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Ausgabe 04 | 2022: Wohlfahrt Kreativ
Schwerpunkt

Kunst mit (vormals) wohnungslosen Menschen

Am Anfang stand eine Idee: ist es möglich, künstlerisch interessierte Menschen in prekären Lebenslagen mit Kunststudent*innen zusammen zu bringen und beide Gruppen zu motivieren, gemeinsam Kunst zu machen? Eine Professorin an der Karlsruher Kunstakademie hatte diese Idee und hat zu unserem „Tagestreff für Wohnungslose Frauen (TafF)“ Kontakt aufgenommen. Bei uns ist diese Initiative sofort mit Engagement und Begeisterung aufgenommen worden, das Projekt wurde gestartet und 2 Semester lang haben diese sehr unterschiedlichen Gruppen auf Augenhöhe zusammen Kunst produziert und ihre Ergebnisse auf 2 Ausstellungen präsentiert. Corona hat diesem Projekt leider ein Ende gesetzt, SOZPÄDAL hat aber sofort für ein Anschlussprojekt gesorgt, jetzt geöffnet auch für männliche Teilnehmer und angeleitet von einer professionellen Künstlerin, Tanja Schneider, Absolventin der Kunstakademie Karlsruhe. Tanja Schneider beschreibt das Projekt so:

Coronabedingt können wir das Kunstprojekt im Moment für 3 Frauen und 1 Mann ermöglichen. Unser Kunstraum misst ca. 25 m², mit mir können sich 5 Menschen dort aufhalten.

Wir treffen uns 1x die Woche für 3 Stunden. In der Regel gebe ich ein Thema vor und versuche dabei eine gute Mischung aus der Entfaltung der eigenen Kreativität der Teilnehmenden und den „großen“ Kunstthemen zu schaffen. So beschäftigen wir uns ebenso mit handwerklichen Themen wie z.B. Hoch- und Linoldruck, wie inhaltlichen Themen, wie z. B. “Gesichter in der Kunst“. Frei zu arbeiten ist auch möglich, ich versuche immer auszuloten, was gerade gebraucht und gewünscht wird, bzw. versuche nach einem anstrengenden handwerklichen Prozess, das Freie wieder aufzunehmen.

Besonders bemerkenswert finde ich unsere 2 gemeinsamen Installationen.

Zuerst eine Fotoinstallation. Das hat sich angeboten, weil wir wegen des Lockdowns im Frühling 2021 kurz pausieren mussten und die Teilnehmenden in der Zeit Einwegkameras bekommen haben, um sich weiter mit Kunst zu beschäftigen. Die wirklich tollen Fotoergebnisse haben wir dann in Bezug zueinander gebracht und quasi eine Art Netzwerk entstehen lassen. (Anm.: siehe Titelbild.)

Die zweite gemeinsame Arbeit haben wir zum Jahreswechsel beendet 2021/2022 und sie ist erfreulicher Weise auch der Öffentlichkeit zugänglich.

Wir haben 1000 Origami-Vögel gefaltet und in einem Kleinen Ladengeschäft in Durlach (das SOZPÄDAL für Besprechungen genutzt hat, die aber nun online stattfinden) zu einem Überdimensionalen Mobile aufgehängt. Wir haben 3 Monate daran gearbeitet. Die Teilnehmenden konnten lernen, wie es ist ein Kunstwerk zu erschaffen, dass nicht nur durch bloße Intuition entsteht, sondern durch ein Konzept und einer Wirkung, die durch Mühe entsteht. 1000 Vögel zu falten und aufzuhängen hat uns viel Mühe gekostet. Aber es waren auch schöne Stunden, in denen wir gute Gespräche hatten und als die Installation fertig war, war die Begeisterung und der Stolz über das Geschaffene unbeschreiblich. Es ist unser Ziel, mit unseren Arbeiten auch immer wieder nach außen zu treten. Demnächst werden wir damit auf der ZArt Karlsruhe zu sehen sein, eine alternative Parallelveranstaltung zur Art Karlsruhe 2022.

Es ist eine große Bereicherung für mich, das Kunstprojekt von SOZPÄDAL E.V. zu leiten.

Ich betrachte es als große Chance über die Auseinandersetzung mit “Gleichgesinnten“ hinaus, Kunst zu erfahren und zu lernen, wie man Kunst vermittelt und künstlerische Entwicklung ermöglicht. Es ist durchaus eine Herausforderung nicht vom intellektuellen “Kunst-Ross“ herabzusehen, dass ich bei meinem Studium an der Kunstakademie “anerzogen“ bekommen habe und gleichzeitig intuitiv schaffenden Menschen zu vermitteln, dass es sich schon auch lohnen kann, tiefer in das Thema Kunst einzusteigen. Dazu kommt, dass es einfach erfrischend ist mit Menschen zusammenzuarbeiten, die geradeheraus, ich würde sagen unverdorben, unverkopft…, eben intuitiv an das Thema Kunst und Kreativität rangehen.

„O-Töne“ Projektteilnehmer*innen:

S. Fisovic: „im Kunstprojekt ich vergesse alles um mich herum“.

D. Berentroth: „Ich finde es toll meine Kreativität ausleben zu können und zusammen mit anderen auf neue Ideen zu kommen“

J.V.C.: „Es ist einfach gut, dass sich was entwickeln kann und dass ich mich mit anderen austauschen kann“

C. Rastetter: „Ich kann mich mit Sachen beschäftigen, die in meinem Alltag keinen Platz haben und komme so auf ganz neue Ideen“

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