Mit Handball für die Vielfalt
Frau Ludwig, seit 2017 gibt es die Tour für Vielfalt beim Paritätischen Landesverband Sachsen-Anhalt. Warum wurde sie ins Leben gerufen?
Seit 2016 hat der Paritätische eine soziale Partnerschaft mit dem Bundesligisten im Handball des Sportclubs Magdeburg, kurz SCM, geschlossen. Wir gehen gemeinsam eine Verbindung von sozialer Arbeit und Sport ein. Die Wohlfahrt und den Sport verbinden gemeinsame Werte im Sinne von Chancengleichheit, Teamfähigkeit und Menschenrechten. Diese gilt es zu verfolgen und zu schützen. Diese soziale Partnerschaft schließen wir jedes Jahr wieder neu.
Was ist das Besondere an der Tour für Vielfalt?
Das ist eine Aktion, um die uns andere Verbände wirklich beneiden. Sie bringt einen hohen Imagegewinn und eine Werbeeffekt für beide Seiten. Der SCM wirbt auch sehr öffentlich mit unserer sozialen Partnerschaft und wir verwenden das Logo des SCM auf unserer Homepage. Sie ist natürlich auch sehr ungewöhnlich.
Welchen Benefit hat diese Kooperation für den Paritätischen?
Der Verein ist inzwischen auch Handballbundesligameister und Champions League-Sieger. Und mit dem wachsenden Erfolg des SCM in den letzten Jahren bekommen wir für unsere Themen auch mehr Aufmerksamkeit. Während der Handballspiele läuft auf den elektronischen Banden auch das Logo des Paritätischen mit unserem Slogan „Soziale Arbeit ist wertvoll“ zwischen den ganz normalen Sponsoringpartnern. Darauf werde ich inzwischen sogar öfter angesprochen. Auch von vielen Unternehmern, die das klasse finden. Das ist ein unglaublicher Image-Gewinn für uns.
Und welchen Benefit haben die Mitglieder von der Kooperation?
In unserer Mitgliedschaft hat die Aktion einen hohen Stellenwert. Die Mitglieder unterstützen die Partnerschaft ausdrücklich. Da wir sie aus Mitgliedsbeiträgen finanzieren, muss das auch so sein. Und natürlich haben die Mitglieder auch einen direkten Vorteil. Das ist eben auch die Tour für Vielfalt. Viermal im Jahr gibt es ein gemeinsames Training mit zwei Handballspielern des SCM mit Kindergruppen aus unseren Erziehungshilfeeinrichtungen, mit Schulklassen aus unseren Schulsozialarbeitsprojekten und mit Einrichtungen der Eingliederungshilfe. Die Mitglieder können sich bei uns für eine Tour bewerben und wir versuchen einen Termin zu finden. Das ist schon ein großer Aufwand, weil die Handballspieler sowohl national als auch international sehr eingebunden sind. Aber bisher haben wir es immer geschafft. Und es ist immer ein großartiges Erlebnis. Ich selbst habe schon ein paarmal teilgenommen, das ist unglaublich toll. Die jungen Menschen sind total begeistert, wenn sie den Handballern begegnen können und wenn sie ihre Idole live erleben und wir dann natürlich auch, wenn wir dieses Erlebnis verschaffen können.
Dazu bekommen wir für jedes Handballspiel in Magdeburg 20 Karten für unsere Mitglieder. Die verteilen wir über unsere Regionalleitungen. Das ist großartig, weil man im offiziellen Verkauf kaum noch Handballkarten für den SCM mehr bekommt
Wie genau läuft die Aktion dann ab?
Mittlerweile findet die Tour für Vielfalt in der GETEC Arena in Magdeburg, also am Spielort des SCM, statt. Die jeweilige Schulklasse oder die Kindergruppe wird mit dem großen beklebten Handballbus der Mannschaft abgeholt. Das finden die schon mal richtig klasse. Neben dem Training findet auch ein Austausch zwischen den Spielern und den Jugendlichen statt. Dabei geht es um Teamgeist, gesunde Ernährung oder wozu man Sport macht. Da werden also verschiedene Aspekte angesprochen, und das ist schon ein großartiges Erlebnis.
Warum ist es ausgerechnet der Handballsport für die Tour für Vielfalt geworden, und nicht etwa Fußball?
Es war eher ein Zufall. Der SCM ist auf uns zugekommen. Wir sind als Verband in der Stadt Magdeburg sehr präsent. Wir fanden unsere Werte dort repräsentiert, und sie tragen das eben auch offen mit nach draußen. Daher haben wir auch zugesagt. Wir haben zwar mit dem FCM auch einen Zweitligisten im Fußball, aber die haben nie angefragt. Dort gibt es auch derartige Projekte seltener. Aber über den DFB sind wir auch bei einem Fanprojekt dabei, da gibt es eine Verbindung. Aber eher über die Fanszene. Ja, warum ist der Handball wurde? Man kann sich in Magdeburg schlecht entscheiden, ob man Handballfan oder Fußballfan ist. Im besten Fall ist man beides.
Der Handball ist sehr international besetzt, viele Nationen kommen hier zusammen. Es steht auch der Gedanke dahinter, deutlich zu machen, dass vielfältiges, interkulturelles Leben sowohl im Sport, als auch in der sozialen Arbeit stattfindet. Bei den Handballtrainings sind auch nicht immer nur die deutschsprachigen Spieler dabei und es gibt trotzdem keine Verständigungsschwierigkeiten.
Es sind auch viele Norweger, Isländer und Dänen bei uns. Wir leben Internationalität und interkulturelles Zusammensein wirklich. Das betont der SCM auch, der mit seinem breiten Spielekader sehr international und vielfältig ausgestellt ist. Und darum verbinden wir auch immer diese Themen miteinander. Wir haben während der Menschenrechtskampagne des Paritätischen Gesamtverbandes im Jahr 2018 mit dem SCM kooperiert.
Auch in Sachsen-Anhalt ist die AfD sehr stark. Wie spüren Sie das im Alltag?
Der Alltag im Aufeinandertreffen mit der AfD spielt sich vor allen Dingen auf der regionalen Ebene ab. In den regionalen Parlamenten ist die AfD auch in Sachsen-Anhalt stark und breit vertreten, mittlerweile auch in den Jugendhilfe- und den Sozialausschüssen. Teilweise stellen sie bereits die größte Fraktion. Wir hatten kürzlich noch eine Anfrage der AfD im Landtag, in der sie die Finanzierung der Wohlfahrtsverbände abgefragt haben. Und da ging es zum ersten Mal nicht um die Art und Weise, ob die Wohlfahrtsverbände Landesmittel im Sinne ihres Auftrags verwenden, sondern ob sie mit den Mitteln politische Aktivitäten oder bestimmte Parteien unterstützen. Wir bekommen allerdings keine Steuer- sondern Lotto- Toto- Mittel über die Landesdotation und verwenden diese korrekt und entsprechend der Vereinbarung. Das haben wir klargestellt und verwahren uns gegen solche Vorwürfe.