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Schwerpunkt

Umweltschutz

Bild Klimaschutz-Demo
Ob Klimakrise oder Artensterben, Umweltverschmutzung oder Abholzung – die ökologischen Krisen gefährden unsere Lebensgrundlagen. Die Folgen sind bereits heute deutlich spürbar, auch in Deutschland und Europa. Leidtragende sind vor allem Frauen, Kinder, arme Menschen, Menschen mit Behinderung, Alte und Kranke. Der Paritätische erhebt in dieser Situation seine Stimme: Für einen wirksamen Umweltschutz für alle.

Die ökologischen Krisen unserer Zeit führen früher oder später auch zu sozialen Krisen: zu steigenden Preisen für Grundgüter, zum Verlust öffentlicher Räume, zum Wohnungsverlust, zu neuen Krankheiten, nicht zuletzt zu gesellschaftlichen Spannungen bis hin zu gewaltvollen Konflikten. Bereits heute sind die Folgen deutlich spürbar. Leidtragende sind vor allem Frauen, Kinder, arme Menschen, Menschen mit Behinderung, Alte und Kranke. Sie leiden im globalen Süden unter Dürren, Überschwemmungen und anderen Extremwettereignissen, die ihr Leben mittel- und unmittelbar gefährden. Auch in Deutschland und Europa sind die Veränderungen spürbar: Kürzere Winter, heißere Sommer, Starkniederschläge und neue Krankheiten bedrohen die Gesundheit insbesondere der Verwundbarsten.

Der Paritätische erhebt in dieser Situation seine Stimme: Für einen wirksamen Umweltschutz für alle. Denn wirksamer Umweltschutz ist auch präventive Sozialpolitik. Die bisherigen politischen Maßnahmen sind für die Bewältigung der ökologischen Krisen jedoch ungenügend. Und sie sind sogar häufig sozial ungerecht. Der Paritätische fordert deshalb eine umfassende sozial-ökologische Wende, die konsequenten Umweltschutz mit sozialem Ausgleich verbindet. Nötig sind umfangreiche Maßnahmen in einer ganzen Fülle von Bereichen, vom Wohnen über Mobilität und Infrastruktur bis zur Sozial-, Wirtschafts- und Finanzpolitik.

Unsere Positionen: Für eine sozial-ökologische Zukunft

Die Mitgliederversammlung des Paritätischen Gesamtverbands hat im April 2023 einen Leitantrag zur sozial-ökologischen Wende beschlossen. Der Leitantrag betont die besondere Bedeutung, die die Bekämpfung von Ungleichheit für die Lösung der ökologischen wie auch sozialen Krisen hat.

2019 hatte sich der Paritätische mit den “Grundsätzen erfolgreicher Klimapolitik” erstmals in der Klimapolitik positioniert. Seitdem hat der Verband die Forderung nach einer sozial-ökologischen Wende in verschiedenen Fachbereichen mit detaillierten Positionen und Vorschlägen unterlegt und ist als soziale Stimme in der Debatte um die Klimakrise etabliert. Geholfen hat dabei der Beitritt zur Klima-Allianz und die enge Kooperation mit dem Bund für Umwelt und Naturschutz, die sich sowohl horizontal über verschiedene Fachbereiche als auch vertikal über Bundes- und Landesebene ausgebreitet hat. Auch in der Paritätischen Mitgliedschaft hat sich seit 2019 einiges verändert: Wurde die Grundsatzpositionierung noch aus den Erfahrungen der Mitgliedsorganisationen in der Entwicklungszusammenarbeit begründet, sind die Auswirkungen der Klimakrise inzwischen in nahezu allen Fachbereichen ein Thema sein. Es ist ein übergreifendes Thema geworden, das auch praktische Fragen des Klimaschutzes betrifft. Hier unterstützt der Gesamtverband Mitgliedsorganisationen derzeit mit einem Pilotprojekt dabei, ihren CO2-Fußabdruck zu bestimmen und Maßnahmen des betrieblichen Klimaschutzes umzusetzen.

Leitantrag: Für eine sozial-ökologische Zukunft: Ungleichheit bekämpfen (PDF)

Neues Projekt: "Klimaschutz in der Sozialen Arbeit stärken

Der von Menschen verursachte Klimawandel gefährdet unsere Lebensgrundlage. Leidtragende sind vor allem Kinder, Alte und Kranke, Menschen mit Behinderungen, Menschen in Armut. Sie sind es auch, die bei Paritätischen Mitgliedsorganisationen Unterstützung unterschiedlichster Art erfahren. Um den Klimawandel zu stoppen, bedarf es der Anstrengung aller. Die Politik muss dafür die Rahmenbedingungen setzen, die Organisationen, Unternehmen und Individuen den notwendigen Wandel ermöglichen. Der Paritätische sieht es als seine Aufgabe, eine sozial-ökologische Klimapolitik zu fordern und ökologisch nachhaltiges Verhalten bei sich und seinen Mitgliedern zu fördern. Und genau hier setzt unser Projekt “Klimaschutz in der Sozialen Arbeit stärken” an.

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Aktuelle News aus dem Klimaschutz

Mensch arbeitet im Gewächshaus Ekaterina Ershova / Pixabay

Klimaschutz in Inklusionsbetrieben

Werkstätten für Menschen mit Behinderung und Inklusionsbetrieben stehen bei der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen als Teil einer wirtschaftlichen Lieferkette vor besonderen Herausforderungen. Gleichzeitig bietet die Berücksichtigung von ökologischen Aspekten aber auch die Chance, Prozesse neu zu gestalten und neue, nachhaltige Produkte zu entwickeln.

Facettenreiche Angebote

Werkstätten für Menschen mit Behinderung und Inklusionsbetriebe besetzen eine wichtige gesellschaftliche und wirtschaftliche Schnittstelle: Sie beschäftigen Menschen mit Beeinträchtigungen, unterstützen langzeitarbeitslose Menschen, wieder im ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen oder bilden junge Menschen mit erhöhtem Förderbedarf in verschiedenen Berufen aus. Gleichzeitig sind sie Betriebe, die auf Wirtschaftlichkeit achten müssen und in Lieferketten eingebunden sind. Das bringt sowohl Chancen als auch besondere Herausforderungen mit sich, wenn Klimaschutzmaßnahmen umgesetzt werden sollen.

Besondere Anforderungen und Vorgaben

So müssen sich einige Betriebe beispielsweise mit dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz auseinandersetzen, weil sie Teil einer Lieferkette größerer Firmen sind und diese zur Einhaltung des Gesetzes verpflichtet sind. Im Unterschied zu anderen sozialen Einrichtungen beschäftigen sie sich nicht nur mit einer reduzierten und klimaschonenden Mobilität der Mitarbeitenden, sondern auch mit Fragen des Warentransports: Wie lassen sich Fahrtkilometer reduzieren? Wie kann der Ressourceneinsatz für Verpackungen und Transportbehälter geschont werden? Beispielsweise gibt es die Möglichkeit, ein Pfandsystem für Transportboxen einzuführen. Allerdings muss auch hier auf gesetzliche Vorgaben und die Anforderungen der Partnerfirmen geachtet werden. Mit Blick auf den hohen Energieverbrauch, z.B. in Schreinereien oder in der Metallverarbeitung, stellt sich die Frage, wie sich eine möglichst autarke Energieversorgung durch erneuerbare Energien realisieren lässt. Auch die Umstellung auf LED Leuchtmittel im kompletten Betrieb oder der Austausch der Autoflotten stellen eine finanzielle Herausforderung dar.

Viele Chancen für den Klimaschutz

Trotz der Herausforderungen bieten Inklusionsbetriebe und Werkstätten eine Vielzahl an Möglichkeiten für den Klimaschutz: Allem voran sind es Orte, an denen viele Menschen beschäftigt und unterstützt werden und dabei auch für den Klimaschutz sensibilisiert werden können. Dies kann in Form von persönlichen Gesprächen, der Gründung von Klimaschutz-AGs, gemeinsamen Radausflügen oder klimafreundlichen Sommerfesten passieren. Werkstätten und Inklusionsbetriebe sind eine Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Gesellschaft: als wirtschaftlicher Betrieb können sie bei der Gestaltung der Produktions- und Lieferprozesse Klimaschutz integrieren, beim Einkauf von Materialien auf Nachhaltigkeitsstandards achten. Gleichzeitig können sie den größer werdenden Markt für nachhaltig hergestellte Produkte für die Erweiterung ihres Angebots nutzen. Als Dienstleistungsanbieter können soziale Betriebe auch die Brücke in die Gesellschaft schlagen: Ein inklusives Bistro beispielsweise versorgt die Menschen in der Umgebung mit leckerem, veganen/vegetarischen, klimagesunden Essen.

Paritätische Einrichtungen gehen mit kreativen, innovativen Ideen voran: So gibt es in Mainz eine mobile Fahrradwaschanlage, in Waldkirch eine Secondhand-Kaufhaus, in Saarbrücken werden essbare Gärten in der Stadt angelegt und in Leer werden aus normabweichenden Obst- und Gemüsebeständen aus lokalen Supermärkten leckere Chutneys, Marmeladen und Relish hergestellt.   

Weitere Praxisbeispiele finden Sie hier.

Sie haben sich in Ihrer Werkstatt oder Ihrem Inklusionsbetrieb auch schon auf den Weg gemacht? Wir freuen uns über die Einsendung weiterer Praxisbeispiele an klimaschutz(at)paritaet.org

Positionen

Ökologische Krisen: Was auf dem Spiel steht

Die ökologischen Krisen unserer Zeit stellen die Zukunft der menschlichen Zivilisation in Frage. Mit dem Anstieg von Treibhausgasen in der Atmosphäre mehren sich extreme Wetterereignisse, steigen die Meeresspiegel, nehmen Dürren und Hochwasser zu. Mit der Häufung solcher Ereignisse wird die Sicherheit der Ernährungsversorgung bedroht, treten vermehrt gesundheitliche Probleme auf, kommt es zu Flucht, zu Kriegen und wirtschaftlichen Verwerfungen. Doch nicht nur der Klimawandel ist eine Gefahr. Das Artensterben bedroht den Erhalt und das Fortbestehen von ökologischen Systemen, die Grundlage unserer Zivilisation sind. Auch hier steht, durch den Verlust von Pflanzen- und Tierarten, die Ernährungssicherheit in Frage. Der Verlust von Lebensräumen für Tiere erhöht das Risiko, dass sich auf den Menschen neue und gefährliche Krankheitserreger übertragen. Schließlich führt der Verlust biologischer Vielfalt dazu, dass ökologische Dienstleistungen der Natur wie die Säuberung von Luft und Wasser oder die Herstellung eines gesunden Bodens verloren gehen. Auch in anderen Bereichen sorgt das Leben und Wirtschaften der Menschheit dafür, dass die Belastungsgrenzen des Planeten bereits überschritten sind: Nährstoffe wie Stickstoff oder Phosphor sind vor allem durch die Landwirtschaft aus der Balance geraten, Plastik und Farbstoffe verschmutzen die Umwelt und die Abholzung und Landnutzung verstärken Prozesse des Klimawandels und des Artensterbens. Diese ökologischen Krisen haben soziale Konsequenzen, sie führen unweigerlich zu sozialen Krisen: zu steigenden Preisen für Grundgüter, zum Verlust öffentlicher Räume, zum Wohnungsverlust, zu neuen Krankheiten, nicht zuletzt zu gesellschaftlichen Spannungen bis hin zu gewaltvollen Konflikten. In diesem Sinne ist wirksamer Klimaschutz auch präventive Sozialpolitik. Er beugt den sozialen Problemen von morgen vor und ist ein entscheidender Faktor für die zukünftigen Lebensbedingungen, insbesondere für die Armen und Vulnerablen. Tatsächlich hängen auch die Ursachen der sozialen und ökologischen Krisen unserer Zeit direkt zusammen – und müssen daher auch zusammen gelöst werden. Steigende Ungleichheiten und Umweltzerstörung sind das Ergebnis eines dysfunktionalen Wirtschaftssystems. Sie sind kein Fehler im System, sondern Teil des Systems selbst. Es braucht daher einen umfassenden Wandel hin zu einem neuen ökosozialen Arrangement des Lebens, Arbeitens und Wirtschaftens.

Ein Wirtschaftssystem, das ökologische und soziale Krisen produziert

Unsere heutige Art zu leben und zu arbeiten, ist nicht mit einer lebenswerten Zukunft kompatibel. Wir heizen als Gesellschaft die Klimaerwärmung an, indem wir Kohle, Öl und Gas in nahezu allen Bereichen unseres Lebens verbrennen, in der Industrieproduktion, in der Herstellung von Strom, im Bau, beim Heizen, im Verkehr und in vielen anderen Bereichen. Wir zerstören, verkleinern oder fragmentieren die Lebensräume von Pflanzen und Tieren. Wir verschmutzen die Luft, das Wasser und die Böden durch den Gebrauch von Chemikalien. Und all dies tun wir in einem Ausmaß, dass sich die natürlichen Ressourcen nicht mehr regenerieren können. Zugleich erleben wir weltweit, aber auch innerhalb von Staaten, einen starken Anstieg der Ungleichheit von Einkommen und Vermögen. Kurz gesagt: Unsere heutige Art zu leben und zu arbeiten basiert auf einem ökonomischen Modell, das Ungleichheit produziert und zugleich daran scheitert, innerhalb der ökologischen Grenzen des Planeten zu wirtschaften.

Das Versprechen der vergangenen Jahrzehnte war es, der ökonomische Imperativ der Produktivitätssteigerung und des Wachstums würde ergänzt durch einen sozialen Imperativ der sozialen Sicherheit und des sozialen Aufstiegs. So sollte wirtschaftliches Wachstum Wohlstand für alle schaffen und gesellschaftliche Verteilungskonflikte vermeiden. Während dies auf den ersten Blick erfüllt scheinen mag – schließlich ist im globalen Norden der Wohlstand so stark gestiegen, dass materielle Bedürfnisse im Durchschnitt mehr als gedeckt sind – zeigt sich bei genauerem Hinsehen, dass das Versprechen des Wohlstands für alle eben nicht erfüllt ist. Durch Armut Ausgeschlossene und in ihren Teilhabechancen Benachteiligte ebenso wie Kinder, die in eine ökologisch und sozial unsichere Zukunft blicken, bezeugen diesen Umstand. Dabei war das Versprechen, aus den Verteilungskonflikten herauszuwachsen, von jeher ein “faules Versprechen”, weil es ab einem bestimmten Wohlstandsniveau ohnehin um relativen Wohlstand und um positionale Güter geht, also um den Vergleich mit anderen Mitgliedern der Gesellschaft. Der exzessive Glaube daran, dass Gesellschaften durch Wirtschaftswachstum gerechter werden, war seit jeher ein Aberglaube. Stattdessen gab es einen rasanten Anstieg des materiellen Wohlstands für einige auf Kosten der Umwelt, auf Kosten armer und benachteiligter Menschen hierzulande und vor allem auf Kosten von Menschen im globalen Süden, wo die Naturzerstörung durch die Lebens- und Produktionsweise im Norden bereits heute Millionen von Menschen zur Flucht aus ihrer Heimat zwingt. 

Ungleichheit befeuert ökologische und soziale Krisen

Wir können uns diese massive Ungleichheit nicht mehr leisten, weder sozial noch ökologisch. Denn sie führt zu übermäßigem Reichtum und verfestigter Armut, zu Luxusemissionen und zum Raubbau an der Natur. Ihre Folge sind immense soziale Kosten durch den Anstieg von Armut, aber auch erhebliche ökologische Kosten, die durch den Statuskonsum reicher Menschen entstehen. Reiche stehen für die Eskalation der Klimakrise in besonderer Verantwortung. Allein das reichste Prozent der Welt hat seit 1990 mehr als doppelt so viel zum Anstieg der Treibhausgase beigetragen, wie die gesamte ärmere Hälfte der Weltbevölkerung. Was weltweit gilt, gilt auch für Deutschland: Reiche und Superreiche befeuern die ökologischen Krisen, während die Armen und Vulnerablen am stärksten unter ihren Folgen leiden. Es trifft Menschen im globalen Süden, deren Lebensgrundlagen bereits heute von Ernteausfällen, Dürren oder Überschwemmungen akut bedroht sind und die wegen klimatischer Veränderungen ihre Heimat verlassen müssen. Es trifft alte Menschen, unter denen die Hitzewellen der vergangenen Jahre zu vermehrten Todesfällen geführt haben. Es trifft chronisch kranke Menschen, die von neuen Krankheitserregern besonders bedroht sind. Und es trifft Kinder und Jugendliche, deren Aussicht auf eine friedliche Zukunft in Wohlstand und in stabilen politischen Verhältnissen in Frage steht.

Zwar ist der sozial-ökologische Umbau eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, weil nahezu alle Lebensbereiche von der Verbrennung fossiler Brennstoffe abhängig sind. Es ist aber auch ein Umbau, der auf vielen Ebenen einen unbekannt großen und tiefgreifenden Wandel erfordert: technisch, kulturell und infrastrukturell. Der Zustand der Umwelt ist damit selbstredend eine gesamtgesellschaftliche Krise. Im Kern jedoch sind die ökologischen Krisen ein Produkt und ein Problem der sozialen Ungleichheit. Wir werden diese Krisen gesellschaftlich nur lösen können, wenn wir Armut beseitigen und materielle Ungleichheiten massiv verringern.

Ökologische und soziale Anliegen verbinden

In der Verbindung sozialer und ökologischer Anliegen liegt eine große Chance. Wir denken dabei an eine zukunftsfähige und nachhaltige Gesellschaft, in der niemand in Armut leben muss und niemand zurückgelassen wird. An eine barrierefreie, saubere und möglichst kostenlos zugängliche Mobilität für alle, sowohl in der Stadt als auch auf dem Land. An Städte mit lebendiger Stadtnatur und kurzen Wegen zu allen Orten des Alltags. An einen ländlichen Raum mit lebendigen Dörfern und guter Anbindung per Schiene und gemeinsam genutzten individuellen Verkehrsmitteln. An die Stärke gemeinnützigen Handelns für das Lösen sozialer Probleme. An gutes und ökologisches Wohnen für alle und an gemeinwohlorientiert genutzte Böden. An eine Soziale Arbeit, die ausreichend Zeit für die Arbeit mit Kindern, Alten und Benachteiligten hat. An die Kraft der Zivilgesellschaft und des mitbürgerlichen Engagements für sozial-ökologische Lösungen. An eine Gesellschaft, die sich ihrer globalen ökologischen Verantwortung stellt und angesichts der ökologischen Schäden solidarisch mit den Menschen im globalen Süden ist. An eine inklusive Gesellschaft, die sich angesichts von Umweltkrisen  und -katastrophen um ihre besonders vulnerablen Mitglieder, wie zum Beispiel Menschen mit Behinderung, kümmert. An eine ausreichende Finanzierung des Gemeinwesens, für die der große Reichtum in diesem Land herangezogen wird. An eine saubere Energiegewinnung aus Wind und Sonne, von der alle profitieren. Und an einen Sozialstaat, der allen Sicherheit bietet und gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht. Er ist der entscheidende Faktor für eine Gesellschaft, die gegen die zukünftigen Schocks und ökologischen Krisen widerstandsfähig ist.

Wir fordern:

  • eine Armuts- und Sozialpolitik, die Menschen in die Lage versetzt, dem notwendigen Wandel der kommenden Jahre ohne Existenzängste entgegen zu blicken. Dazu gehört die Erhöhung der Regelsätze auf ein armutsfestes Niveau und die vollständige Übernahme der Stromkosten in der Grundsicherung, die Einführung einer existenzsichernden Kindergrundsicherung und die Erhöhung des Mindestlohns auf einen Betrag, der bei Vollerwerbstätigkeit eine auskömmliche gesetzliche Rente im Alter sichert.
  • eine Steuerpolitik, die sehr hohe Einkommen, große Vermögen und Erbschaften stärker für die Finanzierung der großen sozial-ökologischen Investitionen heranzieht, die systematischen Steuerbetrug und Steuervermeidung bekämpft, eine Finanztransaktionssteuer einführt und die Übergewinne von Unternehmen, wie während der aktuellen Krise erlebt, abschöpft,
  • eine Wohnungspolitik, die das Ziel eines klimaneutralen und für alle leistbaren Wohnens bis 2045 entschieden umgesetzt hat, die bei Sanierungen dem Prinzip „worst-first“ folgt und beim Neubau klimagerechte und barrierefreie Sozialwohnungen priorisiert. Es braucht zudem eine neue Wohngemeinnützigkeit, mit welcher dauerhafte Bindungen geschaffen werden, so dass einmal geförderter Wohnraum erhalten bleibt sowie eine gemeinwohlorientierte Bodenpolitik, die die Grundlagen für ein gutes Wohnen für alle legt;
  • eine Verkehrspolitik, die ein bundesweites Finanzierungsprogramm für den ÖPNV sowie den Fuß- und Radverkehr aufsetzt, einen kostengünstigen öffentlichen Nahverkehr für alle und kostenlosen Zugang für Bezieher*innen existenzsichernder Leistungen sicherstellt, die Investitionen in den Schienenverkehr massiv erhöht und für die die Barrierefreiheit bei allen Verkehrsmitteln Priorität hat,
  • eine soziale Infrastrukturpolitik, die den Ausbau der regionalen Daseinsvorsorge voranbringt, um soziale Anlaufpunkte vor Ort zu stärken und damit kurze Wege und weniger Verkehr zu ermöglichen, 
  • eine Umwelt- und Klimapolitik, die den Ressourcenverbrauch in Deutschland deutlich reduziert und mit Instrumenten wie dem Klimageld mit Pro-Kopf-Rückverteilung für sozialen Ausgleich sorgt, 
  • eine Bildungspolitik, die Kenntnisse und Fähigkeiten für ein nachhaltiges Miteinander von Mensch und Umwelt vermittelt, die Resilienz, Selbstwirksamkeit und gesellschaftliche Partizipation für den Umgang mit den ökologischen und sozialen Krisen der Zukunft stärkt und die die Schul- und Jugendsozialarbeit, Sprachförderung und frühkindliche Bildung ausbaut,
  • eine Ernährungspolitik, die es angesichts der notwendigen Ernährungswende hin zu ökologisch nachhaltigem Anbau, mehr Tierwohl und weniger Fleisch allen Menschen ermöglicht, sich gesund und umweltfreundlich zu ernähren,
  • eine Migrations-, Asyl- und Außenpolitik, die sich für eine europäische Seenotrettung einsetzt und das Recht auf individuelles Asyl sicherstellt, die ihr Handeln am 1,5°-Ziel von Paris orientiert und die eine ökologisch und sozial verträgliche Handelspolitik verfolgt.

Soziale Organisationen im Zentrum der sozial-ökologischen Wende 

Gemeinnützige soziale Organisationen leben an vielen Orten bereits vor, wie eine sozial und ökologisch nachhaltige Gesellschaft aussehen kann. Sie organisieren Hilfe für sich selbst und andere, wo sie gebraucht wird. Sie engagieren sich in der Sozialen Arbeit, im Gesundheits- und Pflegebereich sowie in zahlreichen anderen Feldern und stellen dabei den Menschen und seine Bedürfnisse in den Mittelpunkt. Ihr Handeln ist nicht von der Gewinnmaximierung motiviert, sondern von Werten wie Vielfalt, Offenheit und Toleranz. Ihr Ziel ist es, die Teilhabe aller Menschen an der Gesellschaft zu ermöglichen und in sozialen Krisen zu helfen. Sie sind der Ort, an dem die Kraft von hunderttausenden freiwillig Engagierten sichtbar wird.

Gemeinnützige soziale Organisationen sind auch für den sozial-ökologischen Umbau zentral. Hier sind vulnerable Gruppen versammelt, die von den ökologischen Krisen besonders betroffen sind. Die Arbeit der Organisationen reicht in die ganze Fläche des Landes und in die Breite der Gesellschaft und kann damit unterschiedliche Gruppen für die Dringlichkeit des Umweltschutzes sensibilisieren. Viele Organisationen haben entscheidenden Einfluss auf den ökologischen Fußabdruck von Klient*innen, zum Beispiel in Pflegeheimen, in der Kindertagesbetreuung oder in der Tagespflege. Schließlich sind sie als Organisationen mit dem betrieblichen Umweltschutz konfrontiert: bei der Art der Strom- und Wärmeversorgung, bei der Verpflegung von Kindern, Bewohner*innen oder Klient*innen, bei der Mobilität von ambulanten Diensten oder bei Dienstreisen, bei der Produktion in Werkstätten oder beim Umgang mit Abfällen. Die Reduktion der Treibhausgasemissionen in den Einrichtungen und Diensten der Freien Wohlfahrtspflege ist damit auch für die Erreichung der deutschen Klimaziele zentral.

Der Paritätische und seine Mitgliedsorganisationen sehen es als ihre Aufgabe, ihren Beitrag zu einer ökologisch nachhaltigen Gesellschaft zu leisten. Dazu gehört auch das Ziel der Klimaneutralität und der Beitrag zur Erreichung des 1,5°-Ziels von Paris. Vielerorts werden im Paritätischen bereits Wege zu einer ökologisch nachhaltigen Sozialen Arbeit erprobt und Maßnahmen umgesetzt. Der Paritätische bekennt sich dazu, diese Schritte zu mehr Umweltschutz im eigenen Handeln konsequent weiterzugehen und zu beschleunigen. Alleine die richtigen politischen Rahmenbedingungen können jedoch dafür sorgen, dass gemeinnützige soziale Organisationen ihr Potential im Umwelt- und Klimaschutz voll entfalten können. Hierbei gilt es die unterschiedlichen Finanzierungsgrundlagen zu beachten. Es braucht unbürokratische und zuverlässige Förderprogramme mit möglichst geringen Eigenanteilen. Vor allem aber muss die Refinanzierung von Ausgaben für den Umweltschutz, insbesondere für Investitionen in umweltschonendes Wirtschaften und in die Klimaanpassung, aber auch für ökologisch geschultes Personal, über die jeweilige Regelfinanzierung abgedeckt sein. Wir fordern von der Politik, dass sie soziale Einrichtungen zum Umwelt- und Klimaschutz befähigt. Als Paritäter*innen streiten wir gemeinsam und auf allen Ebenen – von den Kommunen über die Länder bis zum Bund – für zeitnahe, entschlossene und konsequente politische Weichenstellungen für eine ökologisch nachhaltige Soziale Arbeit und Gesellschaft.

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Präambel

Um den Klimawandel zu stoppen, bedarf es der Anstrengung der gesamten Gesellschaft. Jede*r Einzelne trägt Verantwortung für Klimaschutz. Die Politik muss dabei die Rahmenbedingungen setzen, die Organisationen, Unternehmen und Individuen den notwendigen Wandel ermöglichen. Es geht staatlicherseits um notwendige Steuerung, aber auch darum, allen Verbraucher*innen zu ermöglichen, ihrer individuellen Verantwortung nachzukommen und klimabewusst zu konsumieren.

Auch der Paritätische sieht es als seine Aufgabe, nachhaltiges Verhalten bei sich und seinen Mitgliedern zu fördern. Er ist aber auch in der Pflicht, auf Gerechtigkeit zu drängen, wenn es um Belastungen geht, die mit einer offensiven Klimaschutzpolitik verbunden sind, und darauf zu achten, dass niemand dabei an den gesellschaftlichen Rand gedrängt wird.

Klimaschutz berührt eine ganze Reihe von Kernthemen des Paritätischen, von der Entwicklungszusammenarbeit und Humanitären Hilfe über das Wohnen bis hin zu Mobilität und Infrastruktur. Der Verband sieht sich daher aufgerufen, Stellung zu beziehen und im Zweifelsfall auch Partei zu ergreifen; seien es die Geschädigten klimapolitischer Unterlassungen weltweit oder die vielen Unterprivilegierten, die hierzulande darauf angewiesen sind, dass die notwendige ökologische Wende eine sozial-ökologische sein wird.

Einleitung

Jeder Mensch hat das Recht auf ein Leben in Würde. Dafür macht sich der Paritätische in Deutschland und auch in der internationalen Zusammenarbeit stark. Dabei rückt der Klimawandel als ein entscheidender Einflussfaktor auf die Lebensbedingungen der Menschen weltweit immer stärker in den Fokus. Denn die Folgen des Klimawandels sind mit existentiellen Verwerfungen verbunden. Die Ärmsten tragen die Hauptlast. Es ist davon auszugehen, dass bereits stattfindende Verteilungskonflikte um Böden, Wasser und Nahrung zunehmen werden. Um der Klimakrise entgegenzutreten, fordert der Paritätische einen gerechten und konsequenten Klimaschutz.

Klimagerechtigkeit schaffen

Die internationale Staatengemeinschaft hat sich mit der Verabschiedung der nachhaltigen Entwicklungsziele der Agenda 2030 vorgenommen, bis 2030 Armut zu halbieren und extreme Armut gänzlich zu beseitigen, soziale Ungleichheit abzubauen, den Hunger zu beenden und Ernährungssicherheit zu schaffen. Diese Ziele können nur dann erreicht werden, wenn erhebliche Anstrengungen auch im Bereich des Klimaschutzes unternommen werden.

Die heutigen Industrieländer sind auf Grund ihres historischen Beitrags zum Klimawandel in besonderem Maße gefordert, die im Pariser Klimaschutzabkommen vereinbarten Klimaschutzziele konsequent umzusetzen. Das ist eine Frage von Gerechtigkeit. Ferner müssen sie aufgrund ihrer hohen Emissionen sowie technischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten weltweit eine Vorreiterrolle beim Klimaschutz einnehmen. Der globale Norden steht in der Verantwortung, die Länder des globalen Südens bei der Anpassung an die Folgen des Klimawandels sowohl technisch als auch finanziell zu unterstützen. Der Paritätische fordert, dass Deutschland seinen Beitrag in der bilateralen Klimafinanzierung sowie an multilateralen Mechanismen, insbesondere dem Grünen Klimafonds der Vereinten Nationen, verstetigt.

Gleichzeitig muss sich die Bundesregierung für mehr Unterstützung im Bereich der Klimarisikofinanzierung sowie der weltweiten Katastrophenvorsorge und -schutzmaßnahmen, z.B. im Rahmen der Humanitären Hilfe, einsetzen. Nur so können Menschen und Gemeinschaften in Risikogebieten für Naturkatastrophen besser auf die extremen Wetterereignisse vorbereitet, ihre Widerstandsfähigkeit gestärkt und ihr Schutz vor klimabedingten Verlusten und Schäden verbessert werden.

Im Sinne der Agenda 2030 muss Klimaschutz in den nationalen Politiken und auf EU-Ebene zudem stärker als Querschnittsthema verankert und gemeinsam mit wirt-schaftlichen und sozialen Fragen gedacht werden. So muss sich auch die Handelspolitik der Europäischen Union und Deutschlands den Zielen des Pariser Klimaschutzabkommens unterordnen. Handelsabkommen dürfen dringend notwendige Klimaschutzmaßnahmen nicht konterkarieren. Der Paritätische fordert eine Abkehr von aggressiven Exportstrategien bei Agrarprodukten und der Förderung industrieller Landwirtschaft auf Kosten von kleinbäuerlicher Landnutzung. Vielmehr muss der Ausbau regionaler Wertschöpfungsketten in den Vordergrund rücken, um die vom Klimawandel besonders betroffenen Kleinbäuer*innen zu stärken.

Klimaschutz konsequent vorantreiben, sozialer Spaltung entgegentreten

Die bisherigen Bemühungen Deutschlands beim Klimaschutz sind bei weitem nicht ausreichend – weder auf internationaler noch auf nationaler Ebene. Es braucht eine ambitionierte und verbindliche Klimaschutzpolitik, die geeignet ist, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Das kann nur durch weitreichende Maßnahmen in unterschiedlichen Politikfeldern gelingen.

Die Notwendigkeit einer ökologischen Wende trifft in Deutschland auf eine Gesellschaft mit großen und wachsenden Ungleichheiten und damit auch auf Menschen, die in sehr unterschiedlichem Maße in der Lage sind, mit Klimaschutz verbundene Kosten zu stemmen. Vergangene klimapolitische Maßnahmen haben gezeigt, wie groß die Gefahr ist, dass Klimapolitik soziale Ungerechtigkeit weiter verschärft und damit auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährdet. So hat das Instrument der energetischen Gebäudesanierung ohne wirkungsvollen Mieterschutz zu einer Förderung der Verdrängung von Mieter*innen geführt. Das Beispiel Wohnen verdeutlicht, wie klimapolitische Maßnahmen soziale Spaltung zu befördern drohen, wenn sie existentielle Güter ohne adäquaten Ausgleich verteuern und damit Menschen von ihnen ausschließen. Damit Klimaschutz von allen mitgetragen werden kann, muss die ökologische Wende soziale Fragen von Anfang an mitdenken. Nur bei Abwesenheit sozialer Existenzängste und einem starken sozialen Zusammenhalt kann es gelingen, eine breite gesellschaftliche Zustimmung zu einer ambitionierten Klimapolitik zu gewinnen. Klimapolitik braucht einen funktionierenden Sozialstaat und sie muss sozial gerecht sein. Es bräuchte daher nicht nur eine ökologische, sondern eine sozial-ökologische Wende.

Chancen einer sozial-ökologischen Wende nutzen

Eine gelingende sozial-ökologische Wende erfordert einen grundlegenden politi-schen Kurswechsel. Dieser Kurswechsel eröffnet zugleich die Chance für entscheidende soziale Verbesserungen. Ziel einer sozial-ökologischen Wende muss es sein, allen Menschen ein klimafreundliches Leben zu ermöglichen und soziale Ungleichheit abzubauen. Insbesondere erfordert dieser Wandel Maßnahmen in den Bereichen Wohnen, Verkehr, Infrastruktur sowie der Sozial-, Wirtschafts- und Finanzpolitik.

Gebäude haben einen wesentlichen Anteil am Gesamtenergiebedarf und an den Treibhausgasemissionen in Deutschland und bieten große Potentiale für mehr Energieeffizienz. Geeignete Maßnahmen zur Erhöhung der Energieeffizienz von Gebäuden gehören daher zu einer wichtigen Säule des Klimaschutzes. Dabei muss sichergestellt werden, dass klimapolitische Maßnahmen nicht als Instrument der Profitmaximierung zu Lasten von Mieter*innen genutzt werden können. Darüber hinaus muss es das Ziel einer am Leitbild der sozial-ökologischen Wende orientier-ten Wohnungspolitik sein, alle Menschen mit klimafreundlichem und menschenwürdigem Wohnraum zu versorgen.

Auch der durch motorisierten Individualverkehr geprägte Verkehr von heute bietet enormes CO2-Einsparungspotenzial. PKW-, LKW-, Flugverkehr und Schifffahrt gehen mit einem hohen Energieverbrauch einher. Der Paritätische fordert eine grundlegende Wende in der Verkehrspolitik, die zugleich die Möglichkeit gesellschaftlicher Partizipation verbessert. Sowohl aus klimapolitischer als auch aus sozialer Perspektive muss das Ziel ein möglichst kostenloser, inklusiver und ökologischer öffentlicher Nahverkehr sein. Dieser muss Hand in Hand gehen mit einer Verlagerung des Regional- und Fernverkehrs von der Straße auf die Schiene. Der Schienenverkehr muss das gesamte Land in der Fläche erschließen, die Nutzung der Bahn zu bezahlbaren Preisen ermöglicht werden. So kann die Abhängigkeit vom Individualverkehr verringert werden und damit sowohl die Umwelt- und Klimabelastungen drastisch reduzieren, als auch mehr Menschen der Zugang zu Mobilität eröffnet werden. Um die Entwicklung klimafreundlicher Technologien und Konzepte voranzutreiben, muss außerdem massiv in die Klimaschutzforschung investiert werden.

Gleichzeitig können lange klimaschädliche Verkehrs- und Transportwege durch die Förderung von Dezentralität und Nähe vermieden werden. Dies schließt insbesondere den Ausbau der regionalen Daseinsvorsorge ein: Angebote wie Kindergärten, Schulen, Seniorentreffs oder Beratungsstellen müssen soziale Anlaufpunkte für alle Bürger*innen bieten. Mietverhältnisse von sozialen Trägern, kleinen Geschäften und anderen für die Wohnqualität und Versorgung relevanten Angeboten müssen geschützt werden. Die so ermöglichten kurzen Wege reduzieren klimaschädliche Emissionen und verbessern zugleich die Lebensqualität vor Ort.

Für soziale Sicherheit und Gerechtigkeit sorgen

Eine effektive Klimaschutzpolitik wird notgedrungen mit spürbaren Einschränkungen und Belastungen verbunden sein und erfordert zugleich eine breite gesellschaftliche Zustimmung. Diese wird nicht zu gewinnen sein, wenn ein großer Teil der Bevölkerung ohnehin soziale Abstiegsängste hat, den eigenen Status als prekär erlebt und sich um die Zukunft sorgt. Voraussetzung für eine erfolgreiche Klimaschutzpolitik ist daher ein zuverlässiger Sozialstaat, der den Menschen soziale Sicherheit garantiert, sodass sich jede*r ein klimafreundliches Leben leisten kann. Je mehr Gleichheit eine Gesellschaft in der Verteilung von Ressourcen und Möglichkeiten aufweist, umso leichter wird ihr eine anspruchsvolle Klimapolitik fallen. Daher ist die ökologische Transformation nur als eine sozial-ökologische denkbar. Eine gute Alterssicherungspolitik ist ebenso angezeigt wie die Schaffung einer sanktionsfreien Grundsicherung, die Bekämpfung von Kinderarmut oder aber eine Mindestlohn- und Beschäftigungspolitik, die im Zweifel auch selbst gute Arbeit schafft.

Die sozial-ökologische Transformation zwingt aufgrund ihrer notwendigen Vehemenz auch dazu, Systemfragen der sozialen Daseinsvorsorge zu stellen: So wird sich diese Gesellschaft kaum noch leisten können, existenzielle Grundbedürfnisse wie Wohnen, Pflege oder Gesundheit vor allem der Verwertungslogik gewinnorientierter Unternehmen unterzuordnen. Politische Maßnahmen müssen sich dagegen wieder stärker an den Bedarfen der Menschen, einem möglichst effizienten Ressourceneinsatz und den Notwendigkeiten eines konsequenten Klimaschutzes orientieren. Die Gemeinnützigkeit erfährt als Struktur- und Wirtschaftsprinzip eine neue gesellschaftspolitische Relevanz.

Die mit der sozial-ökologische Wende auf unsere Gesellschaft zukommenden Investitionsbedarfe sind erheblich. Sie werden die Steuer- und Subventionspolitik sowie die öffentlichen Haushalte vor große Herausforderungen stellen. Für den Erfolg und die Zustimmung aus der Bevölkerung wird es entscheidend darauf ankommen, dass die zu ergreifenden haushalts- und steuerpolitischen Maßnahmen von den Bürger*innen als sozial, solidarisch und gerecht erlebt werden. Die stärkere Heranziehung sehr hoher Einkommen, großer Vermögen und Erbschaften dürfte in diesem Zusammenhang genauso auf der Agenda stehen wie die Bekämpfung systematischen Steuerbetruges und Steuervermeidung insbesondere international tätiger Konzerne.

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Laut Weltklimarat (IPCC) ist aktuell eine Erderwärmung von etwa einem Grad im Vergleich zum vorindustriellen Niveau zu verzeichnen. Hauptursache ist die Freisetzung von Treibhausgasen, insbesondere die seit Beginn der Industrialisierung durch die Verbrennung fossiler Energieträger ausgestoßenen großen Mengen CO2. Die durch die Erderwärmung bedingten Klimafolgen sind bereits jetzt deutlich spürbar und gefährden die Lebensgrundlage von Millionen von Menschen.

Die Folgen des Klimawandels

Nach zahlreichen Errungenschaften in den letzten Jahren ist die Zahl der Hungernden weltweit im Jahr 2018 zum dritten Mal in Folge gestiegen. Der Klimawandel ist eine der Hauptursachen.

Abschmelzende Eisschilde und Gletscher sowie die durch die Erderwärmung ausgelöste Ausdehnung des Meerwassers lassen den Meeresspiegel ansteigen und bedrohen so die am dichtesten besiedelten Regionen der Erde: die Küsten. Seit 1990 ist der Meeresspiegel im weltweiten Durchschnitt um ca. 20 Zentimeter gestiegen. Konsequenzen des Meeresspiegelanstiegs sind u.a. Küstenüberschwemmungen und -erosionen sowie Versalzungen von Anbauflächen. Können Felder nicht mehr landwirtschaftlich genutzt werden, treten Ernährungsengpässe auf. Mangelernährung und Hunger sind die Folge.

Auch die sich durch den Klimawandel verstärkenden Starkniederschläge, Dürren und tropischen Wirbelstürme haben Auswirkungen auf die Ernährungssituation der Menschen: Extremwetterereignisse führen zu Ernteausfällen und minimieren die Viehbestände. Darüber hinaus werden oftmals Felder für kommende Ernten zerstört. Aufgrund von klimabedingt häufiger werdenden Ernteausfällen und dem folgenden Anstieg der Lebensmittelpreise wird die Situation der betroffenen Bevölkerung verschärft. Insbesondere kleinbäuerliche Produzenten, die weltweit über 50% der Nahrungsmittel auf den Markt bringen, sind hier einem hohen Risiko ausgesetzt. Bereits jetzt ist ihre Existenz u.a. durch Landnahme bedroht. Kleinbäuerlich genutzte Flächen werden dabei durch transnationale Unternehmen mit Geschäftssitz überwiegend im globalen Norden und durch (halb-)staatliche Organisationen bei oftmals ungeklärten Eigentums- und Nutzungsrechten gekauft oder gepachtet. Damit wird den Menschen vor Ort jedoch häufig die Möglichkeit genommen, für ihre Nahrung selbst zu sorgen. Zudem sind kleinbäuerliche Produzenten dem Preisdruck exportstarker Nationen ausgesetzt.

Die Ärmsten der Bevölkerung – darunter insbesondere Kinder, Frauen, Ältere und Menschen mit Behinderung – tragen die Hauptlast des Klimawandels. Denn dort, wo der Hunger zunimmt, steigen Armut und Ungleichheit und eine Abwärtsspirale beginnt. Für arme und benachteiligte Menschen und Gesellschaften wird es zunehmend schwierig, ihre Existenz zu sichern. Um kurzfristig einen Zugang zu Nahrung zu erhalten, verkaufen Menschen Boden und Vieh und sparen an längerfristigen Existenzgrundlagen wie Bildung und Gesundheit. Die Konsequenzen sind weitreichend und wirken sich nachhaltig auf die Resilienz der Betroffenen aus. Durch die Zunahme aufeinanderfolgender Extremwetterereignisse, z.B. Dürren oder Überschwemmungen in mehreren aufeinander folgenden Jahren, wird diese weiter geschwächt.

Es ist davon auszugehen, dass in diesem Zusammenhang bereits stattfindende Verteilungskonflikte um Böden, Wasser und Nahrung zunehmen werden. Ferner sind aufgrund der Klimafolgen und der unzureichenden Katastrophenvorsorge- und Anpassungsmechanismen immer mehr Menschen gezwungen, ihre Heimat temporär oder dauerhaft zu verlassen. Die Auswirkungen des Klimawandels zeigen sich am deutlichsten in den Ländern des globalen Südens. Gleichzeitig haben diese bislang am wenigsten zum Klimawandel beigetragen.

Aber auch in Deutschland sind die Folgen des Klimawandels zunehmend spürbar. Die größten Risiken für Mensch und Natur gehen von extremer Hitze, Trockenheit und primär durch Starkniederschläge ausgelöste Überschwemmungen aus. Die durchschnittliche Erwärmung seit 1880 ist in Deutschland mit 1,5 Grad deutlich höher als im globalen Mittel. Die Kälteperioden im Winter werden kürzer, während im Sommer Hitzewellen häufiger werden. Insbesondere für ältere und kranke Menschen sowie für Kinder stellen hohe Temperaturen in Deutschland, v.a. in den Verdichtungsräumen, eine gesundheitliche Belastung dar. Die Resilienz einheimischer Ökosysteme wird durch den Klimawandel weiter geschwächt. Dieses kann, z.B. durch die Ausbreitung von Tropenkrankheiten, unmittelbare Folgen für die menschliche Gesundheit haben.

Nationale und europäische Klimaschutzpolitik

Vor dem Hintergrund der Folgen des Klimawandels haben sich 197 Staaten im Rahmen der Pariser Klimaschutzkonferenz (COP 21) Ende 2015 auf ein globales Klimaschutzabkommen geeinigt. Dieses sieht u.a. vor, die Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter auf deutlich unter zwei Grad Celsius zu begrenzen. Anstrengungen sollen unternommen werden, eine Beschränkung auf 1,5 Grad Celsius zu erreichen. Dabei ist der Unterschied von 0,5 Grad für Millionen von Menschen von existentieller Bedeutung: Eine Begrenzung auf 1,5 Grad Celsius bedeutet weniger Hitzewellen, seltenere Sturmfluten, gebremstes Artensterben und weniger Hunger, wie der Weltklimarat in einem Sonderbericht deutlich macht. Der Paritätische fordert deshalb alle klimapolitischen Maßnahmen auf das 1,5-Grad-Ziel auszurichten.

Mit dem Pariser Abkommen haben sich die Unterzeichnenden auch dazu verpflichtet, einen nationalen Klimaschutzbeitrag zu erarbeiten und Maßnahmen zu beschließen, um diesen umzusetzen. Dieser Verpflichtung ist die Bundesregierung im November 2016 mit der Verabschiedung des Klimaschutzplanes 2050 nachgekommen. Im Klimaschutzplan hält die Bundesregierung u.a. fest, Deutschlands Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55% und bis 2040 um mindestens 70% gegenüber dem Vergleichsjahr 1990 zu reduzieren. Für verschiedene Sektoren, wie u.a. die Energiewirtschaft, Industrie, Gebäude und Verkehr, wurden ferner spezifische Minderungsziele bis zum Jahr 2030 festgeschrieben. Auch die Europäische Kommission hat eine Vision zur Treibhausgasneutralität bis 2050 veröffentlicht.

Die von der Bundesregierung, der EU und den anderen Vertragspartnern zugesagten Klimaschutzziele sind jedoch unzureichend, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Selbst wenn die Staaten ihre bislang vorgelegten Klimaschutzmaßnahmen konsequent umsetzen, würde die globale Erwärmung 2 Grad übersteigen. Gleichzeitig zeichnet sich bereits jetzt ab, dass Deutschland und Europa an den ohnehin zu niedrigen Klimaschutzzielen scheitern. So hatte Deutschland im Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 beschlossen, seine Treibhausgasemissionen bis 2020 um 40 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren. Laut dem Klimaschutzbericht 2018 der Bundesregierung ist jedoch davon auszugehen, dass mit den bis dahin umgesetzten Maßnahmen bis 2020 eine Minderung der Treibhausgasemissionen um lediglich etwa 32 Prozent gegenüber 1990 erreicht wird.

Der Ausstoß von Treibhausgasen muss deshalb dringend und drastischer gesenkt werden als bisher geplant. Das kann nur durch schnelle und weitreichende Veränderungen in allen Produktions- und Lebensbereichen gelingen und erfordert die Abkehr von einer Mensch- und Umwelt gefährdenden Wirtschaft. Jahrzehntelang hatten Öl-, Rohstoffkonzerne und Autoindustrie freie Hand, um mit ihren Geschäften unsere Lebensgrundlage existentiell zu gefährden. Die Klimakrise verdeutlicht, dass eine Politik, die diese Rücksichtslosigkeit ermöglicht, mit einer an den Bedarfen von Mensch, Umwelt und Klima orientierten Gestaltung der Gesellschaft unvereinbar ist.

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Die sozialen und ökologischen Krisen unserer Zeit erfordern ein konsequentes und mutiges politisches Handeln. Gemeinsam mit dem Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) hat der Paritätische Gesamtverband eine Zukunftsagenda entwickelt, die den Weg in eine ökologische und sozial gerechte Republik skizziert.

Gemeinsam fordern Paritätischer und BUND ein entschlossenes Umsteuern der Politik, um die enormen Anstrengungen der sozial-ökologischen Wende solidarisch zu stemmen. Natur- und Umweltschutz und eine echte sozial-ökologische Wende funktionieren nur dann, wenn alle Menschen mitgenommen werden und niemand zurückgelassen wird.

Mit der „Zukunftsagenda für die Vielen“ forderten beide Verbände anlässlich der Bundestagswahl 2021 alle demokratischen Kandidat*innen im Bundestagswahlkampf und die neue Bundesregierung auf, sich für eine ökologische und gerechte Gesellschaft für alle einzusetzen und dafür folgende Schritte einzuleiten:

1. Eine naturverträgliche Energierevolution.

2. Eine nachhaltige Mobilität für alle.

3. Eine soziale und ökologische Agrar- und Ernährungswende.

4. Soziale Sicherheit für die Transformation.

5. Einen starken Naturschutz.

6. Weniger Ressourcenverbrauch und eine gerechtere Gesellschaft.

7. Wohnen und Boden in Gemeinschaftshand.

8. Eine gute Pflege und Gesundheitsversorgung für alle.

9. Internationale Solidarität und die Einhaltung von Menschenrechten.

Zukunftsagenda für die Vielen

Gemeinsam mit dem BUND, der Deutschen Umwelthilfe, dem Sozialverband VdK, dem Deutschen Mieterbund und weiteren Organisationen veröffentlichen wir Forderungen für eine sozial-ökologische Wohn- und Bauwende.

Dabei sprechen wir uns für eine sozial-ökologische Strategie aus, die Mieter*innenschutz, Ressourcenschutz, sozial-ökologisches Sanieren und Bauen, leistbares Wohnen für alle Menschen, Flächenschutz und Bekämpfung von sozialer Ungleichheit auf dem Wohnungsmarkt konsequent zusammendenkt.

Zentrale Bestandteile einer sozial und ökologisch gedachten Wohnungs- und Baupolitik sind u.a.

  • Mieter*innen haben ein Anrecht auf genug bezahlbaren, ökologischen und sicheren Wohnraum. Die Politik muss dieses Anrecht gewährleisten. Wohnraum muss gemeinwohlorientiert verwaltet und geplant werden. Dazu bedarf es u.a. der Einführung der Wohnungsgemeinnützigkeit und eines effektiven Mietendeckels.
  • Bestehende Gebäude müssen, unter Beachtung der Bezahlbarkeit für Mieter*innen, klima- und ressourcenfreundlich werden. Es darf nur so wenig und so sozial-ökologischen Neubau wie möglich geben.
  • Modernisierung und Umnutzung von Gebäuden ist meist dem Abriss vorzuziehen. Bei einem Abriss und Neubau werden immer wertvolle und schwindende Ressourcen sowie Energie verschwendet. Um zu bewerten, wann eine Modernisierung, eine Umnutzung, ein Abriss oder ein Neubau wirklich sinnvoll ist, müssen Ökobilanzen über den gesamten Lebenszyklus der Gebäude erstellt werden.
  • Bestehende Gebäude müssen sozial-ökologisch modernisiert werden, ohne Mieter*innen zu belasten (warmmietenneutral).
  • Es braucht eine ökologisch und sozial gerechte langfristige Strategie zur ökologischen Modernisierung von Gebäuden, mit der das Ziel eines klimaneutralen Gebäudebestands deutlich vor 2045 erreicht wird. Dazu gehören ehrgeizigere ordnungsrechtliche Vorgaben für Gebäudeeigentümer*innen, kombiniert mit umfangreichen, zielgerichteten und verstetigten Förderprogrammen und den beschriebenen mietrechtlichen Neuregelungen. Priorität erhalten Gebäude der schlechtesten Energieeffizienzklasse.

Policy-Brief Wir brauchen eine sozial-ökologische Wohn- und Bauwende

Gemeinsam mit dem Bündnis #ErnährungswendeAnpacken veröffentlichen wir ein Positionspapier für eine zukunftsweisende Ernährungsstrategie.

Folgende Maßnahmen halten wir dabei für essentiell:

  • Finanzierung einer flächendeckenden, gesundheitsförderlichen und nachhaltigen Gemeinschaftsverpflegung und eine Weiterentwicklung der Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung.
  • Überprüfung der Lebensmittelbesteuerung mit dem Ziel einer sozial gerechten, gesundheitsfördernden, umweltverträglichen und dem Tierschutz zuträglichen Ausrichtung.
  • Förderung einer pflanzenbasierten Ernährung mit dem Ziel, den Konsum tierischer Produkte zu reduzieren.
  • Stärkung einer sozial gerechten, gesundheitsförderlichen und umweltfreundlichen Ernährungskompetenz in Schule und Beruf.
  • Verbesserung der Qualifizierung und Verankerung von Ernährungsbildung und Ernährungstherapie im Gesundheitswesen.
  • Verbindliche Regulierung von an Kinder gerichteter Lebensmittelwerbung.
  • Erhöhung der Leistungen in der sozialen Mindestsicherung im Kampf gegen Ernährungsarmut.  

Forderungspapier Chancen nutzen, Resilienz schaffen

Die Freie Wohlfahrtspflege spielt für den Weg zur Klimaneutralität in Deutschland eine wichtige Rolle. Sie nimmt ihre Verantwortung bei der Gestaltung gesellschaftlicher Transformationsprozesse und der Entwicklung von Zukunftsperspektiven engagiert wahr. Bei der Bewältigung der Klimakrise spielt sie in mindestens dreierlei Hinsicht eine wichtige Rolle:

  • Mit ihren über 100.000 Einrichtungen und Diensten kann sie einen wichtigen Beitrag zur Reduktion von Treibhausgasemissionen und damit zum Erreichen der deutschen Klimaziele leisten.
  • Eine perspektivisch treibhausgasneutrale Freie Wohlfahrtspflege ermöglicht es ihren Klient/innen, selbst klimafreundlich zu leben und Teil der sozial-ökologischen Transformation zu sein.
  • Die Freie Wohlfahrtspflege stellt eine wichtige Schnittstelle in die Gesellschaft dar und kann auf diesem Wege neue Zielgruppen erreichen und sie für den Klimaschutz gewinnen. Viele Organisationen haben bereits begonnen, Maßnahmen umzusetzen und würden gerne mehr tun, während andere gerade starten. Sehr häufig scheitert die Umsetzung von Klimaschutz jedoch an den Rahmenbedingungen.

Mit der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege haben wir Forderungen an die Bundesregierung zur Klimaschutz-Förderung formuliert.

Stellungnahmen

Anlässlich des einjährigen Bestehens der Ampel ziehen wir im Bündnis mit Umwelt-, Sozialverbänden, Kirchen und Gewerkschaften Bilanz und fordern die Bundesregierung auf, nicht nur die Symptome der Krise zu bekämpfen, sondern mit Investitionen in Klimaschutz und soziale Sicherheit unsere Gesellschaft langfristig krisenfest zu machen. Zudem mahnen wir eine gerechte Lastenverteilung an und fordern zur Finanzierung von Zukunftsaufgaben eine Besteuerung großer Vermögen.

Stellungnahme Aus der Krise mit Klimaschutz und sozialer Sicherheit

Gemeinsam mit dem BUND veröffentlichen wir eine Stellungnahme zum dritten Entlastungspaket 2022 der Bundesregierung. Die von der Bundesregierung geplanten Hilfen entlasten die am stärksten von Preissteigerungen Betroffenen nicht ausreichend. Außerdem schaden einige der Maßnahmen dem Klimaschutz. Ein echtes Not- und Hilfspaket gegen die drohenden Härten des kommenden Winters und für einen sozial-ökologischen Umbau der Energieversorgung wäre aber nötig gewesen, um eine existenzielle gesellschaftliche Krise zu verhindern.

Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine hat viele vermeintliche Sicherheiten in Deutschland und Europa erschüttert. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und der Paritätische Wohlfahrtsverband reagieren mit einem gemeinsamen Positionspapier und fordern die Bundesregierung auf, eine sozial-ökologische Zukunftspolitik zu gestalten.

Angesichts der Diskussion um die soziale Ausgestaltung der CO2-Bepreisung haben wir gemeinsam mit dem Bund für Umwelt und Naturschutz einen Vorschlag zur Umsetzung eines Ökobonus erarbeitet.

Große Teile der Wirtschaft sind während den ersten Wochen der Corona-Pandemie zum Erliegen gekommen. Um gegen die drohende Rezession vorzugehen, sind kurzfristig konjunkturfördernde Maßnahmen angezeigt. Mit diesen Maßnahmen werden die Weichen für die nächsten Jahrzehnte gestellt. Die Maßnahmen müssen nicht nur wirtschaftspolitisch sinnvoll sein, sondern dazu beitragen diese Gesellschaft gerechter, gesünder, ökologischer und widerstandsfähiger gegen Krisen zu machen.

Gemeinsam haben der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und Der Paritätische konkrete Anforderungen an ein kurzfristig wirksames Konjunkturpaket formuliert, das den Einstieg in eine sozial-ökologische Transformation skizziert.

Investitions- und Maßnahmenplan als PDF.

Um der Klimakrise entgegenzutreten, braucht es ambitionierte und verbindliche Klimaschutzpolitik. Sie muss geeignet sein, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Das kann nur durch weitreichende Maßnahmen in unterschiedlichen Politikfeldern gelingen, die die derzeitige Bundesregierung mit ihren am 20. September 2019 vorgelegten Eckpunkten zum Klimaschutzprogramm 2030 ("Klimapaket") und den seitdem erfolgten Konkretisierungen schuldig bleibt.

Das Klimapaket der Bundesregierung verfehlt damit den Zweck einer dringend notwendigen ökologischen Wende. Gleichzeitig ist die Ausgestaltung von Entlastungs- und Förderprogrammen sozial unausgewogen. Chancen für einen grundlegenden sozial-ökologischen Wandel werden nicht ergriffen. Neben der Bepreisung von CO2 und den Entlastungen von Bürger*innen, die der Mehrbelastung durch die Folgen der CO2-Bepreisung entgegenwirken sollen, sieht das Klimapaket sektorspezifische Maßnahmen in den Bereichen Gebäude, Verkehr, Landwirtschaft, Industrie, Energiewirtschaft und Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft vor sowie sektorübergreifende Maßnahmen.

Die Paritätische Stellungnahme zum Klimaschutzprogramm 2030 bezieht sich auf jene Maßnahmen, die Kernthemen des Paritätischen berühren.

Bündnisse und Zusammenarbeit

Wir sind Mitglied der Klima-Allianz Deutschland, dem breiten gesellschaftliche Bündnis für den Klimaschutz. Mit über 140 Mitgliedsorganisationen aus den Bereichen Umwelt, Kirche, Entwicklung, Bildung, Kultur, Gesundheit, Verbraucherschutz, Jugend und Gewerkschaften setzt sie sich für eine ambitionierte Klimapolitik und eine erfolgreiche Energiewende auf lokaler, nationaler, europäischer und internationaler Ebene ein. Unsere gemeinsamen Forderungen zur Bundestagswahl 2021 finden Sie hier.

Mit dem Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) arbeiten wir zur Verbindung von Sozial- und Umweltpolitik zusammen. Als Antwort auf die sozialen und ökologischen Krisen unserer Zeit setzen wir uns gemeinsam für eine umfassende und ambitionierte sozial-ökologische Wende ein. Ergebnisse der Zusammenarbeit sind gemeinsame Forderungspapiere, wie z.B. die Zukunftsagenda für die Vielen, Pressekonferenzen und weitere Öffentlichkeitsarbeit sowie ein kontinuierlicher inhaltlicher Austausch. Auch auf Landesebene gibt es eine wachsende Zahl von Kooperationen zwischen dem BUND und dem Paritätischen.

1. Sozial-ökologisch Umverteilen

Die Verteuerung von CO2 spielt beim Klimaschutz eine wichtige Rolle. Die Folge sind steigende Lebenshaltungskosten. Mit einer sozial-ökologischen Wende gilt es sicherzustellen, dass einkommensschwache Haushalte keine zusätzlichen Belastungen erfahren und finanzielle Belastungen solidarisch und sozial gerecht verteilt werden. Deshalb halten wir soziale Kompensationen insbesondere für mittlere und niedrigere Einkommen sowie für Bezieher*innen von Sozialleistungen für notwendig. Denkbar wären Rückzahlungen an Bürger*innen, wie zum Beispiel in Form eines Energiegeldes oder einer Klimaprämie mit sozialer Staffelung.

2. Wohnen

Die Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden ist eine wichtige Säule des Klimaschutzes. Ohne wirkungsvollen Mieterschutz gehen Sanierungen jedoch mit steigenden Mieten einher. Der Staat muss sicherstellen, dass Mieter*innen nicht noch stärker belastet werden. Zudem sind Ausweitung und Verstetigung des sozialen Wohnungsbaus und des öffentlichen und gemeinnützigen Wohnungsbestands notwendig.

3. Energie

Damit Energie für jede*n bezahlbar bleibt, müssen Sozialleistungen wie z. B. ALG II, Sozialhilfe, Wohngeld oder die Grundsicherung im Alter so reformiert werden, dass auch steigende Energiepreise voll abgedeckt sind. Einmalige Leistungen für größere Anschaffungen wie energieeffiziente Kühlschränke müssen wieder in die Grundsicherung eingeführt werden.

4. Mobilität

Unser Verkehr ist geprägt von zu viel klimaschädlichem Individualverkehr einerseits und Mobilitätsproblemen insbesondere im ländlichen Raum und von einkommensschwachen Haushalten andererseits. Ziel einer sozial-ökologische Wende muss es sein, beide Probleme zu lösen. Entscheidend ist ein möglichst kostenloser, inklusiver und ökologischer öffentlicher Nahverkehr. Um allen Menschen Zugang zu Mobilität zu gewährleisten, müssen im ländlichen Raum zunehmend auch intelligente Lösungen wie beispielsweise Carsharing integriert werden. Umweltfreundliche und soziale Mobilität setzt dabei den Ausbau von Kapazitäten bezogen sowohl auf Fahrzeuge und Verbindungen als auch Personal voraus. Der Schienenverkehr und ÖPNV muss das gesamte Land in der Fläche erschließen, die Nutzung der Bahn und ÖPNV zu bezahlbaren Preisen ermöglicht werden. Regional- und Fernverkehr müssen von der Straße auf die Schiene verlagert werden.

5. Örtliche Infrastruktur

Soziale Anlaufpunkte vor Ort im Kontext gleichwertiger Lebensverhältnisse aller Regionen, wie Kindergärten, Schulen und Senior*innentreffs, ermöglichen kurze Wege und verringern damit den Verkehr. Eine sozial-ökologische Wende muss nicht nur sicherstellen, dass diese Angebote für die Träger trotz zusätzlicher Kosten für den Klimaschutz finanzierbar bleiben, sondern darüber hinaus ausgebaut werden. Der Ausbau der regionalen öffentlichen und gemeinnützigen Daseinsvorsorge trägt nicht nur zur Verbesserung der Lebensqualität vor Ort bei, sondern muss auch als klimapolitische Stellschraube in den Fokus rücken. Mietverhältnisse von sozialen Trägern, kleinen Geschäften und anderen für die Wohnqualität und Versorgung relevanten Angeboten wie Gastronomie, Reinigung u.a. müssen geschützt werden.

6. Soziale Sicherheit

Eine konsequente Klimapolitik ist mit Belastungen verbunden, die Ängste auslösen oder verstärken können. Breiter Rückhalt für weitreichende klimapolitische Veränderungen setzt voraus, dass niemand Angst um seine Existenz haben muss und stattdessen soziale Sicherheit verspürt. Ambitionierte Klimaschutzpolitik braucht daher einen funktionierenden Sozialstaat. Eine gute Alterssicherungspolitik ist ebenso angezeigt wie die Schaffung einer Grundsicherung, die das Existenzminimum tatsächlich sicherstellt, die Bekämpfung von Kinderarmut oder aber eine Mindestlohn- und Beschäftigungspolitik, die im Zweifel auch selbst gute Arbeit schafft.

7. Finanzierung

Die mit der sozial-ökologischen Wende auf unsere Gesellschaft zukommenden Investitionsbedarfe sind erheblich. Entsprechende Maßnahmen auf der Einnahmeseite der öffentlichen Haushalte sind Voraussetzung für das Gelingen einer sozial-ökologischen Transformation. Notwendige haushalts- und steuerpolitische Maßnahmen müssen sozial, solidarisch und gerecht gestaltet werden. Dies schließt die stärkere Heranziehung sehr hoher Einkommen, großer Vermögen und Erbschaften sowie die Bekämpfung systematischen Steuerbetrugs und Steuervermeidung insbesondere international tätiger Konzerne, als auch die Aufnahme von Krediten und Altschuldenentlastungen für klamme Kommunen ein. Mit dem Festhalten an der schwarzen Null sind diese Herausforderungen kaum zu bewältigen.

 

Mitinitiatoren

Der Paritätische Gesamtverband

Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di)

AWO Bundesverband

Deutscher Caritasverband

Sozialverband Deutschland (SoVD)

Sozialverband VdK Deutschland

Volkssolidarität Bundesverband

Deutscher Mieterbund

 

Weitere Unterzeichnende

Deutsche Gesellschaft für Soziale Psychiatrie 

Deutsche Gesellschaft für Verhaltenstherapie (DGVT)

Tafel Deutschland e.V.

ADRA Deutschland e.V.

Advent-Wohlfahrtswerk e.V.

Bund der Jugendfarmen und Aktivspielplätze e.V.

SOCLES International Centre for Socio-Legal Studies

Bund der Freien Waldorfschulen e.V.

Bundesverband anthroposophisches Sozialwesen e.V.

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