
Ärztliche und therapeutische Online-Betreuung hat über zertifizierte Anbieter zu erfolgen (der Paritätische hat einen Rahmenvertrag mit CGM Clickdoc – weitere Anbieter finden sich auf der Liste der kassenärztlichen Vereinigung). Wer allgemeine Videokonferenzanbieter nutzt und dabei in Datenschutzfragen sichergehen möchte, sollte Anbieter wählen, die auf EU-Servern arbeiten bzw. deren Datenverkehr sich auf EU-Server einschränken lässt. Ende-zu-Ende-Verschlüsselung auch für Gruppenkonferenzen bietet Blizz.
Neben der Anbieterwahl braucht es ggf. Maßnahmen zur Zugangsbeschränkung (etwa Zwang zur Voranmeldung, Einrichtung eines Warteraums) sowie gemeinsame Verabredungen zur Vertraulichkeit (Schweigepflicht, Aufnahme- und Screenshotverbot etc. – siehe Mustererklärung in der Arbeitshilfe für Selbsthilfegruppen). Teilnehmende, die nicht gesehen werden oder anonym bleiben wollen, können sich telefonisch in eine Videokonferenz einwählen, sofern der Anbieter dies erlaubt. Alternativ können sie die Webkamera ausstellen bzw. abdecken und sich mit einem Phantasienamen anmelden.
Gibt es besondere Anforderungen hinsichtlich Barrierefreiheit?
Leider ist uns derzeit kein Anbieter bekannt, der diesbezüglich empfohlen werden kann. Wie die BAG Selbsthilfe in Ihrem Leitfaden aufzeigt, bieten einige Anbieter zumindest teilweise Unterstützungstechnologien an.
Sind Features wie Konferenz-Vorplanung, Breakout-Rooms, Whiteboard nötig?
Alle hier aufgeführten Lösungen bieten als Grundfunktionen Teilnehmer*innen-Chats und das Teilen von Fenster-/Bildschirminhalten. Wer sich für die anderen genannten Funktionen interessiert, wird in der untenstehenden Tabelle fündig. „Breakout-Rooms“ bedeutet die Möglichkeit, die laufende Session in Unter-Gruppen aufzuteilen (und wieder zurückzuholen).
Tabellarische Übersicht
| Jitsi | Zoom | Cisco Webex | Blizz | Alfaview |
---|---|---|---|---|---|
im Browser (1) | Ja | Ja | ja | nein | nein |
Desktop-Client | In Entwicklung (2) | Ja | Ja | Ja | Ja |
Apps f. Smartphone | Ja | Ja | Ja | Ja | (Ja) |
Telefoneinwahl? | Tw. (3) | Ja | ja | Ja | Nein |
TN & Dauer kostenfreie Variante | Theoretisch unbegrenzt (4) | 100 TN., max. 40 Minuten pro Session | 100 TN, bis 24 Std./Session | 5 TN | 50 TN (50 Räume) |
Kosten/Monat nach Anzahl Teilnehmenden | - | 14 € / 100 TN. (max. 24 Std. pro Session); 19 € / 300 TN … | 14,25 € / 100 TN; 28,50 € / 200 TN; …
| 7,14 € / 10 TN; 16,66 € / 25 TN; … | 3,90 € / Raum / 100 TN (Rabatt bei längerer Laufzeit) (5) |
Serverstandort | Nach Wahl (D); eigenes Hosting möglich | USA; weitere Standorte ausschließbar | USA; eigenes Hosting möglich | EU | D |
Verschlüsselung | Transport | Transport | Transport | Transport, Ende-zu-Ende | Transport |
Konferenz-Planung | Nein | Ja | Ja | ja | Exklusive Räume, aber ohne Zeitplanung |
Breakout-Rooms? | Simulierbar (parallele Meetings anmelden) | Ja | Nein | Nein | Ja, bis zu 50 pro Konferenzraum |
Whiteboard integriert | Nein | Ja | Ja | Ja | Nein |
(1) Die browserbasierten Konferenzangebote bauen praktisch alle auf derselben technischen Lösung auf.
(2) Für Jitsi ist ein Desktop-Client („Jitsi meets Electron“) in Entwicklung, der flüssige Jitsi-Teilnahme auch ohne geeigneten Browser erlauben soll.
(3) Da Jitsi-Meet-Instanzen ehrenamtlich und ohne Gebühren angeboten werden, nutzen nur wenige Anbieter die Dial-In-Schnittstelle (siehe Übersicht).
(4) Die Anzahl Jitsi-Teilnehmenden wird v.a. von der Technikausstattung der Teilnehmenden und der Auslastung des genutzten Servers beschränkt.
(5) Der zuvor kostenlose Tarif alfaview free plus für u.a. Vereine und gemeinnützige Institutionen wird am 31.1.2021 durch einen reduzierten Non-Profit-Tarif abgelöst. In diesem Tarif können 12 Personen gleichzeitig per Video konferieren und 88 weitere ohne Video teilnehmen.