Gemeinnütziges Wohnen – warum?
Die Entwicklungen am Wohnungsmarkt bekommen immer mehr Menschen schmerzlich zu spüren. Bezahlbares Wohnen ist längst keine Selbstverständlichkeit (mehr), sondern ein rares Gut. In Ballungszentren sind die Folgen der Profitorientierung am Wohnungsmarkt besonders zu spüren. Ein angespannter Wohnungsmarkt führt nicht nur zu völlig überhitzten Mietpreisen, sondern auch zu einer Ungleichheit befördernden Selektion. Menschen in schwierigen Lebenslagen, Alleinerziehende, geflüchtete Menschen, arme und kinderreiche Familien oder Menschen in Arbeitslosigkeit, mit geringen Renten oder Beeinträchtigungen haben auf einem Wohnungsmarkt mit hoher Konkurrenz kaum eine Chance an (bezahlbare und/ oder barrierefreie) Wohnungen zu gelangen. Arme Menschen sind nicht nur in mehr als 40 Prozent von Wohnkosten überlastet, sondern leben auch besonders häufig in beengtem Wohnraum, tragen aufgrund schlecht sanierter Wohnungen hohe Energiekosten unter geringer Wohnqualität und sparen überall wo es nur geht. Steigende und unbezahlbare Mieten führen zu Verdrängung aus dem eigenen Zuhause und der gewohnten Nachbarschaft, sie zerstören Existenzen und gefährden den sozialen Zusammenhalt. Zudem sind auch soziale und gesundheitliche Einrichtungen von steigenden Gewerbemieten betroffen, sodass es immer schwerer wird eine wohnraumnahe Versorgung der Daseinsvorsorge zu gewährleisten.
Wie kam es dazu?
In den letzten Jahren gab es einen Rückgang an öffentlich geförderten und gebundenen Sozialwohnungen. Der Tiefstand von nur noch rund 1 Millionen Sozialwohnungen ist mittlerweile erreicht, Tendenz abwärts. Der gemeinnützige Wohnungssektor wurde politisch abgeschafft, kommunale Wohnungsbestände wurden aus heutiger Perspektive zu unterirdischen Preisen an gewerbliche Anbieter verkauft. Bei der Vergabe öffentlicher Liegenschaften orientierte man sich an Höchstgeboten mit der Folge, dass gemeinnützige Einrichtungen kaum Chancen zum Erwerb hatten. Immobilien wurden immer lukrativer und Spekulationen mit Grundstücken haben zu teils horrenden privaten Gewinneinnahmen geführt. Mietpreiserhöhungen bei Neuvermietung und Modernisierung waren die Folge. Trotz zurückliegender Jahre mit niedrigen Zinsen gab es kaum Investitionen bei der energetischen Sanierung von Bestandsgebäuden und einen viel zu niedrigen Neubau. Beides nun wieder anzukurbeln ist um ein Vielfaches teurer geworden, die gestiegenen Bau- und Energiepreise tun ihr übriges.
Was sind die Alternativen und positiven Gegenbeispiele gegenüber einem Marktkräften ausgelieferten Wohnungsmarkt?
Als Paritätischer setzen wir uns für die Wiedereinführung einer „Neuen Wohngemeinnützigkeit“ ein, fordern Abhilfe für Mieter*innen durch Änderungen im Miet- und Gewerbemietrecht, mahnen Investitionen im Bereich des Neubaus, insbesondere in den sozialen Wohnungsbau an. Der gemeinnützige Sektor muss eine deutliche Stärkung erfahren, positive Beispiele in unserer Mitgliedschaft gibt es bereits: Die Neue Wohnraumhilfe aus Darmstadt − Mitglied beim Landesverband Hessen – organisiert Wohnraum für Klient*innen der Sozialarbeit und bringt sich so bei der Beschaffung und Sicherung von bezahlbarem Wohnraum ein. Die Wohnraumhilfe sucht Wohnraum, mietet diesen an und vermietet mit ordentlichen Mietverträgen weiter an Bedürftige. Sie bietet so einerseits Wohnungsunternehmen eine Mietgarantie, baut andererseits Hürden auf dem Wohnungsmarkt ab und begleitet diese, sich in prekären Lebenslagen befindenden Menschen sozialarbeiterisch. Neben einem solchen Dreiecksverhältnis agiert die Wohnraumhilfe auch in Sinne der reinen Vermittlung von Wohnraum, indem Wohnungsgesellschaften gesucht werden, die ihren Wohnraum auch wohnungslosen Menschen zur Verfügung stellen. Darüber hinaus hilft die Wohnraumhilfe als soziale Mieterberatung bei der Vermeidung von Wohnraumverlust, betreibt eine Unterkunft für Geflüchtete und Asylsuchende, ist tätig im ambulanten Wohnen und setzt soziale Projekte, bspw. in der Quartiersarbeit um. Das Beispiel der Neuen Wohnraumhilfe zeigt, dass gemeinnütziges soziales Wohnen entgegen der Marktkräfte am Wohnungsmarkt den Schwerpunkt auf Integration, Partizipation und das Miteinander setzt und damit die riesige soziale Lücke zu schließen sucht, die bei der Frage des Wohnens entstanden ist. Davon brauchen wir dringend mehr, denn der Bedarf ist groß.
Greta Schabram ist Referentin für Sozialforschung und Wohnen
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