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Ausgabe 02 | 2022: Vorfahrt für Gemeinnützigkeit
Schwerpunkt

Kompakt erklärt: Was ist Gemeinnützigkeit?

Die Freie Wohlfahrtspflege erfüllt wichtige Aufgaben des Sozialstaates in Deutschland. Sie umfasst die Gesamtheit sozialer Hilfen zur Unterstützung von notleidenden Menschen, die auf frei gemeinnütziger Grundlage erbracht werden.

Gemeinnützige Organisationen der Wohlfahrtspflege unterscheiden sich von staatlichen und gewerblichen Anbietern. Sie sind die lebendige Zivilgesellschaft in ihrer organisierten Form. Gemeinnützige Organisationen werden in unterschiedlichen Rechtsformen betrieben (zumeist in der Rechtsform des eingetragenen Vereins, aber auch der gemeinnützigen GmbH, der Genossenschaft, Aktiengesellschaft und der Stiftung). Die Gemeinnützigkeit ist ein besonderer steuerrechtlicher Status, der mit Rechten und Pflichten verbunden ist. Gemeinnützigen Organisationen kommt das Recht zu, von bestimmten Steuern befreit zu sein. Ein weiteres Recht von gemeinnützigen Organisationen ist, dass sie Spenden erhalten dürfen und hierzu Spendenquittungen ausstellen können, die wiederum den Spender steuerlich begünstigt. Eng mit diesen Rechten sind eine ganze Reihe von Pflichten verknüpft: Gemeinnützige Organisationen dürfen keine Gewinne an Einzelne ausschütten, sondern es wird in die Gesellschaft investiert. Ihre Satzung muss der Mustersatzung aus der Abgabenordnung entsprechen, die der Gesetzgeber vorgibt, und die Satzung muss einen gemeinnützigen Zweck erfüllen. Dies geschieht dann, wenn ihre Tätigkeit darauf ausgerichtet ist, die Allgemeinheit zu fördern. Dazu gehört, dass sie nicht in erster Linie sich selbst fördern darf. Dies nennt man das Prinzip der Selbstlosigkeit. Die Mittel einer gemeinnützigen Organisation sind zweckgebunden und dürfen nur für den Satzungszweck verwendet werden, zudem müssen die Mittel grundsätzlich zeitnah für den satzungsmäßigen Zweck verwendet werden.  

Die Arbeit der gemeinnützigen Wohlfahrtspflege ist – anders als bei gewerblichen Anbietern – nicht von der Gewinnmaximierung motiviert, sondern von Werten wie Vielfalt, Miteinander und Diversität. Das Ziel ist es nicht, Kennzahlen zu erfüllen, sondern die Teilhabe aller Menschen an der Gesellschaft zu fördern und bei der Bewältigung von sozialen Krisen zu helfen.

In der Freien Wohlfahrtspflege wie z. B. in den Mitgliedsorganisationen des Paritätischen engagieren sich Menschen in der Selbsthilfe und für andere, in der Sozialen Arbeit, im Gesundheits- und Pflegebereich und in zahlreichen anderen Arbeitsfeldern. Sie sind z. B. vor Ort in der Nachbarschaftshilfe, in Frauenhäusern, in Einrichtungen für Menschen mit Behinderung und in Suchtberatungsstellen aktiv oder helfen Jugendlichen in Not oder Geflüchteten bei der Integration. Sie sind zentraler Ort des bürgerschaftlichen Engagements, der Hilfsbereitschaft und der sozialen Innovationen.

Für das Zusammenwirken zwischen dem Staat und den Trägern der Wohlfahrtspflege im Sozialstaat ist das so genannte „Subsidiaritätsprinzip“ grundlegend, welches sich historisch herausgebildet hat. Als Ausdruck von Freiheit und Emanzipation der Bürger*innen gegenüber dem Staat bedeutet es, dass Hilfe immer vorrangig von den Bürger*innen selbst organisiert wird, wenn sich Menschen finden, die bereit dazu sind. Der Staat soll dafür die Grundlagen, insbesondere die Finanzierung, sichern. Als übergeordnete Instanz soll der Staat nur dann selbst soziale Dienstleistungen erbringen, wenn andere dazu nicht in der Lage sind. Der Subsidiaritätsgrundsatz sichert Vielfalt in den Angeboten und damit das freie Wunsch- und Wahlrecht hilfesuchender Bürgerinnen und Bürger.

Deshalb ist in den Sozialgesetzbüchern ein Vorrang gemeinnütziger Dienste bei der Erfüllung von sozialstaatlichen Aufgaben festgeschrieben.

Leider wurde dieser Vorrang zunehmend auf gewerbliche Anbieter ausgedehnt, weshalb sich zunehmend nach Profitinteressen strebende Anbieter in der Pflege, der Gesundheitsversorgung oder in anderen sozialen Bereichen finden, wo gewinnwirtschaftliche Interessen nichts verloren haben. Der Grundsatz gerät auch durch den Staat selbst unter Druck, indem er Kosten sparen will und soziale Dienstleistungen selbst anbieten möchte.

Die frei gemeinnützige Wohlfahrtspflege leistet einen unverzichtbaren Beitrag für den sozialen Zusammenhalt und die Minderung sozialer Problemlagen in Deutschland. Sie bündelt, organisiert und fördert Engagement in aller Vielfalt und ermöglicht gesellschaftliches Engagement in demokratisch verfassten Vereinen. Gemeinnützige Akteure sind flexibler als staatliche und verlässlicher als gewerbliche Akteure in der Lösung von Problemen, weil der Mensch und seine Bedürfnisse im Mittelpunkt stehen, nicht Massenverwaltungstauglichkeit oder Renditeorientierung. Gemeinnützige Akteure der Wohlfahrtspflege erbringen Leistungen dort, wenn und wie sie gebraucht werden - passgenauer als es Verwaltung je könnte und unabhängig davon, ob sich damit Gewinn und Profit machen lassen

Die Anerkennung einer Organisation als gemeinnützig ist und bleibt ein wichtiges Gütesiegel, das garantiert, dass keine Profite ausgeschüttet werden.

Die Gemeinnützigkeit ist eine unerlässliche Grundlage für das freiwillige Engagement von hunderttausenden Bürgerinnen und Bürgern im Paritätischen und darüber hinaus.

Themenoffensive des Paritätischen Gesamtverbands

Und weil so viele gute Gründe dafür sprechen, hat der Paritätische Gesamtverband seine Themenoffensive gestartet. Wir sagen: Gemeinnützigkeit ist #EchtGut! - Vorfahrt für Gemeinnützigkeit!

Kontakt für Rückfragen und Anregungen zur Paritätischen Themenoffensive: Jennifer Puls, grundsatz(at)paritaet.org und https://www.der-paritaetische.de/vorfahrt-fuer-gemeinnuetzigkeit/

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