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Gesetzesentwurf zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes verabschiedet

Fachinfo
Erstellt von Claudia Karstens

Der Bundestag hat mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen den Gesetzesentwurf zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes am 06.11.2014 verabschiedet. Die darin enthaltenen ordnungspolitischen Restriktionen hatte der Paritätische bereits im Vorfeld als heiße Luft kritisiert, da es keinerlei Nachweise für einen flächendeckenden Sozialleistungsmissbrauch gibt und auf diese Art Vorurteile in der Bevölkerung gegen Rumänen und Bulgaren geschürt werden.

Der verabschiedete Gesetzesentwurf sieht neben befristeten Wiedereinreiseverboten im Fall von Rechtsmissbrauch oder Betrug auch die Befristung des Aufenthaltsrechts zur Arbeitssuche auf sechs Monate vor.
Darüber hinaus wird die Beschaffung von Aufenthaltskarten oder anderen Aufenthaltsbescheinigungen durch unrichtige oder unvollständige Angaben unter Strafe gestellt und das Kindergeld soll künftig nur bei Vorlage einer Steueridentifikationsnummer ausgezahlt werden.

Zudem wird der Bund die Kommunen über die Beteiligung an den Kosten der Unterkunft im SGB II um 25 Millionen Euro entlasten, was grundsätzlich zu begrüßen ist. Allerdings wird das ursprünglich angestrebte Ziel, die von der EU-Zuwanderung besonders belasteten Kommunen kurzfristig und zielgerichtet zu entlasten nicht erreicht. Vielmehr kommt es zu einer gleichmäßigen Entlastung aller Landkreise und Städte.Der Bundesrat weist in seiner Stellungnahme daraufhin, dass die zielgerichtete Entlastung bestimmter, besonders belasteter Kommunen eine landesgesetzliche Verteilung der zusätzlichen Bundesbeteiligung an den Kosten der Unterkunft voraussetzen würde, was schon aus zeitlichen Gründen ausgeschlossen ist und darüber hinaus "angesichts der im Gesetzentwurf genannten, unbestimmten und zum Teil widersprüchlichen Kriterien („Entwicklung der Zuwanderung aus anderen EU-Mitgliedstaaten“ einerseits beziehungsweise „Zahl der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten aus Bulgarien und Rumänien“ andererseits) sowie der in der Ausführungsverordnung geweckten Erwartungen (Referentenentwurf: Entlastung derjenigen Länder, „in denen sich die Jobcenter mit den größten Herausforderungen befinden“) höchst schwierig und bei jeder Ausgestaltung äußerst streitanfällig.
Konfliktträchtig wären insbesondere die Fragen, welche Leistungen bei der Verteilung auf Landesebene zu berücksichtigen wären (SGB II, SGB XII, Kindergeld, Wohngeld, Wohnraumversorgung et cetera),
welche Personengruppen für die Verteilung ausschlaggebend wären (Zuwanderer aus Bulgarien und Rumänien oder auch solche anderer Mitgliedstaaten) und wo angesichts der Vielzahl der bundesweit betroffenen Städte und Landkreise die Grenze zwischen allgemeinen und besonderen Herausforderungen läge, ab der eine Entlastung sachgerecht ist." Die Bundesregierung sieht zu dem gewählten Weg über eine Erhöhung der Bundesbeteiligung an den Kosten der Unterkunft jedoch keine Alternative und bezieht sich dabei auch auf die Arbeits- und Sozialministerkonferenz der Länder, die diesen Finanzierungsweg im November 2013 vorgeschlagen habe.

Die BAGFW hat im Rahmen ihrer Stellungnahme zum Gesetzesentwurf darauf hingewiesen, dass Nachweise für einen übermäßigen Missbrauch des Freizügigkeitsrechts durch Erschleichung oder Täuschung, die den vorliegenden Gesetzentwurf rechtfertigen sollen, weder im Rahmen des Zwischen- noch des Abschlussberichts des Staatssekretärsausschusses vorgelegt werden konnten. Vielmehr geht auch die Bundesregierung laut Gesetzesentwurf davon aus, dass die überwiegende Mehrzahl der Unionsbürgerinnen und Unionsbürger ihr Freizügigkeitsrecht in Übereinstimmung mit den geltenden nationalen und europäischen Regeln ausübt. In der öffentlichen Debatte wird hingegen oft ein anderer Anschein erweckt. Es bedarf daher der Klarstellung, dass die Inanspruchnahme des Freizügigkeitsrechts zur Arbeitssuche und der dadurch zustehende Anspruch auf soziale Leistungen oder Kindergeld kein Missbrauch oder gar Betrug sind.

Aus diesem Grund sollte aus Sicht der BAGFW das Ziel politischer Initiativen sein, Zugewanderte dabei zu unterstützen, möglichst schnell in Deutschland Fuß zu fassen und insbesondere Zugänge zum Arbeitsmarkt zu schaffen. Ansonsten bleibt zu befürchten, dass neue soziale Brennpunkte entstehen und sich bereits bestehende menschenunwürdige Lebensbedingungen manifestieren.

Das Gesetz liegt nun zur Zustimmung beim Bundesrat und wird dort am 13.11.2014 vom Ausschuss für Innere Angelegenheiten erneut beraten. Die nächste Plenarsitzung des Bundesrates findet am 28.11.2014 statt.

Hier gelangen Sie zur Pressemeldung zum Abschlussbericht des Staatssekretärsausschusses, der die Grundlage für den Gesetzesentwurf und die darin enthaltenen Änderungen gebildet hat.
Außerdem anbei die Stellungnahme der BAGFW zum Gesetzentwurf.

BAGFW-Stelln Gesetz zur Aenderung-FreizuegigG-EU 10-2014.pdfBAGFW-Stelln Gesetz zur Aenderung-FreizuegigG-EU 10-2014.pdf