
Interview mit unserem Neumitglied Handicap International
Liebe Frau Dr. Kipfer-Didavi, wie sind sie zu unserer neuen Mitgliedsorganisation Handicap International gekommen?
Ich arbeite seit 30 Jahren im Sektor Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe, teilweise auch im Ausland, in Westafrika. Mein Promotionsthema waren Frauenrechte in Westafrika und ich habe unter anderem für die Vereinten Nationen, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit und die Johanniter gearbeitet. Seit 2018 bin ich nun Geschäftsführerin bei Handicap International Deutschland. Ich wollte in einer Organisation, die sich für die Schwächsten in der Gesellschaft einsetzt, mehr Verantwortung tragen.
Wenn Sie gefragt werden, was Handicap International eigentlich ist und macht: Was antworten Sie kurz und knapp?
Wir sind eine gemeinnützige Hilfsorganisation, die Menschen mit Behinderung in rund 60 Ländern hilft – vor allem da, wo es Kriege und Konflikte gibt oder aus anderen Gründen extreme Armut herrscht. Beispielsweise bieten wir Prothesen für Menschen, die ihre Gliedmaßen im Krieg verloren haben, an, wir verteilen Rollstühle oder versorgen mit Physiotherapie und leisten psychologische Hilfe für traumatisierte Menschen. Wir sorgen auch dafür, dass Kinder mit Behinderung in die Schule gehen und Erwachsene mit Behinderung einen Job bekommen können. Außerdem setzen wir uns für inklusive Nothilfe ein, weil Menschen mit Behinderung in Extremsituationen oftmals gar nicht rechtzeitig an Informationen kommen oder nicht mobil genug sind, um zu Versorgungsorten zu kommen. Dazu sensibilisieren und schulen wir auch andere humanitäre Organisationen. Zu guter Letzt engagieren wir uns gegen Landminen und Streubomben und die Bombardierung von Wohngebieten und räumen auch Minen und Blindgänger. Denn nur so können Menschen in Sicherheit leben und nach einem Konflikt wieder nach Hause zurückkehren.

Warum sind sie kürzlich dem Paritätischen Gesamtverband beigetreten?
Unser Verein wurde 1998 in München gegründet und war schon früh Mitglied im bayrischen Landesverband des Paritätischen. Aber im Laufe der Zeit haben wir unsere Aktivitäten bundesweit ausgeweitet. Daher sind wir inzwischen im Gesamtverband besser aufgehoben. Dort können wir uns mit bundesweiten Akteuren besser vernetzen und uns in bundespolitische Diskurse besser einbringen.
Was wären Beispiele für die bundesweite Arbeit von HI?
In unserem Bildungsprojekt vermitteln wir Schülerinnen und Schülern globale Zusammenhänge und Lebensumstände von Menschen mit Behinderung. Außerdem haben wir ein großes Projekt namens „Crossroads – Flucht. Migration. Behinderung.“, mit dem wir uns für geflüchtete Menschen mit Behinderung in Deutschland einsetzen. Da machen wir nicht nur die Fortbildung von Fachkräften und die Verweisberatung für Betroffene, sondern wir haben auch Selbstvertretergruppen aufgebaut, eine davon speziell für ukrainische Geflüchtete mit Behinderung in Deutschland. Außerdem bilden wir Akteure in Deutschland zu inklusiver, humanitärer Nothilfe fort.
Was erwarten Sie denn für Handicap International vom Paritätischen Gesamtverband?
Wir freuen uns auf Einladungen in die für uns relevanten Arbeitsgruppen, also zu den Themen Flucht und Migration, Teilhabe, Behinderung, Katastrophenschutz usw., während wir die Zusammenarbeit zu Themen der humanitären Auslandshilfe weiter engagiert fortsetzen werden. Wir hoffen, dass unsere Fachexpertise zu den genannten Themen einbezogen wird. Und natürlich freuen wir uns auf die Vernetzung. Zugleich möchten wir unsere eigenen Angebote an Schulen, unsere Fotoausstellungen sowie unsere Angebote für Geflüchtete mit Behinderung gerne im Verband bekannter machen, um Synergieeffekte zu erzeugen.