Das Deutsche Taubblindenwerk umgarnt die Oper Hannover
Mit Strick-Aktions-Kunst im öffentlichen Raum sorgte Deafblind International (DbI) dieses Jahr im Deafblind Awareness-Monat Juni weltweit für Aufmerksamkeit. Das Deutsche Taubblindenwerk beteiligte sich an der inklusiven Kunstaktion und lud zu Workshops und Begegnung nach Hannover vor die Oper. Zahlreiche Sachspenden in Form von ausgemusterten Musikinstrumenten, die fleißige Mitarbeiter*innen und engagierte Bürger*innen mit bunten Wollquadraten kunstvoll umhüllt hatten, zogen die Blicke auf sich. Die umgarnten Instrumente – von der Trommel bis zum Klavier – wurden auf dem Rathenauplatz in Hannover ausgestellt und auf kunstvolle Art mit dem Projekt "sound:waves" verbunden. Ein besonderes Highlight: Das umstrickte „Open Piano“ direkt vor der Oper, das zum Musizieren einludt!
Die Aktion fand im Rahmen der weltweiten Bewegung #DbIYarnBombing2022 in diesem Jahr auch in Hannover zum inzwischen zweiten Mal statt. Wie war die Resonanz insgesamt? Sind Sie zufrieden?
Ja, die Resonanz war durchweg positiv. Und über die weltweite Social Media-Kampagne konnten wir eine hohe Reichweite erzielen. Mit unserer YarnBombing-Aktion in Hannover waren wir Teil der weltweiten Kampagne vom Verband Deafblind International. Wir freuen uns, bereits zum zweiten Mal dazu beigetragen zu haben, Taubblindheit in der Öffentlichkeit sichtbar zu machen und die Aufmerksamkeit auf diese spezielle Art der Sinnesbehinderung zu lenken.
Wie bringt man weltweit Menschen dazu, Dinge zu umstricken? Wie viel Vorbereitung und Aufwand steckt in dieser Aktion?
Für die Planung und Vorbereitung einer solchen Aktion braucht man gut und gerne ein halbes Jahr Vorlauf. Viele Menschen im Umfeld unserer Einrichtung, wie Kolleg*innen, Freunde, Familienangehörige, andere Einrichtungen und Verbände haben sich für unser Projekt engagiert und fleißig mitgestrickt. Das Schönste war, dass auch Menschen mit Taubblindheit sich aktiv beteiligt und an dem taktilen Kunstwerk mitgearbeitet haben. YarnBombing ist sozusagen eine barrierefreie Kunst.
Was war das schönste Feedback oder das überraschendste Erlebnis für Sie während der diesjährigen YarnBombing-Aktion?
Während unserer Aktionstage auf dem Rathenauplatz in Hannover besuchten uns auch einige Menschen aus der Hör/Sehbehinderten-Community. Mithilfe des Gebärdensprachdolmetschers, der uns dank der Förderung des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Niedersachsen während der Veranstaltung begleiten konnte, konnten wir eine Brücke zwischen Menschen mit Taubblindheit und der Öffentlichkeit schaffen.
Sie erzählten, dass auch Gebärden- und Lorm-Workshops vor Ort stattfanden. Wie leicht oder schwer sind diese Sprachen für nicht taube bzw. taubblinde Menschen zu erlernen?
Die Kommunikationsformen von Menschen mit Hörsehbehinderung sind sehr vielfältig und individuell. (Taktile) Gebärdensprache und das Lormen sind nur zwei Möglichkeiten für taubblinde Menschen, zu kommunizieren. Diese „Sprachen“ zu erlernen erfordert – wie bei jeder anderen Sprache auch – viel Übung und praktische Anwendung. Wir bieten im Deutschen Taubblindenwerk auch regelmäßige Fortbildungen und weitere Informationen für Gebärdensprache und Lormen an.
Was kann Kunst und kreative Aktion im öffentlichen Raum, was klassischere Aufklärungs- und Informationskampagnen nicht vermögen?
Kunst im öffentlichen Raum ist natürlich immer ein „eyecatcher“ – und gerade eine solch bunte und fröhliche Kreativarbeit wie das YarnBombing lädt dazu ein, sich näher mit dem Thema Taubblindheit zu beschäftigen. So erreicht man durchaus Leute, die bislang wenig oder gar keine Berührungspunkte mit dieser Form der Sinnesbeeinträchtigung hatten.
Wo finden Interessierte weitere Informationen zu Ihrer Arbeit? Gibt es Möglichkeiten, sich zu engagieren?
Auf unserer Website www.taubblindenwerk. finden Interessierte Informationen zu unserer Arbeit, unserer Einrichtung und über Taubblindheit. Wir freuen uns über jeden, der uns dabei hilft, unsere Arbeit und damit die Situation von taubblinden Menschen zu unterstützen und nachhaltig zu verbessern – sei es als Freund, Förderer, Spender oder ehrenamtlicher Mitarbeiter!
Mehr als 50 Jahre Deutsches Taubblindenwerk: Von der Isolation zur gesellschaftlichen Teilhabe
Seit 1967 setzt sich die Deutsche Taubblindenwerk gGmbH für Menschen mit Taubblindheit/Hörsehbehinderung in Deutschland ein. Das Angebot an den Standorten in Hannover und Fischbeck umfasst für aktuell rund 85 Kinder, sowie 200 Erwachsene, Frühförderung, Kindergarten, Schule mit Internat, differenzierte Wohnangebote mit heiminterner Tagesstruktur für Erwachsene, und Werkstätten mit Berufsbildungsbereichen.
Ergänzt werden die Leistungsangebote durch vielfältige Sport,- Freizeit- und Beschäftigungsmöglichkeiten, wie z.B. einem eigenen Schwimmbad- und Sportbereich und Reitangebote an den Standorten der Einrichtung.
Neben der Taubblindentechnischen Grundausbildung finden Sie in den Räumlichkeiten des Deutschen Taubblindenwerks eine EUTB Beratungsstelle mit Expertise in der Kommunikation mit Menschen mit Taubblindheit/Hörsehbehinderung.
Weitere Angebote sind das Ambulant Betreute Wohnen für die Stadt und die Region Hannover sowie Qualifizierungsmaßnahmen zur Taubblindenassistentenz.
Weitere Informationen unter:www.taubblindenwerk.de