Wir fragen, Politik antwortet: Was bringt die Legislatur Alleinerziehenden?
Soviel vorneweg: Werden in dieser Legislatur gut klingende Pläne wie etwa die Kindergrundsicherung oder eine Steuergutschrift für Alleinerziehende auch tatsächlich gut umgesetzt, können Alleinerziehende sich auf Verbesserungen freuen. Es wird auf das Kleingedruckte und die Preisschilder von Leistungen ankommen. Bei Reformen im Familienrecht wird eine faire, kindeswohlorientierte Ausgestaltung entscheidend sein, so das Fazit der Diskussion: „Alleinerziehend: Was kommt in dieser Legislatur? Wir fragen und die Politik antwortet!“.
Im Dialog mit der Politik
Zu dieser hatte der Paritätische Gesamtverband im Februar mit dem Bundesverband alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV) Vertreter*innen der demokratischen Fraktionen im Bundestag eingeladen. Mit dabei waren die Bundestagsabgeordneten Jasmina Hostert (SPD), Paul Lehrieder (Union), Nina Stahr (Grüne), Heidi Reichinnek (Linke) sowie die bayerische Landtagsabgeordnete Julika Sandt (FDP). VAMV-Bundesgeschäftsführerin Miriam Hoheisel stellte in drei Themenrunden Fragen zu konkreten Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag, Katrin Frank führte durch die Veranstaltung.
…die liebe Zeit
In Runde eins „Zeit“ ging es um die angekündigte dauerhafte Ausweitung der Anzahl von Kinderkrankentagen. Hoheisel betonte, dass hier auch bei der Altersgrenze grundsätzlicher Reformbedarf besteht, bis zum 12. Geburtstag sei nicht lebensnah. Mit Blick auf haushaltsnahe Dienstleistungen kritisierte sie einen geplanten Eigenanteil von 60 Prozent als zu hoch. Zudem ging es um das Ziel der Ampel, dass mehr Beschäftigte von der Brückenteilzeit profitieren können. Dieses Recht, für einen bestimmten Zeitraum die Arbeitszeit zu reduzieren, gilt nur in Betrieben mit mehr als 45 Arbeitnehmer*innen, jedoch nicht für alle Beschäftigen. Die Abgeordneten zeigten sich jedoch offen für eine Erhöhung der Altersgrenze bei den Kinderkrankentagen und über den Eigenanteil bei haushaltsnahen Dienstleistungen zu diskutieren. Eine Brückenteilzeit für alle wollen einige Abgeordneten unterstützen, andere äußerten Bedenken mit Blick auf kleine Betriebe.
…das liebe Geld
In Runde zwei „Geld“ drehte sich die Diskussion um eine Steuergutschrift für Alleinerziehende sowie die Kindergrundsicherung. Bei dieser ist es aus Sicht des VAMV entscheidend dafür zu sorgen, dass diese in Trennungsfamilien am Lebensmittelpunkt des Kindes ankommt und Umgangsmehrbedarfe berücksichtigt. Zu Ausgestaltung und Höhe war es für die Ampel-Vertreter*innen für Konkreteres zu früh, sie unterstrichen das Ziel, Kinderarmut zu bekämpfen. Die Befürchtung der Opposition, dass der niedrige Sofortzuschlag zur Weichenstellung zu einer niedrigen Kindergrundsicherung werden könnte, wiesen sie zurück. Die Kindergrundsicherung werde sich am neu zu ermittelnden soziokulturellen Existenzminimum orientieren.
…und Rechtliches
In Runde drei „Familienrecht“ ging es um die geplante Reform des Unterhaltsrechts, Betreuungsanteile vor und nach einer Trennung sollen besser berücksichtigt werden. Hoheisel verwies darauf, dass in der Zeit als Paarfamilie entstandene familienbedingte Nachteile im Beruf Berücksichtigung finden müssen, um eine faire Lastenverteilung zwischen den Eltern zu erreichen. Das Vorhaben, das Wechselmodell zukünftig in den Mittelpunkt der Beratung zu stellen, kritisierte sie: Beratung muss ergebnisoffen sein, um das individuell beste Modell finden zu können. Die Abgeordneten unterstrichen, dass bei einer Beratung weiter das Kindeswohl im Mittelpunkt stehen muss.
…und was kommt?
In der Diskussion wurde darüber hinaus erwartungsgemäß deutlich: Nicht alle notwendigen Reformen haben Eingang in den Koalitionsvertrag gefunden: Der wegen der Kindergeldanrechnung systematisch zu niedrige Unterhaltsvorschuss, kostenfreie Teilhabe und Bildung, Mobilität etc. sowie und die Situation an Familiengerichten sind hier nur Beispiele. Als Fazit der Veranstaltung bleibt festzuhalten, dass die familienpolitischen Projekte des Koalitionsvertrags einer kritischen Begleitung und Einforderung bedürfen. Gerade die Situation von Alleinerziehenden muss besonders berücksichtigt werden. Denn Alleinerziehende und ihre Kinder sind in besonderem Maße von Armut betroffen. Der Paritätische Gesamtverband und der VAMV Bundesverband werden sich weiter in den Diskurs einbringen.
Miriam Hoheisel ist Bundesgeschäftsführerin VAMV
Katrin Frank ist Referentin für Frauen und Familie im Paritätischen Gesamtverband