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Ausgabe 04 | 2021
Sozialpolitik

Schuldnerberatung in Zeiten der Pandemie

Die Covid 19 – Pandemie hat gezeigt, wie schnell die Gefahr der Überschuldung jeden treffen kann. Durch den Wegfall bzw. die Reduzierung des Einkommens wurden Vorsorge und Planung zunichtegemacht. Selbst bisher gut verdienende Personen können nicht mehr alle Zahlungsverpflichtungen bedienen.

Die Beratungsfachkräfte in den Schuldnerberatungsstellen sind auch während der Pandemie kompetente und vertrauenswürdige Ansprechpartner. Sie geben Auskunft zu Sozialleistungen und Corona-Hilfen, helfen bei der Existenzsicherung und der Verhandlung mit Gläubigern und geben psychosoziale Unterstützung. Familien, die wegen geschlossener Kita/Schule ihre Kinder zu Hause betreuen müssen, berichten vermehrt von Schwierigkeiten, allen Anforderungen gerecht zu werden. Psychisch Kranke leiden zunehmend unter den pandemiebedingten Einschränkungen. Einsamkeitstendenzen machen sich bemerkbar.

Eine große Herausforderung ist daher, den Kontakt zu den Ratsuchenden aufrechtzuerhalten. Beratungsangebote per Telefon, E-Mail oder teilweise auch per Video werden von vielen dankend angenommen, eignen sich allerdings nicht für alle Personengruppen, wie z.B. für Ratsuchende mit fehlenden Sprachkenntnissen oder Menschen mit geringer Medienkompetenz. Zudem kann das persönliche Gespräch vor Ort dadurch nicht immer ersetzt werden.

Neben der Beratung müssen Arbeitsabläufe neu organisiert werden. Diese Neustrukturierung bedeutet auch für die Ratsuchenden eine Umstellung. Bislang freie Sprechstunden können nicht mehr angeboten werden. Eine schnelle Absprache vor Ort ohne Termin ist nicht mehr möglich. Ratsuchende reagieren darauf vereinzelt mit Unverständnis. Die Beratungsfachkräfte müssen damit ebenso umgehen wie mit Maskenverweigerern. Auch die eingeschränkte Erreichbarkeit von Behörden oder von Gläubigern erschwert die Arbeit.

Hinzu kommt die fehlende Digitalisierung in vielen Beratungsstellen. Die Anschaffung von Laptops für mobile Homeoffice-Plätze scheitert an fehlenden finanziellen Mitteln, da die Sachkosten oftmals so knapp bemessen sind, dass Sonderausgaben nicht ohne Weiteres möglich sind. Es mangelt jedoch nicht nur an Hardware, sondern auch an dem digitalen Zugriff auf Akten und an Möglichkeiten für den datenschutzkonformen Dokumententransfer. In kleineren Beratungsstellen fehlen häufig IT-Verantwortliche. Überdies müssen die Mitarbeitenden entsprechend geschult werden. Passende Investitionen aus den bewilligten Sachkosten sind kaum realisierbar. Befristete Förderungszusagen verhindern, dass Träger eigene Mittel investieren.

Es bedarf einer dauerhaften und angemessenen Finanzierung der Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatung. Nur so können die bestehenden Strukturen bedarfsgerecht ausgebaut, Fachkräfte gewonnen und ein schneller Zugang geschaffen werden. Damit einhergehen sollte ein kostenloses Angebot von sozialer Schuldnerberatung für alle Ratsuchenden. Schließlich sind zusätzliche Mittel für die Digitalisierung der Beratungsstellen erforderlich, damit diese sowohl den geänderten Bedürfnissen der Ratsuchenden als auch den bevorstehenden gesetzlichen Änderungen (z.B. Onlinezugangsgesetz) gerecht werden können.

Anja Wolf ist Vorsitzende der Landesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung Thüringen e.V.

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