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Ausgabe 05 | 2021

Notfallversorgung als Notfall...? Es gibt Reformbedarf!

Die Tatsache ist bis heute kaum bekannt - und gerade dies ist besonders bedenklich: Deutschland verfügt über keinen einheitlichen Stand in der Notfallversorgung. Denn diese ist in jedem Bundesland und innerhalb der Bundesländer teilweise von Landkreis zu Landkreis, von Stadt zu Stadt und letztlich sogar in jedem Rettungsdienstbereich unterschiedlich organisiert. Ergebnis der grundlegenden Verschiedenheiten: Die Notfallversorgungen, die wir heute in Deutschland haben, sind weder zu evaluieren noch miteinander zu vergleichen. So verfügt Baden-Württemberg als einziges (!) von 16 Bundesländern über einen Qualitätsbericht bezüglich der rettungsdienstlichen Leistungen.

Der gerade beschriebene Zustand verweist zugleich auf eine weit umfassendere Herausforderung: Die Notfallversorgung ist in Deutschland selbst zum Notfall geworden - nebenbei bemerkt schon vor langer Zeit. Reformbedarf besteht in vielfacher Hinsicht, wie ein aktuelles Beispiel verdeutlicht: Datengrundlagen über Notfallpatientinnen und -patienten vom Zeitpunkt des Notfallgeschehens bis zur Wiedereingliederung in das Arbeitsleben oder bis zur Erwerbsunfähigkeit gibt es in Deutschland bis heute nicht. Der Nachweis darüber, was die Notfallversorgung, der Rettungsdienst und die zentralen Notaufnahmen tatsächlich leisten, ist deshalb auch nicht zu erbringen - und Kosten und Nutzen zu bewerten, ist ebenfalls nicht möglich.

Seitenblick auf die bestehenden Strukturen: Die Bundeseinheitlichkeit ist zum obersten Gebot in der Notfallversorgung geworden. Wir brauchen in Deutschland eine einheitliche standardisierte Notrufabfrage sowie bundeseinheitliche Leitstellentechnik mit bundeseinheitlicher Datenerfassung - und zwar vom ersteintreffenden Rettungsmittel und dann den Daten aus dem Klinikinformationssystem bis hin zur Entlassung. Die Einführung ebenfalls bundeseinheitlicher Kennzahlen wie Hilfsfrist, Einhaltung der Tracerdiagnosezeiten etc. ist deshalb genauso dringend geboten.

Die Schaffung einer bundesweiten Kontrollinstanz wäre zielführend, ausgeweitet auf die Leistungen der Notaufnahmen und ausgestattet mit der Befugnis, aus den gewonnenen Erkenntnissen auch die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen. Baden-Württemberg hat den Punkt der Kontrollinstanz mit der „Stelle zur trägerübergreifenden Qualitätssicherung im Rettungsdienst Baden-Württemberg (SQR-BW)“ vorbildlich ausgestaltet - allerdings beschränkt auf die Grenze des eigenen Bundeslandes.

„Bundeseinheitlichkeit“ steht gleichsam auf dem Wegweiser zu einer zuverlässigen, wirksamen und effizienten Notfallversorgung in ganz Deutschland - und den weiten, mitunter verschlungenen Weg, der zu diesem lebenswichtigen Ziel führt, wird die Björn Steiger Stiftung auch weiterhin ebnen - Schritt für Schritt, beharrlich, geduldig, mit festem Schuhwerk und mit klarem Blick auf den jeweils nächsten Streckenabschnitt.

Pierre-Enric Steiger (*1971) ist seit 2010 Präsident der gemeinnützigen Björn Steiger Stiftung und zugleich auf vielfache Weise ehramtlich engagiert. Er ist verheiratet und lebt mit seiner Ehefrau und drei Kindern in Winnenden (Baden-Württemberg).

Björn Steiger Stiftung
Pierre-Enric Steiger

„Wir helfen Leben retten“ - Die Björn Steiger Stiftung Winnenden, 3. Mai 1969: Björn Steiger (8) wird auf dem Heimweg von einem Auto erfasst - und es dauert fast eine Stunde, bis ein Krankenwagen am Unfallort eintrifft. Björn stirbt - nicht an seinen Verletzungen, sondern am Schock, den er erlitt. Seine Eltern Ute und Siegfried Steiger gründen daraufhin am 7. Juli 1969 die Björn Steiger Stiftung mit dem Ziel, die deutsche Notfallhilfe zu verbessern. Meilensteine sind z. B. die Einführung der bundesweit einheitlichen und kostenfreien Notrufnummern 110 und 112, der Aufbau der Notruftelefonnetze an deutschen Straßen, die Einführung des Sprechfunks im Krankenwagen und der Aufbau der Luftrettung. Details zur Stiftung, ihrer Geschichte und ihren aktuellen Projekten finden Sie unter www.steiger-stiftung.de.

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