Liebe Leser*innen
was heißt das überhaupt, wenn etwas „gemeinnützig“ ist? Hinter dem etwas sperrigen Begriff stecken gleich mehrere Dinge. Zunächst einmal handelt es sich dabei um einen steuerrechtlichen Vorgang. Vereinfacht gesagt können sich Vereine, Stiftungen oder GmbHs als gemeinnützig anerkennen lassen, wenn sie sich verpflichten, erstens im Sinne der Allgemeinheit oder für vulnerable Gruppen zu arbeiten und zweitens ihre Gewinne wieder zu reinvestieren. Dann können Sie etwa Spenden sammeln und zahlen weniger Steuern und Abgaben.
Soweit die Theorie. Doch hinter der Gemeinnützigkeit steckt viel mehr. Gründet man eine gemeinnützige Einrichtung oder Organisation, muss einem klar sein, dass hier nicht das große Geld lockt. Menschen, die gemeinnützig arbeiten sind idealistisch. Sie wollen in erster Linie helfen und Sinnvolles leisten. Unter dem Dach des Paritätischen arbeiten fast 11.000 gemeinnützige Organisationen. Darauf können wir stolz sein. Und deshalb haben wir auch unsere Kampagne #EchtGut – Vorfahrt für Gemeinnützigkeit ins Leben gerufen.
Gemeinnützigkeit ist für uns auch Gemeinschaft. Gemeinschaft mit den Menschen, die unsere Hilfe brauchen, weil sie zum Beispiel nicht zum teuren Anwalt gehen können, wenn ihnen Geld durch Behörden vorenthalten wird. Gemeinschaft mit Menschen, die nach Deutschland kommen, kein Wort unserer Sprache sprechen und hier keine Wohnung finden oder mit denen, die aufgrund von Behinderung oder Alter vieles nicht schaffen und Assistenz oder auch mal nur ein nettes Wort brauchen. Diese Beispiele ließen sich beliebig ausbauen. Kurzum: Für all jene, für die „der Markt“ eben nicht alles regelt.
Doch die Gemeinnützigkeit ist auch bedroht. Denn die oftmals geförderten Einrichtungen sind auch immer von den Summen abhängig, die die Haushalte für sie vorsehen. Wenn so wie im aktuellen Bundeshaushalt massive Kürzungen für den öffentlichen Bereich vorgesehen sind, werden viele wichtige Projekte und Anlaufstellen schließen müssen. Einfach so mehr Geld verdienen, indem sie etwa ihre Dienstleistungen teurer machen, geht für die Gemeinnützigen nicht – zumal viele Angebote für die Klient*innen für diese sowieso erst einmal kostenlos sind.
Hinzu kommt: immer stärker dringen profitorientierte Unternehmen in Bereiche ein, die vorher mit guten Gründen gemeinnützig oder auch staatlich organisiert waren: Bildung, Pflege, Medizin etc. Durch schlechte Löhne und Arbeitsbedingungen, Finanzierungstricks sowie Spezialisierung auf bestimmte standardisierbare Leistungen oder leichte Fälle machen sie Gewinne und verschlechtern damit zugleich die Marktbedingungen der Gemeinnützigen.
Daher ist es uns mit der vorliegenden Ausgabe des Paritätischen Magazins ein Anliegen, den Wert der bedrohten Gemeinnützigkeit darzulegen und sie als etwas Erhaltenswertes darzustellen. Ich wünsche wie immer viel Spaß bei der Lektüre.
Ihr,
Rolf Rosenbrock