Hilfe für Folteropfer
Das BFU ist ein sog. Psychosoziales Zentrum (PSZ) für traumatisierte Geflüchtete. Es ist das älteste PSZ in Baden-Württemberg, weitere von insgesamt acht im Bundesland bestehen u.a. in Stuttgart, Karlsruhe, Freiburg und im Rhein-Neckargebiet. Die meisten PSZ sind einem Wohlfahrtsverband zugeordnet, das BFU ist über den Träger (RehaVerein) mit dem Paritätischen Wohlfahrtsverband auf Landes- wie Bundesebene eng verbunden.
Die Besonderheiten des PSZ und des RehaVereins bestehen darin, dass diese eine ambulante dolmetschergestützte Psychotherapie und Traumatherapie in Verbindung mit einer ebenfalls dolmetschergestützten psychosozialen Beratung und Begleitung anbieten. Ein solches Angebot gibt es in der sog. Regelversorgung des Gesundheitssystems nicht. Dieses ist aber angesichts der besonderen Problemlagen von traumatisierten Geflüchteten und der hohen Nachfrage nach Therapieplätzen dringend vonnöten.
Das BFU behandelte im letzten Jahr über 240 Klient*innen aus 27 Staaten; die Hälfte von ihnen (etwa 120 Klient*innen) haben ihren Wohnsitz in Ulm, die anderen Klient*innen stammen aus einem Umkreis von 100 km um Ulm. Die meisten Klient*innen leiden zu Beginn der Behandlung unter einer Traumafolgestörung, meist an einer posttraumatischen Belastungsstörung, an einer Angststörung und/oder an einer Depression sowie unter körperlichen Schmerzen wie starken Kopfschmerzen. Viele leiden unter Alpträumen, Ängsten, Schlafstörungen oder sind suizidgefährdet, um nur einige Beispiele zu nennen. Viele Klient*innen sind zu Beginn der Behandlung nicht oder nur eingeschränkt arbeitsfähig. Viele haben eine lange Odyssee von Ärzt*innen hinter sich, ehe sie einen Therapieplatz im BFU finden. Die Nachfrage nach einem Therapieplatz im BFU ist immer viel höher als unser Angebot – trotz des deutlichen Ausbaus der Behandlungskapazitäten des BFU in den letzten Jahren.
Viele Geflüchtete verfügen zum Zeitpunkt der Anmeldung im BFU über keinen sicheren Aufenthalt in Deutschland, sei es, dass sie noch im Asylverfahren sind und länger auf ihren Bescheid warten müssen, sei es, dass sie bereits abgelehnt wurden. Es war ihnen in der Verhörsituation beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) aus Angst (etwa vor einer Weitergabe der protokollierten Aussagen an die Behörden des Heimatlandes), oder aus Scham über das Erlittene, oder wegen Amnesien, nicht möglich, „adäquat, detailliert und folgerichtig“ über die erlittenen Misshandlungen zu berichten – was dann schließlich zur Ablehnung ihres Asylgesuchs führte.
Für sie bricht eine Welt zusammen, sie werden verhaltensauffällig und werden von Ärzten, Sozialarbeiter*innen, ehrenamtlichen Helfer*innen bei uns angemeldet. Wir versuchen in dieser für die Klient*innen fast aussichtslosen Lage zu helfen. Das BFU (wie auch die anderen PSZ) bietet eine Kombination aus dolmetschergestützter Sprechstunde, Diagnostik und Therapie und dolmetschergestützter psychosozialer Beratung und Begleitung an. Letzteres ist wichtig, da die meisten Klienten dem Asylverfahren fast hilflos ausgesetzt sind. Viele verstehen nicht, in welchem Verfahrensstadium sie sind, was überhaupt passiert. Zudem leben sie zumeist in sehr beengten Wohnverhältnissen, sie sind sprachlich stark eingeschränkt, kulturell orientierungslos, den Behörden gegenüber meist hilflos ausgesetzt und sie sind aufenthaltsrechtlich ungesichert: All dies vor dem Hintergrund der erlittenen Misshandlungen im Heimatland und auf der Flucht.
Das BFU setzt mit seinen o.g. multimodalen Angeboten genau hier an und dies durchaus sehr erfolgreich. Die Klient*innen haben nach einer abgeschlossenen Therapie und psychosozialen Behandlung im BFU, auch dank unserer aufwendigen Stellungnahmen im Asyl- und Aufenthaltsverfahren, mindestens einen humanitären Abschiebungsschutz. Die quälenden Symptome sind i.d.R. nach 2-3 Jahren Therapie weitgehend remittiert. Depressivität, Suizidalität, Angststörungen, multiple Körperschmerzen sind dann meist nicht mehr vorhanden.
Dies ist möglich dank eines multiprofessionellen und sehr engagierten Teams von derzeit 20 Mitarbeiter*innen, bestehend aus Psycholog*innen, Ärzt*innen, Therapeut*innen, Sozialarbeiter*innen und vielen anderen.
Wir finanzieren uns aus verschiedenen öffentlichen Quellen, als auch durch Spenden. Die Unterstützung durch die Öffentliche Hand und die Spenden und Förderbeiträge der Bürger sind für uns ein Zeichen der Anerkennung des Leids unserer Klienten und der Notwendigkeit der Behandlung, und sie stärken somit mittelbar deren Psyche und sind insofern eine Hilfe zur gesellschaftlichen Integration dieser besonders vulnerablen Gruppe.
Manfred Makowitzki ist Leiter Behandlungszentrum für Folteropfer Ulm Behandlungszentrum für Folteropfer Ulm (BFU)