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Ausgabe 03 | 2023: Sucht & Drogen
Verbandsrundschau

Neue Kampagne: "ausgefaked!" im Interview

Ironischerweise war es mit dem ehemaligen Präsidenten Donald Trump einer der erfolgreichsten Verschwörungserzähler, der den Begriff "Fake News" prägte. Heute verbreiten sich Lügen und Unwahrheiten über Messenger und Social Media rasant. Auch in der Praxis der Paritätischen Mitglieder wird das zum Problem. Daher gibt es jetzt "ausgefaked!" Projektkoordinator Christian erlärt, was dahinter steckt.

Lieber Christian, bald startet das Projekt “ausgefaked!”. Was steckt hinter der Kampagne?

“ausgefaked!” ist die Paritätische Antwort auf den anhaltend hohen Bedarf in der Sozialen Arbeit, sich gegen die Ausbreitung von Verschwörungserzählungen und Fake News zu engagieren und fit zu machen. Die Herausforderung, mit Menschen umzugehen, die fest an Verschwörungen glauben und teilweise ihr Leben danach ausrichten, ist riesengroß und erzeugt Verunsicherungen. Hier will das Projekt ansetzen und Einstiegsmöglichkeiten geben, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, Beratung zu finden und in den Austausch mit anderen zu gehen, die von ähnlichen Fragen bewegt werden.

Wie sehen die Angebote aus?

Die Website ausgefaked.org bündelt Informationen zum Thema Verschwörungserzählungen, wo in den letzten Jahren sehr gute und leicht zugängliche Publikationen erschienen sind, die das Thema in vielen Facetten und Lebensbereichen beleuchten. Dort sind auch Antworten auf die Fragen zu finden, die durch die Auseinandersetzung mit Verschwörungserzählungen in der Sozialen Arbeit an den Paritätischen herangetragen wurden. Dazu gehört zum Beispiel, wie man mit Verschwörungsglauben in Beratungssituationen umgehen kann und wie ich mich fit machen kann, in Konfliktsituationen zu bestehen, in denen Verschwörungserzählungen eine Rolle spielen.

In regelmäßigen Abständen finden Veranstaltungen statt, in denen Menschen von ihrem eigenen Engagement gegen die Ausbreitung von Verschwörungserzählungen und Fake News berichten - aus der Sozialen Arbeit und darüber hinaus. Es werden dabei keine langen Fachvorträge gehalten, sondern der Fokus liegt auf Erfahrungsaustausch und Vernetzung.

Fake News sind ein gesamtgesellschaftliches Phänomen. Warum muss die Wohlfahrt hier besonders sensibilisiert werden?

Fake News und Verschwörungsgläubigkeit können besonders in gesellschaftlichen Umbruchsituationen und Krisen Fuß fassen, wenn auch der Bedarf nach Sozialer Arbeit besonders hoch ist. Wenn Menschen drohen, eine Verschwörungsmentalität zu entwickeln, beispielsweise durch eine persönliche Krise, einen biographischen oder finanziellen Einschnitt, dann ist es wichtig, dies frühzeitig zu erkennen. Einerseits, um intervenieren zu können - denn, wenn dies früh geschieht, ist die Chance höher, Menschen wieder zurückzuholen. Andererseits zum Selbstschutz, da Konfliktsituationen mit Verschwörungsgläubigen schnell entstehen und eskalieren können.

Das Kampagnenlogo

Hast du ein Beispiel, wie Fake News unsere Mitgliedsorganisationen im Alltag betreffen können?

In der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen treten immer wieder Konflikte auf, wenn sie aus einer Familie kommen, in der Fake News und Verschwörungsglauben zum Alltag gehören. Dazu ist auch das Milieu der Reichsbürger zu zählen, welche davon ausgehen, dass die Bundesrepublik Deutschland nicht wirklich existiere, sondern die Gesetze des Deutschen Reiches weiter Gültigkeit hätten. In der Praxis bedeutet dies, dass sie nur die Regeln, Vorschriften und Gesetze befolgen, die ihnen in den Kram passen. Das schafft Konflikte auch im Alltag mit den Kindern und Jugendlichen aus diesen Elternhäusern.

Oft sind die Fake News, so gefährlich sie auch sind, einfach nur absurd und unfreiwillig komisch. Hast du einen "Lieblingsfake"?

Ich bin da gespalten. Manche Erzählungen sind so grotesk überzogen, dass ich mir die Frage stelle, ob sie nicht zum Zweck erfunden wurden, Verschwörungsgläubige lächerlich zu machen. Wie zum Beispiel: Der Tremor, den die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel wiederholt bei offiziellen Anlässen erlitten hatte, sei durch das Abspielen der Nationalhymne entstanden, welche die „Frequenz“ störe, mit der reptiloide Außerirdische sie fernsteuerten. Man darf jedoch darüber nicht die Gefahr unterschätzen, die von Verschwörungserzählungen ausgeht. Die Rechtfertigung von Gewalt ist nur einen Schritt weiter, das kann schnell gefährlich werden. Die Zahlen bestätigen das in trauriger Weise: Die Attentäter von Hanau, Halle oder auch Christchurch in Neuseeland waren überzeugte Verschwörungsgläubige.

Die Fragen stellte Philipp Meinert

Weitere Infos

Auf www.ausgefaked.org finden sich alle Infos zur Kampagne. Die erste Veranstaltung mit dem Titel "Fake News und geschlechtliche Vielfalt" findet am 12. Juli statt.

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