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Ausgabe 03 | 2023: Sucht & Drogen
Schwerpunkt
Guttempler

Selbsthilfe und mehr

Die Guttempler sind eine der ältesten Paritätischen Mitgliedsorganisationen. Sie stammen aus der Abstinenzbewegung und sind heute eine wichtige Institution in der Drogen- und Selbsthilfe. Hier stellen sie sich vor.

1851 ist das Gründungsjahr der Guttempler. In einem kleinen Städtchen in der Nähe von New York ist diese Bewegung damals entstanden und hat sich schnell über England und Skandinavien in Richtung Deutschland, Schweiz und auch in andere Teile der Welt weiterentwickelt.

Warum ist es uns heute noch wichtig, auf dieses lange zurückliegende Datum zu verweisen? Da kommt uns ein Wort von Helmut Schmidt ganz gut zupass, der einmal gesagt hat „Wer seine Geschichte nicht kennt, kann die Gegenwart nicht verstehen“.

Die Guttempler müssen als Teil der Abstinenzbewegung verstanden werden, die um 1830 herum begann und von Anfang an eine Gegenbewegung zu den schädlichen  Auswirkungen der industriellen Massenproduktion von Alkohol war. Die Produktion von bis dahin nicht gekannten Übermengen an Alkohol hatte auch die Schaffung von neuen Absatzmärkten zur Folge, die es bis dahin überhaupt nicht gab. Die hieraus entstehenden negativen Folgen hatten eine spürbare gesamtgesellschaftliche Relevanz. Abstinenz- und Mäßigkeitsbewegungen hatten unterschiedliche Ausrichtungen – der guttemplerische Weg war humanistisch, pazifistisch, gesellschaftspolitisch geprägt. Ziel war und ist, Alkohol weltweit als ein Entwicklungshemmnis auf persönlicher und gesellschaftlicher Ebene zu begreifen und deshalb Möglichkeiten und Umgebungen zu schaffen, in denen alle Menschen ein gesünderes und freieres Leben führen können. Dazu gehörten von Anfang auch die Forderungen nach Gleichberechtigung aller Menschen unabhängig vom Geschlecht oder Herkunft.

Und so selbstbewusst wir auf die Vergangenheit zurückblicken, so selbstbewusst blicken wir auf die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen der Suchtselbsthilfe. Auch heute noch ist das Engagement der Guttempler geprägt von der Vielzahl und Vielfalt der Selbsthilfeangebote für Betroffene und Angehörige, dem Einsatz für eine suchtfreie, selbstbestimmte und gesunde Lebensgestaltung und dem Eintreten für die Einschränkung der Verfügbarkeit legaler Suchtmittel. Dieses Engagement wird zum weitaus größten Teil ehrenamtlich und bürgerschaftlich getragen und ist ein unverzichtbarer Bestandteil des Suchthilfesystems.

Giesler, Andrea

Im Mittelpunkt stehen die Gesprächsgruppen vor Ort. Sie sind und bleiben die Orte des gleichberechtigten und selbstbestimmten Dialogs. Hier treffen sich Menschen mit ähnlichen Anliegen, um sich auszutauschen und sich gegenseitig zu helfen. Bundesweit bieten die Guttempler über 500 Gesprächskreise an, aus denen ganze Gemeinschaften entstehen, die über die Gruppentreffen hinaus weitere Unterstützung bieten.

Die besondere Qualität der Suchtselbsthilfe spiegelt sich auch in den neuen Angeboten der Guttempler wider. Dazu gehören neben den lokalen und virtuellen Selbsthilfegruppen auch überregionale Angebote wie die digitale Peer-Beratung der SoberGuides, das Angehörigenprojekt back-me-up und das rund um die Uhr erreichbare Nottelefon Sucht für dringende Fälle. Seit Anfang 2023 bieten wir auf unserer E-Learning-Plattform Interessierten mit und ohne eigene Suchtgeschichte die Möglichkeit, sich mit umfangreichen Materialien, produzierten Erklärvideos und ergänzenden Seminaren vor Ort, sowie begleitenden Videokonferenzen weiterzubilden.

Wir sind heute mit 144 Organisationen aus 56 Ländern in unserem internationalen Dachverband MOVENDI international vereint und sind Mitglied in der European Alcohol Policy Alliance (Eurocare) und der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS). Als Mitglied des 5. Wohlfahrtsverbandes gehören die Guttempler auch zu den Gründungsmitgliedern des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes. Mit unserer Seite Alkoholpolitik bieten wir Informationen an, die die Rolle des Alkohols und anderer Drogen für den Einzelnen und für die Gesellschaft umfassend beleuchten.

Damit fühlen wir uns allen aktuellen und zukünftigen Herausforderungen der Suchtselbsthilfe gewachsen und können die Werte der Gründungszeit und die damalige Fortschrittlichkeit mitnehmen und weiterentwickeln.

Fredric Schulz (Bundesvorsitzender Guttempler in Deutschland e. V.) und Abousoufiane Akka (Geschäftsführer und Suchtreferent Bundesgeschäftsstelle der Guttempler in Deutschland e. V.)

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