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Projekt

Partizipation und Demokratiebildung in der Kindertagesbetreuung

Verschiedene Spielzeuge wie Holzbuchstaben und Knete stehen auf dem Tisch einer Kita zur Auswahl
Gautam Arora/Unsplash
Die meisten Kinder in Deutschland besuchen vor dem Schuleintritt eine Kita oder eine Tagespflegestelle. Sie erleben zum ersten Mal eine Gemeinschaft mit Menschen außerhalb ihres vertrauten familiären Umfelds und die Möglichkeit, im Miteinander weitere wichtige Erfahrungen zu sammeln. Im Kita-Alltag erleben sie Vielfalt und erfahren Demokratie. Hier setzt die Demokratiebildung in der Kindertagesbetreuung an. Interessierte und Fachkräfte der Kindertagesbetreuung finden auf diesen Seiten Videos, Dokumentationen, praktische Arbeitshilfen u.v.m. zu den Themen Partizipation, Kinderrechte, Vielfalt, Beschwerdemöglichkeiten für Kinder, Demokratiebildung in der Kita etc.

Diskriminierung

Jeder Mensch macht im Laufe seines Lebens mehrfach die Erfahrung, stigmatisiert oder diskriminiert zu werden, sei es aufgrund der Herkunft, des Geschlechts, des Alters oder anderer der Person zugeschriebenen Merkmale.

Diskriminierung ist, vereinfacht gesagt, ein Verhalten, das von subtilen Abwertungen und Kommentaren bis zu körperlicher Gewalt reicht. Es bezeichnet eine Benachteiligung oder Herabwürdigung von Gruppen oder einzelnen Personen. Viele Menschen sind sich dessen allerdings nicht bewusst. Für viele Menschen, Kinder wie Erwachsene, gehört Diskriminierung aber zum täglichen Leben. Und Diskriminierung bedeutet nicht, dass sich zwei oder mehrere Menschen einfach nicht sympathisch finden. Diskriminierung ist das Produkt gesellschaftlicher Strukturen, die es begünstigen, dass wir andere beurteilen und verurteilen, ohne sie wirklich zu kennen. Die Strukturen werden durch Stereotype und Vorurteile über bestimmte Gruppen gespeist, die den einzelnen Personen in diesen Gruppen Charaktereigenschaften zuschreiben.

Die Einteilung von Menschen in Gruppen ist nicht nur problematisch. Sie ist auch schwierig zu umgehen. Zum einen ist es schwierig, über marginalisierte Menschen zu sprechen und gegebenenfalls Hilfsmaßnahmen zu entwickeln, ohne diese in Gruppen mit ähnlichen Merkmalen zu bündeln. Zum anderen kann erst die Einteilung in Gruppen eine Gruppe überhaupt erschaffen und damit der Ausgrenzung und Diskriminierung Vorschub leisten. Menschen als Individuen und nicht als Stellvertretende einer zugeschriebenen Gruppe wahrzunehmen, ist demnach ein erster Schritt gegen Diskriminierung.

Diskriminierung oder auch Benachteiligung erfolgt also im Kontext von Stereotypen und Vorurteilen über eine Gruppe, zu der das Individuum scheinbar gehört. Sie werden zur Rechtfertigung von Benachteiligung herangezogen.

Vor allem die Diskriminierung, die wir als Kind erfahren, kann langanhaltende psychologische und soziale Nachwirkungen haben. Doch warum diskriminieren wir andere? Wann und wie entwickeln wir Ideen von "Wir" und "Die" oder den "Anderen"? Und warum ist es so wichtig, schon früh etwas gegen die Diskriminierung zu tun? Auf diese Fragen sollen hier Antworten gegeben werden. Wissenschaftliche Forschung hat immer wieder gezeigt, dass Stereotypen, Vorurteile und, daran anknüpfend, Diskriminierungen gegenüber einer bestimmten Gruppe schon im Kindesalter beginnen. Viele Menschen gehen davon aus, dass Kinder noch keine physischen oder andere Unterschiede wahrnehmen oder zumindest nicht bewerten. Tatsache ist, dass wir schon mit wenigen Monaten Menschen anhand ihrer Gesichtszüge und Stimme wiedererkennen. Mit etwa anderthalb Jahren fangen wir an, uns selbst als Individuen zu begreifen.

Mit etwa 2 Jahren beginnen wir bewusst Menschen in Gruppen einzuteilen und bedienen uns hierbei vor allem bei körperlichen Merkmalen, wie Haar- und Hautfarbe, aber auch körperlicher Behinderung oder dem Geschlecht. Wenn Kinder in dieser Zeit keine Erklärung für das andere Aussehen oder ein anderes Verhalten ihrer Mitmenschen erhalten, entwickeln sie oft eigene Theorien.[1] Dies geschieht aus dem Impuls heraus, die Frage nach unserer Identität zu beantworten. Antworten auf die Frage "Wer ich bin?" oder "Wer sind wir?" ziehen die Unterscheidung von den "Anderen", die nicht so sind wie ich oder wir, nach sich.

Diese Kategorisierung in Gruppen kann leicht zu Vorurteilen gegenüber den "Anderen" und deren Abwertungen führen. Denn bei kleinen Kindern wie auch bei Erwachsenen gilt: Die Aufwertung der eigenen Gruppe oder Identität durch die Abwertung der anderen Gruppe ist ein hochwirksamer Mechanismus der Stabilisierung des Selbstwertgefühls.

Mit der Wahrnehmung dieser Unterschiede kann auch das Unbehagen im Umgang mit Menschen kommen, die nicht vertraute Merkmale aufweisen. Eben deswegen ist diese Phase der Entwicklung von Kindern für die Entwicklung eines Demokratieverständnisses so wichtig.

Siehe auch:

Diskriminierung (individuelle, strukturelle, indirekte und direkte, unbewusste und bewusste)

[1] Ali-Tani/ Caroline: Wie Kinder Vielfalt wahrnehmen: Vorurteile in der frühen Kindheit und die pädagogischen Konsequenzen. Hier im Netz, abgerufen am 09.05.2018, S. 1.

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Der Paritätische und seine Mitgliedsorganisationen stehen für eine demokratische, offene, vielfältige und tolerante Gesellschaft, in der alle Menschen gleichwürdig teilhaben und Schutz erfahren.

Doll test - The effects of racism on children (ENG)