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Projekt zur Digitalen Kommunikation

#GleichImNetz

Smartphone auf einem einem Tisch: Auf dem Bildschirm steht groß "Hello"
Tyler Lastovich/Unsplash
Wie können wir sozialen Organisationen zu mehr Internetpräsenz verhelfen? Wie können wir den Menschen, für die wir uns als freie Wohlfahrtspflege täglich einsetzen, auch online Gehör verschaffen? Wie können wir soziale Werte in Online-Debatten am geschicktesten platzieren? Wie können wir uns untereinander – fachlich, organisatorisch, privat – mit Hilfe digitaler Kommunikationsmittel noch besser vernetzen und ortsungebunden zusammenarbeiten? An diesen Fragen setzt das Projekt #GleichImNetz des Paritätischen Gesamtverbands an.
Symbolbild: zwei Köpfe im Profil vor symbolisiertem Datenstrom

Beratungsangebot auf Online umstellen - was muss ich beachten?

Tipps und Hinweise zur Herausforderung, das eigene Beratungsangebot kurzfristig auf digitale Medien umzustellen.

Im Zuge der Corona-Krise 2020 sehen sich viele Soziale Träger mit Beratungsangebot gezwungen, sehr kurzfristig Neuland zu betreten und den Kontakt zu den Beratungssuchenden auf digitale Medien umzustellen. Die damit einhergehenden Herausforderungen sind vielfältig. Das Institut für E-Beratung der Technischen Hochschule Nürnberg hat erste „Handlungsempfehlungen zur kurzfristigen Umsetzung von Onlineberatung vor dem Hintergrund der Corona-Krise“ online gestellt, deren Lektüre wir unbedingt empfehlen. 

Zusammengefasste Anforderungen In der Nutzung einzelner Medienkanäle wie Chat, Messenger, Video, Telefon etc. finden sich im ebenfalls sehr empfehlenswerten Artikel „Onlineberatung und -therapie in Zeiten der Krise. Ein Überblick“ von Stefan Kühne und Gerhard Hintenberger, veröffentlicht im e-beratungsjournal. Grundlegende Standards zur Onlineberatung finden sich zum Download als Broschüre.

Die Anforderungen an eine professionelle Online-Beratung, noch dazu vom Home Office aus, können unterschiedlich gewichtet sein, etwa:

  • Die Zielgruppe bevorzugt oder benötigt bestimmte Medien-Kanäle
  • die Beratung sollte nicht schriftlich erfolgen
  • gegenseitige Anonymität ist sehr relevant vs. das vertrauensvolle persönliche Verhältnis ist Teil der Arbeitsweise
  • es braucht Lösungen für Gruppenarbeit vs. es wird ausschließlich Einzelberatung angeboten
  • es gibt unterschiedliche Bestimmungen in den Bundesländern

Daher lassen sich nur schwer allgemeingültige Empfehlungen aussprechen. Im Folgenden listen wir einige Toolbeschreibungen, die unseres Erachtens einen genaueren Blick verdienen oder als Ausgangspunkte für die eigene Auseinandersetzung dienen können.

Beratung via Messenger

In vielen Lebensbereichen, und besonders für Jugendliche und junge Erwachsene, ist die Kommunikation mittels Messenger gang und gäbe. Es erleichtert den Kontakt und Austausch, wenn Beratungssuchende auf ihre gewohnte Kommunikationsweise zurückgreifen können. Leider erfüllen die verbreitetsten Messenger-Programme nicht die nötigen Anforderungen an den Datenschutz. Über die technischen Voraussetzungen, die einige der beliebtesten oder interessantesten Messenger mit sich bringen, berichten wir in unserem Webzeugkoffer-Beitrag zu Messengern.

Die meisten Beratungssuchenden werden gefordert sein, sich für die Beratung eine eigene Messenger-App zu installieren. Für die Klient*innen ist das von Vorteil: Eine exklusive App vermeidet die Vermischung von privater und Beratungs-Kommunikation und lässt sich zudem leichter verstecken, wenn die Endgeräte durch Dritte kontrolliert werden sollten (Artikel mit weiteren Argumenten). Hilfreiche Hinweise finden Sie in diesem Interview mit PR-Berater Christian Müller, erstellt bei einem Fachtag des Paritätischen LV Bayern.

Eine App, die viele der Daten- und Identitätsschutzanliegen erfüllt, ist Wire. Wire wird von diversen Datenschutzbeauftragten sowie IT-Fachleuten als Whatsapp-Alternative empfohlen: Wire ist ein Open Source-Produkt; das Geschäftsmodell basiert nicht auf Datenerhebung, sondern auf Firmenlizenzen – für den Privatgebrauch ist die App kostenlos; Wire verschlüsselt die Kommunikation, die Firma wirbt mit ihre starken Fokus auf Sicherheit; der Messenger ist DSGVO-konform, die Server stehen in der EU. In der Bedienung kommt die App stark an Whatsapp heran, zur Anmeldung reicht eine Mailadresse. Ein und dasselbe Konto lässt sich über verschiedene Geräte bedienen, u.a. über den Windows-Rechner oder den Browser. Der Messenger (kostenlos / Pro-Version) erlaubt auch Anrufe (bis zu 5 / 10 Personen), Video-Telephonie (1:1 / bis zu vier) und Dateiaustausch (beide).

Selbsthilfegruppen in Hamburg können auf geschlossene Chat-Räume in der kostenlosen Selbsthilfe-App von KISS Hamburg zurückgreifen. Nähere Informationen unter dem Link.

Beratung per Videokonferenz

Eine Videokonferenz bietet derzeit den besten Ersatz für ein persönliches Treffen – die landläufigen Konferenzanbieter erfüllen jedoch nicht die speziellen Auflagen für Onlinedienste in der psychosozialen Betreuung. Die kassenärztliche Bundesvereinigung hat eine Liste zertifizierter Videodienstanbieter für die ärztliche und psychotherapeutische Praxis erstellt (einige dieser Anbieter stellen in der Coronakrise ihre Angebote günstiger oder kostenlos zur Verfügung).

Die Hessische Landesstelle für Suchtfragen hat sich an der vorstehenden Liste orientiert und informiert darüber, dass vor Ort das Produkt Videosprechstunde CGM ELVI auf Funktionalität geprüft und als geeignetes Beratungsinstrument für die Suchthilfe eingestuft wurde.

Eine abgespeckte Version davon, CGM Clickdoc, stellte das Unternehmen bis zum 31.8.2020 auch für Paritätische Mitgliedsorganisationen kostenlos zur Verfügung. Clickdoc ermöglicht datenschutzkonforme und verschlüsselte 1:1-Videogespräche. Die Ratsuchenden benötigen einen modernen Browser (idealerweise Chrome, mit Firefox gelingt es ggf. auch). Die Weboberfläche ist sehr übersichtlich, zudem gibt es ein leichtverständliches Nutzer*innen-Handbuch.

Eine unaufwändige Videokonferenzmöglichkeit, die gelegentlich eingesetzt werden kann, sofern die o.g. Auflagen nicht angewendet werden müssen, bietet Jitsi. Hierbei handelt es sich um ein nicht-kommerzielles Open-Source-Produkt, das Videokonferenzen ganz oder teilweise verschlüsselt und von freundlichen Server-Admins umsonst als Dienst an der Gemeinschaft zur Verfügung gestellt wird. Konferenzen über Jitsi sind allerdings nur bedingt planbar und setzen zudem bei allen Beteiligten aktuelle Browser voraus, am besten Chrome – anderenfalls können sie misslingen. Genauere Infos dazu finden sich in unserem Webzeugkoffer-Beitrag zu Videokonferenzen; weiterhin haben wir eine Entscheidungshilfe zu der Auswahl der am besten passenden Videokonferenz-Anbieter erstellt.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe hat verbreitete Videokonferenzanbieter nicht nur nach Funktionen und Datenschutz, sondern auch Komplexität und Barrierefreiheit untersucht.

In einigen Landeserlassen zur Fortführung psychosozialer Beratung in der Coronakrise wird u.a.  zu Videokonferenzen geraten und als Beispiel das Produkt Skype (Microsoft) genannt. Aus Datenschutzgründen ist von diesem Produkt explizit abzuraten: Microsoft hat eingeräumt, dass Telefonate zur Qualitätssicherung nicht nur gespeichert und analysiert, sondern teilweise auch von Mitarbeitenden angehört würden (Bericht bei t3n).

Telefonische Beratung unter Schutz der eigenen Privatsphäre

Gerade bei kleineren Beratungsstellen ist oftmals kein Diensthandy vorgesehen, das in Zeiten von Home Office exklusiv genutzt werden könnte. Spätestens bei einem Rückruf stellt sich dann die Frage der Freigabe der eigenen Rufnummer. Zwar kann bei Festnetz- oder Mobilanschlüssen die Rufnummernweitergabe unterdrückt werden (Anleitung findet sich in Ihrer Geräteanleitung), dies ist jedoch keine vertrauensbildende Maßnahme.

Als schnelle Lösung bietet sich das provisorische Zweithandy an: Eine SIM-Karte mit Flatrate gibt es heutzutage bereits für 5-10 Euro pro Monat, entweder beim gewählten Betreiber bestellt (Tarifvergleich) oder im Discouter erworben. Ausgediente Mobiltelefone haben viele noch in der Schublade, oft reicht es bereits, im näheren Umfeld herumzufragen.

Spezialsoftware für Online-Beratung

Für den schnellen Einsatz bei einzelnen Trägern eignet sich die Software beranet. In seiner Basisvariante bietet beranet Mailberatung, Einzel- und Gruppenchats; es erfüllt die Kriterien zur förderfähigen Online-Beratung, ist barrierefrei und sowohl für Beratungsstellen als auch Selbsthilfegruppen einsetzbar.

Der Paritätische Gesamtverband unterhält zu beranet einen Rahmenvertrag mit dem Zone35, d.h. Mitgliedsorganisationen erhalten 16,5 Prozent Rabatt auf laufende Kosten (für das Angebot benötigen Sie einen Zugang zum Einkaufsportal des Gesamtverbands, den sie bei Ihrem Landesverband anfordern können. Dort findet sich das Angebot unter dem Eintrag Zone35).

Möglichkeiten der Weiterbildung

Die Bundeskonferenz für Erziehungsberatung (bke) bietet über ein eigenes Programm online-Beratung für Eltern und Kinder und Jugendliche an. Beratungsstellen und Angebote, die beraten, können mit einer vertraglichen Bindung von 24 Monaten in diesem Beratungsnetzwerk partizipieren und werden in das online-Beratungsangebot der bke integriert. Dafür erhält die Fachkraft eine entsprechende Fortbildung in der online-Beratung und bekommt ein*e Mentor*in zur Seite gestellt. Dieses Angebot eignet sich, um sich mittelfristig für die Online-Beratung fit zu machen und (begleitet) Erfahrungen und Know How zu sammeln.