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Stellungnahme der BAGFW zum VO-Entwurf der Europäischen Kommission über De-minimis-Beihilfen an Unternehmen, die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse („DAWI“) erbringen

Nach dem Konsultationsverfahren der Europäischen Kommission zu De-minimis-Beihilfen hat sie am 19. April 2023 einen Verordnungsentwurf vorgelegt, zu dem die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) am 1. Juni 2023 Stellung genommen hat.

Einleitend kann die leichtere Verständlichkeit des VO-Entwurfs hervorgehoben werden. Für die Einrichtungen der Freien Wohlfahrtspflege als Bestandteil der Daseinsvorsorge von allgemeinen Interesse sind nicht nur die neuen Schwellenwerte, sondern auch darüber hinausgehende Festlegungen von Bedeutung. Die BAGFW hat sich zu sechs Punkten des VO-Entwurfs geäußert.

1. Aufnahme eines Hinweises auf Art. 14 AEUV, das Protokoll Nr. 26 zum AEUV sowie den Ermessensspielraum in die Beschreibung von DAWI in Art. 1 Abs. 1 Verordnungs-Entwurfs sowie Ergänzung des Erwägungs-grunds (9 NEU)
Die Mitgliedstaaten sind oft unsicher, ob eine Dienstleistung als DAWI eingestuft werden kann, oder nicht. Daher fordert die BAGFW, dass im Text der Verordnung mit dem Hinweis auf Art. 14 AEUV sowie Protokoll Nr. 26 zum AEUV eine Beschreibung einer DAWI verankert wird. Zudem soll den Mitgliedstaaten verdeutlicht werden, dass sie einen weiten Ermessenspielraum haben, den sie auch ausschöpfen sollen.
2. Erhöhung der Höchstgrenze einer DAWI-De-minimis-Beihilfe auf 1,5 Mio. Euro innerhalb dreier Jahre (Art. 3 Ziff. 2, S. 1 VO-E)
Die im Verordnungsentwurf vorgeschlagene Höhe des Schwellenwerts von 650 000 € innerhalb dreier Steuerjahre ist nicht ausreichend, und wird den Bedarfen und Erfordernissen der Erbringer:innen sozialer Dienstleistungen vor Ort nicht gerecht. Ein reiner Inflationsausgleich der aktuell geltenden Höchstgrenze, wie ihn die EU-Kommission in ihrem Entwurf vorschlägt, macht nur einen verhältnismäßig geringen Unterschied zu der jetzt geltenden Höchstgrenze (500.000 Euro in drei Steuerjahren) aus, die bereits heute zu einem er-heblichen Rückstau wichtiger Investitionen bei der Erbringung sozialer Dienstleistungen vor Ort führt. Die BAGFW schlägt daher einen Schwellenwert von 1,5 Mio. Euro in drei Steuerjahren vor, wobei zwischen einer möglichen Wettbewerbsverzerrung auf der einen Seite und den in der Regel eher lokal und
regional begrenzt getätigten Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse abgewogen wird. Alternativ kann auch in Erwägung gezogen werden, die Grenzwerte nach Länderkategorien unterschiedlich zu gestalten.
3. Löschung des Begriffs des „ein einziges Unternehmen“ aus den Begriffsbestimmungen des Art. 2 Ziff. 2 VO-E sowie Ergänzung des Erwägungsgrunds (7)
Die BAGFW sieht keine Notwendigkeit, dass in der Verordnung die Begriffsbestimmung „ein einziges Unternehmen“ aufgenommen wird. So passt die spezifische Untergliederung des Unternehmensbegriffs nicht zur Rolle und Bedeutung der gemeinnützigen Erbringer:innen sozialer Dienstleistungen im deutschen Sozialstaat. Der für das Verbundunternehmen gem. Art. 3 Abs. 2 VO-E insgesamt geltende Schwellenwert würde den Bedarfen der sozialen Infrastruktur samt der zugrundeliegenden Bedarfe der Menschen vor Ort nicht gerecht. Denn je größer die als Verbundunternehmen eingestufte Organisation ist, desto unbedeutender wird die zulässige DAWI-De-minimis-Summe für die im Allgemeinwohl zu erbringende Aufgabe. Daher spricht sich die BAGFWF dafür aus, dass die Begriffsbestimmung in Art. 2 Ziff. 2 gelöscht wird. Zusätzlich sollte Erwägungsgrund (7) hilfsweise angepasst werden.
4. Kodifizierung des Betrauungsakts für DAWI im Text des Verordnungs-Entwurfs
Im Gegensatz zu einer allgemeinen De-minimis-Beihilfe ist Voraussetzung für eine DAWI-De-minimis-Beihilfe, dass das Unternehmen mit einer DAWI betraut worden ist (siehe auch Erwägungsgrund 8). Aus Sicht der BAGFW wäre sehr zu begrüßen, das Erfordernis der Betrauung für DAWI stärker in das Bewusstsein der rechtsanwendenden Stellen zu rücken und seine Verbindlichkeit zu stärken. Daher spricht sich die BAGFW für die Aufnahme der Betrauung als Erfordernis für eine DAWI in den rechtlich verbindlichen Verordnungstext aus.
5. Erweiterung der Regelung der Kumulierung gem. Art. 5 Verordnungs-Entwurfs
Bekommt ein Unternehmen sowohl De-minimis-Beihilfen als auch DAWI-De-minimis-Beihilfen, dann sollte aus Sicht der BAGFW auch die jeweiligen Höchstgrenzen kumuliert werden. Ein Unternehmen könnte somit sowohl De-minimis-Beihilfen als auch DAWI-De-minimis-Beihilfen im jeweiligen Höchstwert erhalten (derzeit gilt, dass allgemeine De-minimis-Beihilfen und DAWI-De-minimis-Beihilfen nur bis zur DAWI-Höchstgrenze gewährt werden können).
6. Einführung eines nationalen oder europäischen Beihilfenregisters gem. Art. 6 Ziff. 4 Verordnungs-Entwurfs
Die Einführung eines elektronischen Registers für Beihilfen bewertet die BAGFW zunächst positiv, allerdings muss spätestens bei der konkreten Erarbeitung der Register sichergestellt werden, dass Falscheinträge o. ä. schnell und unbürokratisch auch wieder gelöscht werden können.

Die gesamte Stellungnahme der BAGFW finden Sie im beigefügten Dokument.