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Ausgabe 04 | 2021
Schwerpunkt

Gute Pflege und Gesundheitsversorgung für alle!

Gesundheits- und Pflegepolitik muss weiterhin eine hohen Stellenwert in der politischen Agenda spielen. Der Paritätische besser finanzielle Rahmenbedingungen für Pflegende und Gepflegte.

Mit der Coronapandemie wurden die Schwachstellen in den unterschiedlichsten Bereichen unseres Zusammenlebens deutlich. Auch in der Pflege- und Gesundheitsversorgung traten altbekannte Probleme stärker hervor und auch neue Fragen kamen hinzu. Die Krisensituation hat die gesamtgesellschaftliche Bedeutung von gut ausgebildeten und engagierten Pflegekräften und auch den Bedarf an flächendeckenden Pflege- und Betreuungsangeboten für Pflegebedürftige und auch ihre Angehörige einmal mehr überdeutlich aufgezeigt.

Gesundheits- und Pflegepolitik muss weiterhin eine hohen Stellenwert in der politischen Agenda spielen. Ein paar ausgewählte Paritätische Forderungen vor allem zur Pflege möchte ich nun kurz skizzieren:

Von zentraler Bedeutung ist die Finanzierung der Pflege. Hier haben wir immer noch einen Konflikt  zwischen fairer Bezahlung der Beschäftigten, ausreichendem Personal und Begrenzung der Kosten für die Pflegebedürftigen. Die steigenden Eigenanteile zur Finanzierung eines stationären Pflegeplatzes waren bereits vor der Pandemie lange bekannt. Seit Jahren steigt die finanzielle Belastung vieler Pflegebedürftiger, da die Kosten für die stationäre Pflege kontinuierlich wachsen und aufgrund der Konstruktion der Pflegeversicherung. Pflegebedürftige zahlen im Durchschnitt über 2000 Euro aus eigener Tasche.

Die notwendigen Verbesserungen bei der Bezahlung der Pflegekräfte und bei den Arbeitsbedingungen werden weitere Kosten verursachen und der Anteil den Pflegebedürftige dabei zahlen müssen, wird weiter steigen. Anpassungen, wie sie in dieser Legislatur bereits erfolgt sind, werden das leider nicht auffangen. Für die zu erwartenden Kostensteigerungen in der Pflege sind diese nicht ausreichend - ein Tropfen auf den heißen Stein sozusagen.

 

Berechnungen zeigen, dass bei Pflegebedürftigkeit das Armutsrisiko steigt. Und im Moment ist nicht absehbar, dass dieses Risiko begrenzt wird. Wir fordern deshalb ein Maßnahmenpaket mit Entlastungen. Ziel aus unserer Sicht muss eine Pflegevollversicherung sein, bei der die Pflegekosten in voller Höhe von den Pflegekassen getragen werden. Gute Pflege bedarf einer solidarischen und leistungsfähigen Finanzierung. An einer solidarischen Bürgerversicherung führt kein Weg vorbei.

So sehen wir das im Übrigen auch bei der Gesundheitsversorgung. Hier setzen wir uns für eine allgemeine Gesundheitsabsicherung für alle ein. Bei der Pflegeversicherung müssen in einem ersten Schritt die Eigenanteile für Pflege und Betreuung kurzfristig auf 15 Prozent der Kosten begrenzt werden. Dies alleine würde die Eigenanteile massiv reduzieren. Zur Begrenzung der Kosten gehört auch, dass sich die Krankenkassen mehr an den Kosten für medizinische Behandlungspflege in stationären Einrichtungen beteiligen. Auch das würde die Eigenanteile weiter reduzieren. Zudem sollten alle Bundesländer verbindlich die Investitionskosten übernehmen. Das würde die Kosten für Pflegebedürftige weiter drastisch senken. Und zu guter Letzt müssen mehr Steuermittel zur Finanzierung der Pflege eingesetzt werden.

Aus unserer Sicht darf weiterhin nicht aus dem Blick geraten der ganze Bereich der ambulanten und häuslichen Versorgung, der insgesamt gestärkt werden muss. Der überwiegende Anteil pflegebedürftiger Menschen wird in den eigenen vier Wänden durch Angehörige und oder ambulante Pflege- und Betreuungsdienste gepflegt und betreut. Angehörige übernehmen eine große pflegerische Leistung und das ist auch oft eine erhebliche Belastung. Sie müssen ihren Beruf unterbrechen, auf Einkommen verzichten und vieles mehr. Und während er Corona-Hoch-Zeit als Tagespflege oder Kurzzeitpflege wegbrachen, sprangen in der Häuslichkeit Angehörige und Ehrenamtliche bei Betreuung und Pflege ein. Wir brauchen eine bezahlte Auszeit für Menschen, die Angehörige pflegen und zwar in Anlehnung an Elternzeit und Elterngeld. Wir fordern schon lange einen Rechtsanspruch auf befristete Familienpflegezeit und auch die Angebote zur Entlastung pflegender Angehöriger müssen ausgebaut werden.

Dass das im Koalitionsvertrag vorgesehene Entlastungsbudget zum flexiblen Einsatz nicht umgesetzt wurde, war aus unserer Sicht ein falsches Signal an Pflegebedürftige und ihre Angehörigen. Dies sollte in der kommenden Legislaturperiode prioritär angegangen werden.

Mit vielen Angeboten engagieren sich die Träger der Freien Wohlfahrtspflege in der kommunalen Altenhilfe und der Seniorenarbeit und tragen damit bereits jetzt zur Verwirklichung von Teilhabe älterer Menschen bei. Damit dies kontinuierlich und verlässlich und auch flächendeckend passieren kann, müssen Kommunen wieder mehr Verantwortung für Aufgaben der Sozialplanung, Koordination, Vernetzung und Steuern übernehmen. Und dazu brauchen sie einen verlässlichen finanziellen Rahmen. Wir fordern daher, dass Altenhilfe wieder gesetzlich als Pflichtaufgabe festzulegen ist.

Die Wohlfahrtspflege ist mit ihren Mitgliedern ein unverzichtbarer Akteur, der dazu beitragen kann zielgruppenspezifische Präventions- und Gesundheitsförderungsmaßnahmen umzusetzen. Bei einer Reform des Präventionsgesetztes, die aus unserer Sicht ansteht, muss die Rolle der Wohlfahrtspflege daher gestärkt werden. Ja, es gibt noch so viel mehr zu tun für eine gute Pflege und Gesundheitsversorgung für alle!

Lisa Marcella Schmidt ist Leiterin der Abteilung Gesundheit, Teilhabe und Pflege

Das fordern wir!

Pflege darf nicht arm machen.
Wir fordern eine solidarische Vollkaskoversicherung in der Pflege und übergangsweise als Sofortmaßnahme die Deckelung des Eigenanteils der pflegebedingten Kosten bei 15 Prozent.

Bezahlte Auszeit für die Pflege.
Wir fordern eine bezahlte Auszeit für die Pflege von Angehörigen, Freund*innen oder Nachbar*innen nach dem Vorbild des Elterngeldes.

Gute Gesundheitsversorgung für alle.
Wir fordern eine soziale und solidarische Bürgerversicherung und gleichberechtigten Zugang zu Pflege und Gesundheitsversorgung für alle.

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